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Turrinis Bauch - Kriminalroman

Turrinis Bauch - Kriminalroman

Titel: Turrinis Bauch - Kriminalroman
Autoren: Franz Friedrich Altmann
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I
    Stadschauat ist so ein Wort, das man nicht recht übersetzen kann. Auf Hochdeutsch. Weil es dann nicht mehr dasselbe ist. Weil beim Übersetzen das Wesentliche verlorengeht. Sozusagen die Seele von dem Wort. Und was dann überbleibt, hat mit der ursprünglichen Bedeutung genauso wenig zu tun wie eine eiskalt-stocksteife Leich mit einem lebendigen Menschen.
    Drum sag ich jetzt absichtlich: „Meingott, sowas von stadschauat , die Gucki!“ Weil es dafür ganz einfach keinen anderen Ausdruck gibt. Die wörtliche Übersetzung kannst du sowieso vergessen: komplett irreführend! Still schauend wär ja was Positives. Sprich: Aufmerksamkeit, Konzentration. Die Gucki aber das genaue Gegenteil: gar keine Aufmerksamkeit, gar keine Konzentration! Schaut praktisch ins Nichts. Ins Narrenkastl, wie es so schön heißt. Und wenn du so schaust, schaust du leider auch ein bisserl deppert drein. Stadschauat halt.
    Dass wir uns da aber nicht falsch verstehen: Deppert ist sie wirklich nicht, die Gucki! Erstens ist sie eine Frau Magister, weil sie in Wien unten studiert hat, und zweitens kann sie tarockieren wie der Teufel. Und zumindest beim Tarockieren brauchst du ein Hirn. Beim Studieren bin ich mir da schon nicht mehr so sicher. Weil was heutzutag Doktoren und Magister herumrennen und kein bisserl einen Hausverstand haben – da wird es mit dem Studieren nicht so weit her sein.
    Direkt deppert schaut sie ja eh nicht drein, die Gucki. Mehr so geistesabwesend. Praktisch: Geist grundsätzlich vorhanden, derzeit aber gerade abwesend. Ist auch gar nicht notwendig. Weil die Gucki in der Arbeit ist. In der Redaktion der Mühlviertler Nachrichten in Freistadt. Und bei so einer Lokalzeitung wie bei den Mühlviertler Nachrichten – da hat Geist sowieso nichts verloren. So wie du ja auch keinen eleganten Anzug anziehst, wenn du in den Saustall gehst.
    Trotzdem – so stadschauat braucht die Gucki auch wieder nicht dreinschauen! Ist ja nicht allein im Büro. Der Turrini ist ja auch noch da. Dem wird ihre Stadschauerei jetzt schön langsam zu dumm. Zwickt er sie halt ein bisserl ins Knie. Und weil sie gar so schön aufschreit, schleckt er ihr gleich auch noch über die Innenseiten von den nackten Oberschenkeln. Weil da ist sie kitzlig, das weiß er.
    „Na bumm!“, wird man sich jetzt denken. „Das fangt ja gut an: gleich mit einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz!“ Ist aber nicht so, wie es ausschaut. Die Gucki fühlt sich ja gar nicht belästigt, sondern erheitert. Sonst tät sie nicht lachen. Ist dem Turrini sogar dankbar, dass er sie aus ihrem Leichenstarre-ähnlichen Zustand herausgerissen hat. Und außerdem darf der Turrini sowieso zwicken und schlecken, wie er will. Weil er ihr Herzikratzischeißibinki ist. Weil er der Gucki ihr Hund ist.
    „Turrini?“, wird man sich jetzt fragen. „Schon ein komischer Name für einen Hund.“ Früher hat so ein Hund halt Hasso geheißen oder Wastl oder von mir aus sogar Rex . Hat man gleich gewusst: aha, ein Hund! Aber heutzutage muss ja so ein Viech unbedingt einen möglichst ausgefallenen Namen haben: praktisch wie ein richtiger Mensch. Gibt es natürlich Missverständnisse noch und nöcher. Wenn – sagen wir einmal – der Fleischhacker von St. Moritz plärrt: „Der Grasser hat schon wieder eine Knacker gestohlen! Ich stech ihn ab, die kriminelle Drecksau!“ Dann weißt du nicht: Sticht er jetzt den früheren Finanzminister ab – oder nur seinen Dobermann?
    Der Turrini heißt zwar nicht so nach einem Finanzminister, dafür aber nach einem Theaterdichter. Nach dem Peter Turrini. Schaut aber dem Hund wirklich total ähnlich: ziemlich klein, schon ziemlich grau, ziemlich gut gefüttert. Vor allem aber das G’schau: so treuherzig-traurig, wie wenn das ganze Leben eine todernste Angelegenheit wär. Dabei ist er eh ein ganz ein Lustiger. Da mein ich jetzt natürlich den Hund. Den Dichter kenn ich ja nicht näher. Der wird schon eher traurige Theaterstückeln schreiben. Sonst tät der Gucki ihre Diplomarbeit nicht Sentimentale Motive im dramatischen Werk von Peter Turrini heißen.
    Aber was tu ich da lang herum mit dem Peter Turrini? Ist ja komplett wurscht, ob das ein trauriger oder ein lustiger Hund ist! Ich will ja keine Diplomarbeit für die Theaterwissenschaft schreiben, sondern was über die Gucki erzählen: Warum sitzt sie gar so stadschauat in der Redaktion der Mühlviertler Nachrichten herum? Warum sauft sie an diesem Vormittag schon das dritte Flaschl Freistädter Bier ? Warum
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