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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf
Autoren: Reginald Hill
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als Antwort genommen. Wie würde er diesmal vorgehen? fragte sich Wield.
    »Könnte ich Sie unter vier Augen sprechen, Mrs. Horncastle?« fragte Pascoe.
    »Nein, das können Sie nicht!« Der Stiftsherr hatte sich zu Wort gemeldet, die Stimme dünn und gefährlich. »Alles, was Sie meiner Frau zu sagen haben, wird in meiner Anwesenheit gesagt.«
    Pascoe kratzte sich am Ohr und sah fragend auf die Frau. Er zweifelte nicht daran, daß der Stiftsherr gegen die Ordinierung von Frauen war und wahrscheinlich nicht sehr viel Wert darauf legte, sie ohne Hut in der Kirche zu sehen, aber dieser Versuch, den Herrn im eigenen Haus zu spielen, kam direkt aus einem Roman von Trollope! Selbst die Viktorianer dürften doch wohl nicht so weit gegangen sein?
    Doch die Frau hatte eine Überraschung für ihn parat.
    »Eustace hat natürlich recht, Mr. Pascoe«, sagte sie ruhig. »Es gibt nichts, was man mir zu sagen hat oder was ich zu sagen habe, das ich vor den Ohren meines Mannes zu verbergen wünsche.«
    Das war entweder die totale Unterwerfung oder … konnte es der totale Krieg sein? Er schaute in ihre ruhigen Züge, ohne einen Hinweis zu entdecken. Plötzlich war er sich jedoch zu neunzig Prozent sicher, daß sie nicht seine dunkle Lady war, aber ohne die fehlenden zehn Prozent konnte er den Rückzug nicht antreten.
    Er sagte: »Mrs. Horncastle, haben Sie jemals einen Brief an den Chief Superintendent Dalziel geschrieben?«
    »Nein«, sagte sie. »Das habe ich nicht.«
    Ihre Stimme klang überzeugend. Aber die Antwort war zu erwarten gewesen. Er mußte noch etwas nachdrücklicher werden.
    »Die Briefe waren nicht unterschrieben«, sagte er.
    Sie sah sogleich, worauf er hinauswollte, und lächelte leise. »Ich sehe, daß Sie denken, meine Verbindung mit der Kirche könnte mich jesuitisch gemacht haben. Doch nein, ich habe nie an Mr. Dalziel geschrieben, das heißt, weder in meinem eigenen Namen noch im Namen von jemand anderem oder ohne Namen. Sind Sie mit dieser Antwort zufrieden?«
    Bevor Pascoe den Mund öffnen konnte, war dem Stiftsherrn endgültig der Geduldsfaden gerissen.
    »Es ist wirklich nicht zu glauben!« schrie er. »Der Chief Constable wird von dieser Unverschämtheit in Kenntnis gesetzt werden! Wie können Sie es wagen, gewaltsam in mein Haus einzudringen und meine Frau zu beschuldigen, anonyme Schmähbriefe zu schreiben?«
    »Es tut mir leid, Sir, aber ich habe Ihre Frau nicht beschuldigt. Und was bringt Sie auf den Gedanken, daß es sich um Schmähbriefe handeln könnte?«
    »Weil ich nicht daran zweifle, daß der ordinäre Mensch zu einer gehörigen Portion Beschimpfungen einlädt«, blaffte Horncastle. »Wenn keine Beschimpfungen, was dann?«
    »Das ist eine gute Frage, Eustace«, stimmte seine Frau zu. »Es würde mich interessieren zu erfahren, wessen man mich für fähig hält, Mr. Pascoe. Also sagen Sie es mir. Sind es Drohbriefe? Oder sind sie revolutionär? Obszön?«
    Der Stiftsherr sah wieder danach aus, als würde er gleich explodieren, aber Pascoe konnte noch rasch vorher antworten. »In gewisser Weise sind es Drohbriefe«, sagte er. »Aber nicht gegen den Superintendent gerichtet, sondern gegen die Verfasserin.«
    »Sie meinen eine Selbstmordandrohung?« sagte Mrs. Horncastle. »Die arme Frau. Ich hoffe aus ganzem Herzen, daß Sie sie finden.«
    »Sie sind hierhergekommen, um meine Frau zu beschuldigen, mit Selbstmord zu drohen?« rief der Stiftsherr aus, der einen neuen Grad an ungläubiger Empörung erreicht hatte, die seine Frau offensichtlich für erläuterungsbedürftig hielt.
    »Dem Selbstmord haftet auf der kirchlichen Sündenskala ein ganz besonderes Odeur an«, sagte sie in belehrendem Ton. »Mein Mann hätte, denke ich, Obszönes bevorzugt.«
    »Dorothy, was ist denn in dich gefahren?« sagte Horncastle mit echtem Erstaunen. »Ich halte es für das beste, du gehst in den Salon, während ich diese Leute aus dem Haus schaffe.«
    »Nein, danke, Eustace«, sagte sie. »Ich bringe Mr. Pascoe und seinen Freund an die Tür. Dann kehre ich in mein Zimmer zurück, um die Prozession vorbeiziehen zu sehen. Um nichts in der Welt möchte ich sie verpassen. Ich habe Eileen Chung geholfen, müssen Sie wissen. Ich habe bei mehreren Gelegenheiten Ihre Frau getroffen, Mr. Pascoe, und ich habe ihre Gesellschaft sehr genossen.«
    »Das freut mich«, lächelte Pascoe.
    »Dorothy! Hast du denn nicht gehört, was ich gesagt habe? In den Salon! Sofort! Ich habe dir einiges zu sagen!«
    So lebhaft hatte
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