Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Menschenauflauf steckenbleiben. Ich hätte gedacht, daß Sie beide da draußen Ihrem Boß applaudieren.«
    Pascoe grinste: »Das tun wir alle Tage. Wollen Sie nicht hingehen, besonders da Sie doch an den Vorbereitungen beteiligt waren?«
    Sie schüttelte den Kopf: »Vielleicht später, aber nicht heute. Obwohl ich einen Logenplatz hätte haben können. Mrs. Horncastle hatte mir angeboten, die Prozession von ihrem Schlafzimmerfenster aus anzusehen, sie sieht direkt auf den Münsterplatz. Die Wagen fahren genau drunter vorbei, und wir wären auf Augenhöhe mit Mr. Dalziel gewesen. Mit dem lieben Gott befindet man sich nicht alle Tage auf einer Ebene, stimmt’s? Ich wäre vielleicht hingegangen, wenn Mama nicht krank geworden wäre. Also, ich muß mich beeilen. Bis bald.«
    Sie eilte davon, eine vitale, starke junge Frau mit der Fähigkeit, zu lieben und zu erdulden, und dem Willen, trotz aller zerstörten Hoffnungen zu überleben.
    »Du hast sie nicht nach den Briefen gefragt«, sagte Wield.
    »Ich glaube, doch«, sagte Pascoe. »Aber hör mal, hast du mitgekriegt, was sie über Mrs. Horncastle gesagt hat?«
    »Die Frau des Stiftsherrn? Ja. Sie hat gesagt, daß sie ihr einen Platz in ihrem Schlafzimmer angeboten hat. Ich hätte nie gedacht, daß der Superintendent so hoch sitzt, daß er den Leuten ins Schlafzimmer gucken kann. Ich wette, daß ein paar Leutchen einen ganz schönen Schrecken kriegen!«
    Pascoe lächelte nicht. Er sagte: »Steht nicht in einem der letzten Briefe etwas davon, daß sie Dalziel ansehen wolle, während er vorbeifährt?«
    »Ja, ich glaube wohl«, sagte Wield. »Aber war das nicht nur so dahingesagt? Und selbst wenn dem nicht so wäre, wir können doch unmöglich alle abklappern, die ein Haus entlang der Prozessionsroute haben.«
    »Wir können aber bei Mrs. Horncastle nachsehen.«
    Wield sah Pascoe an, als hätte der endgültig den Verstand verloren.
    »Nun überleg doch mal«, sagte er. »Ich sehe ja ein, daß du dir Sorgen machst, aber wir können doch nicht bei den Leuten reinplatzen und nachschauen, ob sie sich einen Kopf kürzer machen wollen. Zugegeben, bei den beiden, die wir aufgesucht haben, bestand Grund zur Sorge – aber die Frau dieses Stiftsherrn … Wie gut kennst du die?«
    »Ich bin ihr nur zweimal begegnet«, gab Pascoe zu. »Aber daß sie nicht glücklich ist, sieht man auf den ersten Blick!«
    »Eine Beschreibung, die auf eine Menge Leute paßt!« sagte Wield. »Und wenn sie so übel dran ist, daß sie sich etwas antun will, nachdem der Chef vorbeigefahren ist, warum lädt sie dann die kleine Shirley zu sich ein?«
    »Damit sie es nicht tun kann«, sagte Pascoe. »Es paßt zu dem, was Pottle sagt. Es ist eine Art Wetteinsatz. Und sie war auf dem Ball und wurde nicht zum Tanzen aufgefordert. Und sie wäre jemand, der den Heiligenkalender in- und auswendig kennt, und sie lachte sich halbtot, als ich ihr sagte, daß Dalziel für die Rolle Gottes vorgesehen sei, und dann war da noch der Traum mit ihrem Hund …«
    Sie waren schon fast wieder in Trab verfallen, als sie den Hauptausgang des Krankenhauses verließen. Nach Luft ringend, sagte Wield: »Ich verstehe nicht die Hälfte von dem, was du da sagst …«
    »Wenn du dir die Mühe gemacht hättest, die Akte zu lesen, würdest du es vielleicht verstehen«, blaffte Pascoe ihn an. Der Vorwurf stand an Ungerechtigkeit denen, die Dalziel seinen verblüfften Untergebenen an den Kopf zu schleudern pflegte, in nichts nach.
    Nachdem Wield über den Anschiß nachgedacht hatte, vergab er Pascoe. Und als sie wieder im Auto saßen, wandte er sich dem Anfang der Akte zu und machte sich an eine gründliche Prüfung der Briefe.
    Bereits nach einer halben Minute wurde er unterbrochen.
    »Ist in deiner Zeitung ein Zeitplan der Prozession abgedruckt?«
    »Ich glaube, ja. Ja, hier. Sehen wir mal … der erste Wagen, das ist der mit Mr. Dalziel, verläßt jetzt den Marktplatz und fährt in Richtung Münsterplatz, wo er in fünfzehn Minuten eintreffen wird.«
    »Gut«, sagte Pascoe, und Wield wandte sich erneut der dunklen Lady zu.
    Sie kamen gut voran, da sie ruhige Seitengassen nahmen, doch als sie sich dem Münsterplatz näherten, verstopften ihnen Zuschauer und Verkehr, der von der Route des Umzugs umgeleitet worden war, den Weg. Schließlich wurden sie von einem genervten uniformierten Polizisten angehalten, der zu ihrem Fenster hinuntergebeugt schimpfte: »Können Sie denn verdammt noch mal nicht lesen? Geradeaus ist gesperrt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher