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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
Autoren: Maria Ernestam
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gestochen. ‹ Klar hat das wehgetan. Und dass du das Gefühl hattest, ihn umbringen zu wollen, ist, glaube ich, auch ziemlich normal. Das kennen die meisten Leute. Ich sage nur, der Typ an der U-Bahn-Sperre. Hat vermutlich mit dem Gerechtigkeitssinn oder unserem Selbsterhaltungstrieb zu tun.«
    Anna stellte einen großen Topf auf den Tisch und verteilte Suppe in tiefe Teller. Mari nahm ihren Teller mit beiden Händen entgegen. Lamm, Tomate, Bohnen. Sie musste Acht geben, dass sie nichts verschüttete. Trotzdem landeten ein paar Tropfen auf ihrer Hose. Der Fleck erinnerte sie an Johans Fleck auf seinem Hosenbein. Sie zuckte zusammen, als sie die Hitze auf der Haut spürte, und dachte an David und seinen Wunsch zu überleben. Mit Kunst.
    Etwas ganz besonderes. Etwas, was die wankelmütige Menge nie vergessen wird.
    »Ich weiß nicht, ob es da um Selbsterhaltung ging. Ich glaube, die unterdrückten Aggressionen treffen es schon eher. Weißt du, dass ich manchmal Angst vor meiner eigenen Wut bekomme?«
    Fredrik tätschelte ihr den Arm.

    »Wenn es dich beruhigt, dann musst du dir statistisch gesehen keine Sorgen machen, denn 90 Prozent aller Morde werden von Männern begangen. So war es immer und zwar überall. Schau mich nicht so an, darauf bin ich nicht stolz. Sag mir nur eine einzige Kultur, in der es möglich ist, dass Frauen eine Armee aufstellen, in den Krieg ziehen, alle Frauen der Gegenseite ermorden und alle zeugungsfähigen Männer in das eigene Land verschleppen. Männer haben das jedoch zu allen Zeiten getan.«
    Anna schlürfte den letzten Rest Suppe direkt aus dem Teller und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund. Mari fand, dass sie im Kerzenlicht nicht älter aussah als damals, als sie auf den wackligen Pensionsbetten in Italien gesessen hatten. Als trüge sie wie eine russische Puppe alle früheren Jahre in sich. Jetzt hatte jemand die Puppe auseinandergenommen und die äußeren Schalen entfernt.
    »Was für ein wunderbarer Gedanke. Stell dir vor, Anna und ich drehen irgendwann durch, ermorden andere Frauen und schleifen die attraktivsten Männer an den Haaren nach Hause. Im Augenblick bin ich mir nicht ganz sicher, ob es ein Zeichen von Intelligenz oder Dummheit ist, dass wir das nie getan haben. Aber vielleicht ist es dafür ja noch nicht zu spät. Die Evolution ist schließlich ein Prozess ohne Anfang oder Ende.«
    Fredrik lehnte seinen Kopf zurück und lachte laut. Ein Mann. Deswegen auch ein potentieller Mörder? Wäre Fredrik fähig, in blinder Raserei seine Feinde oder auch seine Frau zu zerstören? Das konnte man sich kaum vorstellen, obwohl Mari wusste, dass der Schein manchmal trog. Aber es gelang ihr nicht, sich vorzustellen, wie ein Feind Fredriks aussehen sollte. Er war zwar ein Mann, der etwas von James Bond und einsamem Cowboy im Sonnenuntergang hatte, aber seine Ablehnung von Gewalt war trotzdem … deutlich.
    Fredrik erzählte nie von alten Freunden und nur selten von aktuellen oder beendeten Beziehungen. Familie? Sein Vater
war tot, und seine Mutter wohnte allein irgendwo oben in Norrland. Das wusste sie, und das ließ sich mit wenigen Sätzen zusammenfassen. Mehr hatte er nicht erzählt, und nach mehr hatte sie auch nicht gefragt.
    Fredrik, dachte Mari. Was weiß ich eigentlich von dir, obwohl wir uns jetzt schon so lange kennen und so oft über das Leben unterhalten haben? Ich weiß, warum ich allein bin, aber warum ist nie etwas aus den Beziehungen, die du mit verschiedenen Frauen gehabt hast, geworden? Frauen, die sich mit einer monotonen Regelmäßigkeit abgelöst haben, alle Lisas, Ylvas, Karins und Anettes, ohne wirklich zu ihm durchzudringen und sein Leben nachhaltig zu verändern.
    Ich bin selbst so allein, dachte sie dann. Ich habe Anna und Fredrik und einen David, der nicht der ist, der er einmal war. Der Kontakt zu meiner Familie ist lausig, und meine ehemaligen Kollegen werden mich in ein paar Monaten nicht mehr wiedererkennen. Macht mir das Angst? Vielleicht ein wenig, vielleicht sogar mehr als nur ein wenig. Ich habe vermutlich Angst davor, nichts zu bedeuten, davor, vergessen zu werden. Das, wovon David gesprochen hat. Was tue ich dagegen?
    Sie dachte daran, was Anna ihr geraten hatte. Löse die Probleme anderer Leute. Die Idee muss nur einfach genug sein. Aber mussten die Probleme genauer beschrieben werden? Nicht unbedingt. Es sollte doch möglich sein, ein Unternehmen zu gründen, das Lösungen anbot, ohne die Lösung bereits durch die Definition der
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