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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: T. Aaron Payton
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Morgenmantel hervor. „Das war ein dezenter Wink.“
    „In der Küche steht ein Wasserkessel. Bedien dich.“
    „Du weißt, ich habe Angst vor diesem Herd. Zu meiner Zeit haben wir noch überm Feuer gekocht, nicht über eingefangenen Blitzen. Nun ja, man hat gekocht. Ich nicht.“
    „Du bist ein Kind, Pimm. Wir leben in einem Zeitalter der Wunder. Elektrizität, Magnetismus und alchemistische Innovationen verwandeln die Welt.“
    „Ja, und wofür verwendet man sie, hmm?“ Pimm nahm seine improvisierte Kopfbedeckung ab und warf Freddy seinen bösesten Blick zu. „Neue Methoden, Menschen umzubringen, und die Produktion von mechanischen Prostituierten.“
    „Für meinen Geschmack hätte es die mechanischen Prostituierten ruhig schon ein bisschen früher geben können“, sagte Freddy eisig.
    Pimm zuckte zusammen. „Sicher, natürlich, ich wollte nicht … Verzeihung.“ Zu Beginn ihrer gegenwärtigen Übereinkunft war Freddy recht oft in düsteren Stimmungen versunken. Manchmal hatten sie tagelang angedauert, mürrische Stürme, ab und zu erhellt vom heftigen Aufblitzen seines ungestümen Zorns. Doch im letzten Jahr hatte sich die Lage beruhigt, Freddy hatte sich an den neuen Status quo gewöhnt und war im Großen und Ganzen eindeutig zufrieden gewesen. Es war beeindruckend. Freddy hatte ein paar harte Jahre durchgemacht und war Opfer einer Krankheit, der Gesellschaft und seiner Familie geworden, alles auf einmal. Pimm war sich nicht sicher, ob er das auch nur halb so gut verkraftet hätte.
    Als Freddy sich erhob und durchs Zimmer ging, konnte Pimm sich nicht zurückhalten. Er spähte unter dem Stoff hervor. Einen Augenblick später wandte er den Blick ab von den sahnig aufblitzenden Brüsten, den wohlgeformten Beinen, den geschmeidigen Muskeln der Schenkel. „Bitte zieh dir etwas an, ich ertrag es nicht!“
    „Du bist ein Tier“, sagte Freddy amüsiert, während er einen Papierstapel sortierte, der auf dem Tisch neben der Tür lag. „Gut, dass ich nicht wirklich deine Frau bin, sonst könnte so eine Äußerung meine Gefühle verletzen.“
    „Erzähl das mal der Kirche“, sagte Pimm. „In deren Augen sind wir jedenfalls verheiratet.“
    „Abgesehen davon, dass ich vor dem Gesetz immer noch ein Mann bin, was dein Argument entkräftet.“
    „Was die Kirche nicht weiß …“, brummte Pimm. Die Opfer des Morbus Konstantin hatten rein rechtlich gesehen das gleiche Geschlecht, das sie auch bei ihrer Geburt gehabt hatten. Sonst hätte es passieren können, dass eine Tochter sich in einen erstgeborenen Sohn verwandelte und statt ihrer jüngeren Brüder das väterliche Vermögen erbte. In der Praxis tauchten die meisten Opfer des Morbus Konstantin allerdings unter oder versuchten, sich als ihr ursprüngliches Geschlecht auszugeben. Manche wechselten wie Freddy einfach ihre Identität und fingen ein neues Leben an. Vor allem die Frauen, die in Männer verwandelt worden waren, bevorzugten diese Lösung, da sie ihnen allerhand neue Möglichkeiten eröffnete.
    „Wir führen eine ziemlich unvernünftige Vernunftehe, was?“, sagte die Dame des Hauses. „Also gut, ich werde mir etwas anziehen.“ Freddy ging ins Schlafzimmer, ohne die Tür zu schließen, und rief heraus: „Ich gehe später zu einem Salon. Es kann sein, dass Christina Rossetti kommt. Ihre letzten Gedichte sind nicht ganz so gut wie ihr ‚Markt der Kobolde‘, aber trotzdem ist sie sehr unterhaltsam.“ Freddy kam zurück und sah im Gehen in einen Handspiegel.
    „Ihr fortschrittlichen Frauen mit euren intellektuellen Betätigungen. So wie du im Keller an deinen Erfindungen herumwerkelst und hier oben deine Gedichte schreibst, bist du dein eigener Kunst- und Wissenschaftsverein.“ Pimm riskierte einen Blick auf seinen Freund, zuckte dann zurück und sah weg. „Du warst potthässlich, als du noch ein Mann warst, Freddy, mit einem Froschgesicht und Storchenbeinen. Wie kann es sein, dass du nach dem Fieber so, so …“
    Freddy legte den Spiegel auf einem Beistelltisch ab und stellte sich vor Pimms Sessel, die Hände in den Hüften gestemmt. Er … sie … verflucht. Pimm versuchte, die Verwendung von Pronomen in Bezug auf diese Person, die genau genommen sein Ehepartner war, zu vermeiden. Die meisten Menschen sahen Freddy in der Tat als Frau. Allgemeiner war er unter dem Namen „Winifred Halliday, geborene Sandoval“ oder streng genommen als „Lady Pembroke“ bekannt. Freddy eine Sie zu nennen, erschien ihm immer natürlicher. Das machte ihre
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