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Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Titel: Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Autoren: Ann Granger
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Beerdigung besuchen wollte. Natürlich nicht, hatte seine Antwort gelautet, was Bridget wiederum ungehobelt gefunden hatte. Selbst eine Exfrau verdiente einen letzten Respekt, hatte sie schroff gesagt. Doch Penny war aus seinem Leben verschwunden, weil er zu selbstsüchtig und dumm und halsstarrig gewesen war, um etwas daran zu ändern, und außerdem war es längst zu spät, jetzt noch irgendetwas daran zu ändern. Auf ihren Sarg zu starren hätte lediglich dazu geführt, dass er sich einmal mehr an seine eigenen Unzulänglichkeiten erinnert hätte. Also hatte er Bridget geantwortet, dass es für ihn überhaupt nicht infrage kam, der Beerdigung beizuwohnen. Seine Knie würden es nicht zulassen. Sie hatten sich mürrisch voneinander verabschiedet, nicht zum ersten und sicher nicht zum letzten Mal. Aber so war das bei Bridget - man konnte so direkt sein, wie man wollte -, sie ließ sich einfach nicht abschrecken. Er hatte es mehrfach versucht - vergebens. Irgendwann tauchte sie wieder auf und versuchte sich einzumischen, wenn sie auch nur den Hauch einer Chance witterte.
    Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, dass er es nicht mit einem Gespenst zu tun hatte, sondern mit einer jungen Frau, die seiner verstorbenen Frau bemerkenswert ähnlich sah. Es hatte sogar ein Hochzeitsphoto gegeben, auf dem Penny ausgesehen hatte wie die neue Besucherin jetzt. (Er hatte sämtliche Photographien von ihr weggepackt, nachdem sie ihn verlassen hatte, und nach ihrem Tod hatte er sie verbrannt.) Penny hatte ein Brautkleid getragen auf dem Bild in seiner Erinnerung. Diese Frau hier trug etwas, das Monty bei einem Mann als »Geschäftsanzug« bezeichnet hätte. Nadelstreifenhose und dazu passendes Jackett. Trotzdem, sie war eine Doppelgängerin seiner jüngeren Penny, alles, was recht war. Von mittlerer Größe, zierlich, doch drahtig - ein richtiger Terrier von einem Mädchen mit kurzen, dunkelroten Haaren, einem spitzen Kinn und weit auseinanderstehenden grauen Augen, aus denen eine wache Intelligenz blitzte.
    Unter der strengen, maskulinen Jacke trug sie eine extravagante beigefarbene Bluse mit weitem Kragen. Zusammen mit den roten Haaren und der elfenhaften Frisur wirkte sie wie ein personifizierter Herbstgeist. Fast wünschte er sich, er hätte Papier und Bleistift zur Hand, um sie zu zeichnen. Es war Jahre her, dass er gemalt oder gezeichnet hatte. Früher, als sie noch jung gewesen waren, hatte er immer und immer wieder Porträts von Penny angefertigt, unermüdlich. Jetzt blieb ihm nur noch die Erinnerung, die ihn schwach werden ließ.
    »Wer sind Sie?«, fragte Monty ergeben.
    »Inspector Jessica Campbell«, antwortete die junge Frau sachlich. An den Constable gewandt fuhr sie fort: »In Ordnung, danke sehr. Ich übernehme von hier an.«
    Der Constable erhob sich unübersehbar erleichtert und ließ Monty mit der Penny-Doppelgängerin allein.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte sie und beugte sich besorgt über ihn. Hatte sie allen Ernstes soeben gesagt, dass sie Police Inspector war?
    »Soll ich Ihnen vielleicht eine Tasse Tee aufgießen?«, fuhr sie fort.
    Monty schrak hoch und riss sich mühsam zusammen. »Es geht mir so gut, wie es den Umständen entsprechend nur gehen kann, danke sehr«, sagte er. »Ich möchte keinen Tee. Ich möchte noch einen Whisky.«
    »Wie viele hatten Sie denn bereits?«, wollte die junge Inspektorin wissen. (Jetzt sah sie also nicht nur aus wie seine verstorbene Frau, sondern klang auch schon genauso.)
    »Nur den einen«, antwortete er genauso, wie er es in der Vergangenheit unzählige Male Penny gegenüber getan hatte. »Und das meiste davon hab ich verschüttet, als dieses verdammte Ding da drüben plötzlich gegähnt und die Augen aufgerissen hat.« Er zeigte auf die Küchentür und das dahinter liegende Sofa mit dem darauf sitzenden Toten.
    »Muss ein unangenehmer Schock gewesen sein«, sagte Inspector Campbell. »Trotzdem denke ich, Tee wäre jetzt besser.«
    Es war nicht der Schock - es war die Akkumulation unvorhergesehener und unerklärlicher Ereignisse, die dazu führten, dass Monty an dieser Stelle explodierte. »Ich will aber keinen Tee! Herrgott noch mal, mein ganzes Leben lang war ich von Weibsbildern umgeben, die meinten, sie wüssten besser als ich, was ich brauche! Ich brauche einen Whisky, keinen Tee!« Er funkelte die Inspektorin wütend an.
    Sie begegnete seinem Blick gutmütig. »Ich denke, Sie halten sich ganz wacker«, sagte sie.
    Montys Ärger verflog genauso schnell, wie er
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