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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf
Autoren: Reginald Hill
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Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er schon heute wieder zu arbeiten begonnen, doch Ellie hatte mit einer gewissen Schärfe darauf hingewiesen, daß der 15. Februar sein Geburtstag sei und sie der Polizei mitnichten die Gelegenheit geben würde, ihn wie das letzte halbe Dutzend zu ruinieren.
    Und so hatte er einen weiteren erholsamen Tag mit diversen Geburtstagsüberraschungen verbracht – Frühstück im Bett, ein frühabendliches Feinschmeckermahl, für die hochgelobte Inszenierung von »Hedda Gabler« Plätze in den vordersten Reihen des Kemble-Theaters und, zur Krönung des Tages, auf Einladung von Eileen Chung, der Regisseurin des Kemble, nach der Aufführung ein Glas Wein auf der Bühne.
    »Aber so was macht kein Mensch!« versicherte Pascoe mit vollmundigem Yorkshire-Akzent.
    Ellie setzte an, ihm zu widersprechen, aber er fuhr verschwörerisch fort: »Mein Mädchen, ich rieche einen Stinkefisch, wenn ich einen sehe«, und mit Verspätung merkte sie, daß er seinen Chef bei der Kripo parodierte.
    Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und Pascoe erwiderte es.
    »Ihr beide seht aber glücklich aus!« sagte Eileen Chung, die sich mit einer neuen Flasche Wein näherte. »Merkwürdig, wenn man bedenkt, wie man euch für teures Geld gefoltert hat.«
    »Gelitten haben wir in der Tat – doch Peter, der Schwarzseher, behauptet, daß Hedda ermordet wurde.«
    »Wie recht du hast, Pete, mein Süßer«, sagte Eileen Chung und setzte vorsichtig ihre goldene Schönheit von einssiebenundachtzig Länge neben Peter auf die Chaiselongue. »Genau das wollte ich nämlich rüberbringen! Laß mich dein Glas nachfüllen.«
    Pascoe ließ seinen Blick über die Bühne schweifen. Alles war im Aufbruch. Er stand vorsichtig auf und erwiderte: »Ich glaube, wir sollten uns auf den Weg machen …«, doch Eileen Chung zog ihn wieder neben sich auf die Chaiselongue und fragte: »Warum die Eile?«
    »Eile mitnichten«, sagte er, »das Stadium habe ich längst noch nicht wieder erreicht.«
    »Dein Hinken ist doch wirklich distinguiert«, sagte sie. »Und der Stock ist einfach wunderbar.«
    »Dabei findet er den Stock peinlich«, sagte Ellie, die auf Peters anderer Seite saß, so daß er sich angenehm eingezwängt fühlte. »Ich habe den Verdacht, daß er befürchtet, sein Macho-Image könnte Schaden nehmen.«
    »Pete. Du Baby!« sagte Eileen Chung, wobei sie ihm die Hand aufs Knie legte und tief in die Augen blickte. »Was ist denn ein Stock anderes als ein Phallus-Symbol? Willst du vielleicht einen größeren? Dann such ich mal in unserer Requisite. Denk doch nur an all die ungestümen Männer, die lahm waren. Ödipus – der hat es sogar mit seiner Mutter getrieben. Und Byron erst. Herr im Himmel, vor dem war nicht einmal die eigene Schwester sicher –«
    »Unglücklicherweise ist Peter sowohl Waise als auch Einzelkind«, unterbrach Ellie sie.
    »So ein Mist! Pete, tut mir leid! Ich hatte keine Ahnung. Aber es gibt noch andere, die nicht auf ihre Familie fixiert waren. Der Teufel beispielsweise. Der hinkt auch.«
    Und da wußte Peter Pascoe, daß er verraten und verkauft war.
    Bis zu diesem Augenblick hatte er das derbe Geplänkel bereitwillig über sich ergehen lassen, weil es ihm als angemessener Preis dafür erschienen war, zwischen Ellie, die er liebte, und Eileen, nach der es ihn gelüstete, eingezwängt zu sein.
    Er wollte aufstehen, doch Eileen Chung war vor ihm auf den Beinen, mit vor Schabernack glühendem Gesicht.
    »Der Teufel«, sagte sie mit schwärmerisch vibrierender Stimme. »Da kommt mir eine Idee! Pete, Süßer, zeig mir dein Profil. Phantastisch. Und mit dem Humpeln, nicht zu überbieten! Ellie, du kennst ihn am besten. Kriegt er das hin? Oder wäre er dazu in der Lage?«
    »An diabolischen Eigenschaften fehlt es ihm nicht«, räumte Ellie ein.
    Das reichte. Einen Stock zu haben hatte auch seine Vorteile! Heftig ließ er ihn auf Hedda Gablers Couchtisch knallen, was er reinen Gewissens tun durfte, da es sein eigener war. Requisiten sammelte Eileen Chung wie die alte Queen Mary Antiquitäten – ihre Bewunderung verwandelte sie in Geschenke. Doch aus ihm würde Eileen Chung kein Geschenk machen können.
    Ellie traf ein Gutteil der Schuld, aber nicht so viel wie ihn selbst.
    Er war es nämlich gewesen, der die goldene Regel vergessen hatte. Jede Freundin Ellies saß bis zum Beweis ihrer Unschuld – besser sogar noch länger! – auf der Anklagebank. Zu Beginn, als die neue Regisseurin des
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