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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll
Autoren: Alexander Borell
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>Unvollendete< rasch und geräuschlos ablaufen, dann stoppte ich das Gerät genau an der. Stelle, wo Hildas Song begann.
    Anschließend richtete ich, wie jeden Morgen, den Frühstückstisch. Tee für mich und Kaffee für Hilda.
    Während ich noch in der Küche hantierte, überfiel mich doch eine plötzliche Angst. Wie nun, wenn Hilda ausgerechnet heute länger schlafen würde? Ich überlegte, wann das einmal vorgekommen war, konnte mich aber nicht daran erinnern. Oder was würde geschehen, wenn sie ausgerechnet heute nicht baden würde? Dann wäre mein ganzer Plan hinfällig geworden. Oder ich hätte ihn um einen Tag verschieben müssen.
    Meine Hände zitterten, als ich Teller und Tassen auf den Frühstückstisch stellte. Die Teekanne glitt mir aus den Fingern und zerschellte am Boden.
    »Paß doch auf!« hörte ich Hilda sagen. »Du kannst gleich eine neue Teekanne besorgen, aber von deinem Taschengeld.«
    Ich war froh, daß sie mein Gesicht nicht sehen konnte, denn ich hatte mich rasch nach den Scherben gebückt. Verstohlen schielte ich zu ihr.
    Sie stand in der Tür, von ihrem blauen Bademantel kaum bedeckt, und wühlte in ihrem dichten, blonden Haar.
    »Heute wirst du zum Anwalt gehen, Stefan«, sagte sie. »Und komm mir ja mit keiner Ausrede heim.«
    Ich zog wie ein dienstbeflissener Schüler meinen Zettel aus der Tasche und zeigte ihn ihr.
    »Nein, bestimmt«, sagte ich. »Ich gehe heute nachmittag hin. Es passt sogar recht gut, weil ich Dienstags immer weniger zu tun habe.«
    Sie ging an mir vorbei ins Bad.
    Ich wußte, daß sie dieses Bad am Morgen ausdehnte. Ich hatte ihr schon wie immer die Zeitung hingelegt und einen Aschenbecher daneben gestellt. Sie las in der Badewanne und rauchte dazu. Ich hatte also noch Zeit.
    Obwohl ich sonst keine Zigaretten rauchte; zündete ich mir eine an. Zwei Streichhölzer zerbrachen mir dabei.
    Du mußt es tun, sagte ich mir. Heute mußt du es tun, sonst wirst du es nie fertig bringen.
    Ich lauschte. Solange sie die Zeitung durchblätterte, würde sie nicht singen.
    Von meinem Fenster aus konnte ich die Straße überblicken. Ich konnte auch sehen, wann der Briefträger kam, den ich morgens manchmal auf der Treppe traf. Es war zwanzig Minuten vor acht Uhr.
    Nur um mich zu beruhigen, machte ich noch mein Bett. Und zwischendurch lief es mir heiß und kalt über den Rücken. Was konnte jetzt noch passieren? Der Strom konnte ausbleiben, das Tonband würde dann nicht laufen. Oder in dem Gerät konnte eine Röhre durchbrennen. Ich wurde immer zittriger, und ich fühlte, daß meine Handflächen feucht geworden waren.
    Da war ihre Stimme... sie sang!
    »Jonny, wenn du Geburtstag hast...«
    Meiner Sinne nicht mehr mächtig, stürzte ich zum Badezimmer. Jetzt, jetzt in diesem Augenblick, mußte ich es tun. Ich sah nichts mehr, hörte nichts mehr. Ich war nur noch besessen von dem Willen, Hilda zu ertränken, sie an ihren langen schönen Beinen zu packen, mit einem Ruck unter Wasser zu ziehen und zu warten... so lange zu warten, bis alles vorbei war.
    Ich riß die Tür auf und hütete mich, dorthin zu schauen, wo ihre Augen waren. Ich sah nur ihre Beine.
    Dann packte ich zu.

    Der Himmel möge mir verzeihen. Es war leichter gegangen, als ich es mir gedacht hatte. Der Schreck muß sie gelähmt haben, sie wehrte sich nicht, und ich hatte den Kopf abgewendet, um nicht hinsehen zu müssen. Die Polizei würde glauben, sie habe einen Schwächeanfall erlitten und sei deshalb im Badewasser ertrunken.
    Keuchend verließ ich das Bad. Dann stellte ich das Tonbandgerät an. Ich stellte es so laut, daß man Hildas Singen bestimmt im Treppenhaus noch hören mußte.
    Ich zog meinen Mantel an, und als ich gerade die Wohnung verlassen wollte, fiel mir ein, daß ich mein Frühstücksbrot zu richten vergessen hatte. Man konnte mich im Geschäft dann fragen, weshalb, und es durfte heute nichts, aber auch gar nichts anders sein als sonst.
    Ich schnitt mir vier Scheiben Brot ab, bestrich sie mit Butter und legte einige Scheiben Wurst dazwischen. Dann verließ ich die Wohnung.
    Als ich gerade auf der Treppe war, kam der Briefträger herauf. Er winkte mir mit einem Brief.
    »Einschreiben. Für Sie, Herr Roeder.«
    Wieso, ich hatte doch... Himmel, ja, es war wirklich ein Einschreibebrief. Im Stehen unterschrieb ich, zwang mich zu einem Lächeln, deutete auf die Wand und sagte:
    »Ich fürchte, meine Frau ärgert das ganze Haus mit ihrer Singerei.«
    Der Briefträger lauschte einen Augenblick. Ganz deutlich
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