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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll
Autoren: Alexander Borell
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Frau. Außerdem kam mir dieser Brief gleich sonderbar vor.«
    »Welcher Brief?«
    »Der Brief, mit dem Sie Ihr Gehalt auf die Bank überweisen ließen, Herr Roeder. Wenn Sie das wirklich gewollt hätten, dann hätten Sie mir nur ein Wort zu sagen brauchen, oder?«
    Aha, so wird man also beobachtet! Meine Hände wurden feucht vor Angst. Wußte das etwa die ganze Firma? Machten sie sich alle schon längst heimlich über mich lustig? Deuteten sie schon längst verstohlen mit Fingern auf den Pantoffelhelden, der sich von seiner Frau das Geld abnehmen ließ!
    »Ach, dieser Brief«, sagte ich. »Ich hab das nur der Ordnung halber schriftlich gemacht. Denken die... die anderen etwa auch so wie Sie?«
    »Keine Spur. Alle glauben, daß Sie in einer sehr glücklichen Ehe leben.«
    »So, alle glauben das. Und Sie? Sie glauben es nicht?«
    »Nein, ich nicht.« Sie stand auf. »Die Mittagspause ist gleich vorbei, wir müssen wieder hinübergehen.«
    Als ich neben ihr stand, legte sie flüchtig ihre Hand auf meinen Arm.
    »Bitte, seien Sie mir nicht böse. Ich wollte mich nicht in etwas einmischen, das mich nichts angeht.«
    »Ich bin Ihnen gar nicht böse. Ende nächster Woche fahren wir also nach Stuttgart, auf Wohnungssuche?«
    »Ja, der Chef meinte es.«
    »Gut, dann machen wir uns ein paar vergnügte Tage.«
    Wir überquerten schweigend die Straße und trennten uns mit einem flüchtigen, beinahe verlegenen Kopfnicken.
    Und als ich dann wieder an meinem Schalter stand, fiel mir plötzlich ein, daß Karin Uhlmann eines Tages vielleicht als Zeugin gegen mich auftreten würde: jawohl, ich habe gewußt, daß seine Ehe nicht glücklich war, und ich habe ihm das auf den Kopf zugesagt.
    Ich mußte unendlich vorsichtig sein.
    Als ich nach Hause kam, erwartete mich Hilda schon.
    »Na, warst du bei Dr. Mühlbacher?«
    »N-nein.«
    Ihre heisere Stimme klang drohend.
    »So, du warst nicht. Und warum nicht?«
    »Weil ich... weil ich vom Geschäft nicht weggehen konnte. Gerade heute nachmittag war besonders viel...«
    Wie immer unterbrach sie mich. Auch das war eine ihrer Angewohnheiten, mich niemals zu Ende reden zu lassen.
    »Quatsch. Du wolltest einfach nicht. Und was erwartest du dir davon?«
    Ich will Zeit gewinnen, dachte ich, ich brauche einfach Zeit, um meinen Plan auszudenken und durchzuführen.
    »He!« schrie sie mich an. »Ich habe dich etwas gefragt! Was erwartest du dir davon, wenn du nicht zu Dr. Mühlbacher gehst?«
    »Du kannst doch auch allein die Scheidung einreichen, wenn du unbedingt geschieden sein willst.«
    Mit herabgezogenen Mundwinkeln schaute sie mich verächtlich an.
    »Manchmal wundere ich mich immer noch, wie begriffsstutzig du sein kannst. Du mußt hingehen und ihm sagen, daß du eine andere Frau hast, daß du mich los sein willst, und daß er dich scheiden soll. Und daß du natürlich die Schuld auf dich nimmst.«
    Dieser Anwalt paßte mir gar nicht. Wenn Hilda das alles schon mit ihm abgesprochen hatte, dann konnte er mir gefährlich werden. Wenn nämlich Hilda nun doch tödlich verunglückte, dann würde er zur Polizei laufen und sagen: Halt, da stimmt was nicht, die beiden lagen in Scheidung. Und dann würde man an einem Unfall zweifeln.
    Vorsichtig fragte ich:
    »Hast du das alles schon so mit diesem Anwalt abgesprochen?«
    »Unsinn, wie werde ich?« lachte sie. »Der ist ein korrekter Jurist, man soll solche Leute nicht in Gewissenskonflikte stürzen.
    Aber morgen gehst du hin, verstanden?«
    Immer dieses bösartige »verstanden«! Trotzdem atmete ich erleichtert auf. Nochmals hatte ich eine kurze Frist gewonnen.
    »Gut, Hilda, ich werde morgen hingehen.«
    »Das will ich dir auch geraten haben. Sonst gehe nämlich ich wohin. Zur Polizei. Du weißt ja, warum, oder? Und daß du alles genauso sagst, wie wir es besprochen haben!«
    »Ja, ich werde alles genauso sagen.«
    Ich ging ins Wohnzimmer hinüber, setzte mich in einen Lehnstuhl und zündete mir meine kleine Feierabendzigarre an. Dann griff ich nach der Zeitung, aber ich konnte nicht lesen.
    Es mußte nun geschehen, und zwar bald. Wenn dieser Anwalt erst einmal etwas erfuhr, dann hatte ich kaum noch eine Chance.
    Aber immer noch stand ich vor der Frage, der entscheidenden Frage, wie sollte ich es tun?
    Hilda riß die Türe auf.
    »Komm zum Essen.«
    Schon lange hatte sie sich nicht mehr darum gekümmert, was oder wann ich aß. Aber sie wollte wohl noch etwas.
    Mißtrauisch ging ich in die Küche. Sie hatte Pfannkuchen auf meinem Teller. »Was gibt’s
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