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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf
Autoren: Reginald Hill
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niemanden in seiner Ruhe stören kann, die Zeitansage anrufen werde. Das ist wirklich gar keine so schlechte Idee. Die Zeit ist der große Feind. Man schaut zurück und kann soeben noch erkennen, wann man das letzte Mal glücklich war. Und man sieht nach vorn und kann sich noch nicht einmal mehr vorstellen, wann man es das nächste Mal sein wird. Man versucht in einer Welt des sich selbst zugefügten Leids einen Sinn zu finden und sieht dabei nur die sinnlosen Momente, die sich hinter einem auftürmen. Vielleicht besteht der Sinn tatsächlich darin, sie zu zählen. Vielleicht ist das beste, was ich mit der Zeit tun kann, stillzusitzen und der Zeitansage zu lauschen, die Sekunden zu zählen, bis ich die magische Zahl erreiche, wo das Zählen endgültig ein Ende hat.
    Ich werde sarkastisch und möchte nicht, daß Sie mit einem schlechten Geschmack im Mund zurückbleiben, obwohl ich mir sicher bin, daß ein Bier ihn wegspülen würde. Ich schreibe diesen Brief am Tag des heiligen Valentin, dem Festtag der Liebenden. Bei Ihnen kommt er wahrscheinlich nicht vor dem Tag der heiligen Juliana an. Über sie weiß ich nur, daß sie sich darauf spezialisierte, Jungfrau zu sein und ein langes Gespräch mit dem Leibhaftigen zu führen! Wer ist Ihnen lieber? Dumme Frage. Sie mögen ein wenig anders als andere Männer sein, aber so ganz anders können Sie wiederum auch nicht sein! Vergessen Sie also Juliana. Und vergessen Sie auch mich.
    Abschiedsgrüße am Valentinstag

Eins
    P eter Pascoes Dienstantritt gestaltete sich nicht wie der Triumphzug, den er sich in seiner Phantasie ausgemalt hatte. Es begann damit, daß sein Parkplatz von einem Sandhaufen okkupiert war. Für den Bruchteil einer Sekunde, zu kurz, um meßbar zu sein, aber zu lang, um ihm nicht an die Nieren zu gehen, sah er darin eine verschlüsselte Botschaft. Doch sein Verstand hatte bereits registriert, daß der Parkplatz über die ganze Breite nicht benutzbar war, weil Steine, Armierungseisen, Zementsäcke und ein Betonmischer darauf verteilt waren.
    Hinter ihm ertönte ein ungeduldiges Hupen. Es kam von einem alten blauen Pick-up, der tief auf der Straße lag. Pascoe stieg aus seinem Auto, um sich einen Überblick zu verschaffen. Eine Mauer trennte einst den Polizeiparkplatz und den alten Garten, der sich irgendwie an die benachbarte Dienststelle des Leichenbeschauers geklammert hatte. Er hatte aus einem winzigen Stück Rasen bestanden, einem dichten Gestrüpp und einer müden Kastanie, die sich über die Mauer neigte und klebrige Flüssigkeit auf jedes Fahrzeug absonderte, das unüberlegterweise darunter geparkt worden war. Nun war der ganze Zauber verschwunden, und aus der neuen Betonwüste ragten etliche unfertige Gebäude.
    Das Hupen des Pick-ups steigerte sich zu einem Konzert. Pascoe ging auf das Fahrzeug zu. Das Fenster wurde hinuntergekurbelt, und ein feuerroter Kopf mit Spuren von Grau tauchte über der Inschrift »Swain & Stringer, Bauunternehmung, Moscow Farm, Currthwaite. Tel. 33809« auf.
    »Nun legen Sie aber mal einen Zahn zu«, sagte der Rotkopf, »es gibt Menschen, die arbeiten müssen.«
    »Ach so? Ich bin Inspector Pascoe. Sie sind Mr. Swain, ja?«
    »Nein«, sagte der Mann, sichtlich unbeeindruckt von Pascoes Rang. »Ich bin Arnie Stringer.«
    »Was geht hier vor, Mr. Stringer?«
    »Neue Werkstattgaragen. Wo sind Sie denn gewesen?« verlangte der Mann zu wissen.
    »Weg«, sagte Pascoe. »Nicht die beste Jahreszeit, um im Freien zu arbeiten.«
    Seit zwei Wochen war es für die Jahreszeit zwar mild, aber frisch war es trotzdem.
    »Wenn Polizisten, die nichts Besseres zu tun haben, uns nicht mit Geschwätz von der Arbeit abhalten, werden wir vielleicht fertig, bevor der Schnee fällt.«
    Mr. Stringer hatte seinen umwerfenden Charme offensichtlich auf derselben Akademie wie Dalziel erworben.
    Es war schön, wieder hier zu sein.
    Nachdem er sich ein sicheres Plätzchen auf dem öffentlichen Parkplatz gesucht hatte, betrat Pascoe das Gebäude wie jeder normale Bürger durch den Haupteingang. Der Rezeptionsbereich war leer und verlassen, bis auf eine einzelne Gestalt, die Pascoes Eintritt nervös verfolgte. Pascoe stieß einen tiefen Seufzer aus. Er hatte zwar nicht unbedingt erwartet, daß sich die Journalisten gegenseitig auf die Füße treten würden, während er unter dem Beifall der Kollegen den Orden entgegennahm, den ihm Polizeipräsident Chief Constable Dan Trimble zur Begrüßung überreichte, und doch war er nicht gegen den Gedanken gefeit,
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