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Jede Nacht mit Charlie

Jede Nacht mit Charlie

Titel: Jede Nacht mit Charlie
Autoren: Jennifer Crusie
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1. KAPITEL
    E ine Yuppie-Bar war ein lausiger Ort für die Suche nach einem Helden, aber Allie McGuffey war verzweifelt. Also musste sie nehmen, was da war. Leider ließ die Auswahl erheblich zu wünschen übrig.
    Sie schob ihre Hornbrille hoch und musterte resigniert die Reihe Barhocker. Geschäftsmann. Geschäftsmann. Freier Platz. Geschäftsmann. Geschäftsfrau. Frei. Frei. Typ im Grunge-Look. Geschäftsmann. Okay, dann eben der verhinderte Grunge-Rocker. Solange sie lebte, würde sie nie wieder eine Beziehung mit einem Anzugtypen eingehen. Selbst wenn die nur fünf Minuten dauerte.
    „Hi!“ Allie warf ihre Tasche auf den Tresen und kletterte auf den Barhocker. Langsam drehte Tarzan sich um. Allie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Vielleicht einen Traummann, der selbst Mark in den Schatten stellte. Bei aller Fairness ein Ding der Unmöglichkeit. Doch dieser Kerl hier war nicht mal im Rennen. Vage erinnerte er an einen der Jungs, die in High-School-Klassen grundsätzlich die hinteren Reihen bevölkerten. Zugegeben, er sah nett aus. Sehr nett. Aber das war es auch schon. Das dunkelblonde Haar hing ihm bis über den Kragen, seine braune Lederjacke und die Jeans hatten schon bessere Tage gesehen, aber ansonsten wirkte er gepflegt.
    „Erwarten Sie jemanden?“ Allie warf einen vorsichtigen Blick über die Schulter. Alles, was sie tun musste, war, den Grunge-Rocker in eine Unterhaltung zu verwickeln, bis Mark hereinkam, sie in männlicher Gesellschaft antraf und wieder verschwand.
    Mark mochte keine Konkurrenz.
    „Also, sind Sie?“ Allie lächelte wie eine Televerkäuferin. „Verabredet, meine ich.“ Hoffentlich bekam sie keinen Korb. Von Fehlschlägen hatte sie heute nämlich die Nase gestrichen voll.
    Sie war gefeuert! Die Worte ihres Bosses und Exlovers, „Starmoderator“ Mark King, hatte Allie noch im Ohr: „Natürlich bist du nicht gefeuert. Du wirst lediglich versetzt.“
    „Ersetzt“ traf es besser. Durch Lisa Mitchell, seine neueste Geliebte. Nicht nur, dass der ungekrönte Star des Radiosenders WBBB sie vor einigen Wochen aus Prestigegründen recht unsanft aus seinem Bett geschubst hatte – das unrühmliche Ende einer sechsmonatigen Affäre –, jetzt besaß er auch noch den Nerv und schanzte Lisa ihren Job zu!
    Erst vor einer halben Stunde hatte Allie die Türen des Senders voller Elan aufgestoßen. Wie üblich fielen ihre Kollegen gleich wie die Krähen über sie her. Allie liebte diesen Rummel. Hier war sie Allie, das Hirn hinter der Mark-King-Show, Allie, die Retterin. Freud wäre sicher das ein oder andere zu ihrer sonderbaren Identitätsfindung eingefallen, doch verglichen mit all den anderen Problemfällen, die im Sender frei herumliefen, befand sie sich trotz ihres Egotrips bei relativ guter seelischer Gesundheit.
    Zuerst war es nur Karen, die Empfangsdame, die laut „Allie!“ rief.
    Das alarmierte Lisa, Allies Assistentin, die türknallend in den Flur stürmte. „Allie, ich …“ Prompt wurde sie beiseite geschoben von Albert, dem Finanzdirektor: „Allie, die Quoten …“ Diesen wiederum übertönte Marcia, der Nachmittags-Barrakuda. „Allie, wie ich hörte …“
    Rücksichtslos schubste Mark, Allies Exlover und gegenwärtiger Chef, sie beiseite. „Allie, ich möchte dich in deinem Büro sprechen. Sofort!“
    Schweigen senkte sich über die Lobby. Normalerweise fiel Mark weniger durch völlig unangebrachtes autoritäres Gebaren auf als durch eine beständig praktizierte Selbstinszenierung, die sich darin äußerte, dass er zu laut redete – vornehmlich über sich selbst –, ständig wichtige Namen fallen ließ und immer an den falschen Stellen herzlich lachte.
    Unverfroren nahm er hinter Allies Schreibtisch Platz. Nur mit Mühe verkniff sie sich eine spöttische Bemerkung. Dies war ihr Büro, so winzig und voll gestopft es auch sein mochte! Es war ihr Schreibtisch, ihr Sessel, und er machte sie zu einem Besucher in ihrer eigenen Domäne!
    „Es gibt keinen schonenden Weg, dir das beizubringen, Allie-Schatz, also sage ich es geradeheraus.“ Durch ungeschickte Gewichtsverlagerung kippte der Drehsessel in die Horizontale, was dazu führte, dass Mark statt mit Allie mit der Zimmerdecke sprach. Das allerdings spielte kaum eine Rolle, denn so, wie sie ihn kannte, geriet er jetzt erst einmal ausgiebig ins Philosophieren, ehe er auf den Punkt kam. Vorausgesetzt, er hatte überhaupt einen. „Zugegeben, Allie-Schatz, es wird schwer für dich, aber du bist schließlich erwachsen. Die
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