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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium
Autoren: Lindsey Davis
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verleihen …
    Missbilligung legte sich wie ein schlechter Geschmack auf meine Zunge. Rutilius war nicht nur ein Idiot, sondern Claudius Laeta war ein Narr, diesem Mann auch nur einen Deut Respekt entgegenzubringen. Legt man die Politik in die Hände solcher Dummköpfe, kann man die Götter schallend lachen hören.
    »Unsere alte Entscheidung, gebietsmäßig nicht über den Fluss hinaus vorzudringen, steht immer noch.« Laeta war so selbstgefällig, dass ich ihm am liebsten Tinte aus seinem silbernen Tintenfass über seine makellose weiße Tunika gekippt hätte. »Trotzdem gibt es da ein heikles Gebiet gegenüber von Moguntiacum …« Dort befand sich eines unserer großen Legionslager auf halber Strecke den Rhenus hinab. »Der Kaiser war einverstanden, dass Gallicus das Gebiet aus Sicherheitsgründen konsolidiert. Wenn er zurückkehrt …«
    »Zurückkehrt?«, warf ich ein.
    Laeta blickte verschlagen. »Wir geben nie bekannt, wo sich unsere Statthalter befinden, wenn sie sich außerhalb ihrer Provinz aufhalten …«
    »Oh, er hat sich einen Zwischenurlaub gegönnt.« Das taten sie alle. Sie mussten nachschauen, was ihre Frauen zu Hause anstellten.
    Beharrlich fuhr Laeta fort: »Das ist das Problem, verstehen Sie, Falco? Das Problem mit Veleda.«
    Ich setzte mich auf. »Er hat sie mit nach Rom gebracht?« Laeta schloss die Augen nur länger als gewöhnlich und antwortete mir nicht. Ich hatte bereits seit Wochen gewusst, dass Veleda hier war, und war vorzeitig aus Griechenland zurückgekehrt, nur um Ärger mit Justinus zuvorzukommen. »Ah, verstehe! Rutilius hat sie mit nach Rom gebracht – aber Sie geben das nicht zu?«
    »Sicherheit ist kein Spiel, Falco.«
    »Ich hoffe, Sie sind der bessere Spieler, wenn dem so ist.«
    »Der Statthalter wollte aus wohldurchdachten Gründen eine so hochrangige, heikle Gefangene nicht zurücklassen. Das Risiko war zu groß. Eine weibliche Gefangene in einem Armeelager ist immer ein Unruheherd wie auch Anlass für Streiche, die aus dem Ruder laufen können. Ohne den eisernen Griff von Gallicus hätte ihr Stamm eine Rettungsmission in Gang setzen können. Rivalisierende Stämme hätten versuchen können, sie zu ermorden. Die gehen sich doch ständig an die Gurgel. Veleda hätte vielleicht von sich aus fliehen können.«
    Die Liste möglicher misslicher Vorfälle klang wie eine nachträgliche Ausrede. Dann machte mich die fast unmerkliche Art, wie Laeta meinem Blick auswich, stutzig. Große Götter. Ich konnte kaum glauben, was passiert sein musste. »Also, Claudius Laeta, lassen Sie es mich ganz deutlich aussprechen: Rutilius Gallicus hat die Priesterin mit nach Rom gebracht, aus ›Sicherheitsgründen‹, und hat sie dann hier entkommen lassen?«
    Veleda war eine enorm einflussreiche Barbarin, eine berühmte Feindin, die einst einen ganzen Kontinent aufgewiegelt hatte, gegen Rom zu revoltieren. Sie hasste uns. Sie hasste alles, was wir verkörperten. Sie hatte das nördliche Europa vereint, während wir mit unserem Machtgerangel beschäftigt waren, und uns auf dem Höhepunkt ihrer Aktivität beinahe um Batavia, Gallien und Germanien gebracht. Und jetzt musste ich von Laeta erfahren, dass sie frei herumlief, hier in unserer eigenen Stadt.

IV
    C laudius Laeta schürzte die Lippen. Er hatte den sorgenvollen Ausdruck eines Spitzenbeamten, der fest entschlossen ist zu verhindern, dass seiner Abteilung die Schuld zugeschoben wird.
    »Ist es Ihr Problem?«, murmelte ich boshaft.
    »Fällt in den Aufgabenbereich des Oberspions«, verkündete er entschieden.
    »Dann betrifft es alle!«
    »Sie äußern sich sehr offen über Ihre Differenzen mit Anacrites, Falco.«
    »Irgendjemand muss ja offen sein. Dieser Dummkopf wird eine Menge Schaden anrichten, wenn man ihm nicht Einhalt gebietet.«
    »Wir halten ihn für kompetent.«
    »Dann sind Sie verrückt.«
    Wir verstummten beide. Ich dachte über die Auswirkungen von Veledas Flucht nach. Sie konnte hier zwar keinen militärischen Angriff starten, aber ihre Anwesenheit in Rom war eine Katastrophe. Dass sie von einem Exkonsul, einem hochrangigen Provinz-Verwaltungsbeamten, einem der Favoriten des Kaisers hergebracht worden war, würde das Vertrauen der Öffentlichkeit erschüttern. Rutilius Gallicus hatte eine Dummheit gemacht. Das würde Entrüstung und Bestürzung hervorrufen. Der Glaube an den Kaiser würde schwinden. Die Armee würde eine klägliche Figur abgeben. Rutilius – nun ja, wenige Menschen hatten bisher von Rutilius gehört,
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