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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: T. Aaron Payton
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treffen.“
    Freddy nickte nachdenklich. „Hmm. Dein begehbarer Kleiderschrank und dieses Zimmer hier haben eine gemeinsame Wand, und mittags liegt diese Seite recht gut im Schatten. Ich kann zwei kleine Löcher bohren, eines zum Durchgucken und eines für den Lauf der Luftpistole. Sorg nur dafür, dass Mr . Value in diesem Stuhl sitzt, gegenüber vom Fenster. So scheint ihm die Sonne in den Augen, und ich kann ihn gut treffen, falls das erforderlich sein sollte.“
    „Er wird vermutlich einen seiner Männer mitbringen“, sagte Pimm. „Der zweifellos auf Abruf vor der Tür herumlungern wird.“
    „Dann also drei Löcher, und ich werde beide Pistolen vorbereiten.“
    „Du bist die beste Ehefrau, die ein Mann sich wünschen kann“, sagte Pimm.
    Sein Freund zeigte sein wölfisches Grinsen, zumindest das hatte sich durch seine Verwandlung vom Mann zur Frau nicht verändert. „In gewisser Hinsicht durchaus“, stimmte Freddy zu.

Hirngespinste und Skandale

    E leanor Irene Skyler wurde von ihren Freunden „Ellie“ genannt, obwohl ihr Verfasserkürzel in der Zeitung „E. Skye“ lautete, mit zusätzlichem „e“ am Ende, weil ihr Chefredakteur diese Form kultivierter fand. Sie stieg aus der elektrischen Tram und trat direkt in einen sehr unkultivierten Haufen Pferdemist. Sie fluchte nicht laut, denn obwohl sie zwangsläufig mehr Eigenständigkeit besaß als die meisten Frauen in der Stadt, konnte sie ihre gute Erziehung doch nicht ganz vergessen. Nachdem sie ihren Schuh, so gut es ging, an einem Pflasterstein abgeschabt hatte, wich sie einem weiteren Haufen Pferde äpfel aus und begab sich zum Büro des ‚London Argus‘, nicht weit vom Printing House Square entfernt.
    Die Straßen Londons waren noch immer ein stark umkämpftes Terrain. Die neuen elektrischen Trams polterten ihre vorherbestimmten Routen entlang, während traditionellere Verkehrsteilnehmer zu verhindern versuchten, dass man ihre Pferde überfuhr. Natürlich hatten die meisten Menschen weder Geld für ein Pferd noch für die Tram und gingen zu Fuß. Mit den elektrischen Omnibussen hatte es bereits einige größere Unfälle gegeben, und über manche davon hatte sie in der Zeitung berichtet. Deshalb fuhr sie mit der leuchtend roten „Teufelstram“, so oft sie konnte, in der Hoffnung, Augenzeugin einer weiteren derartigen Katastrophe zu werden. Selbst die Londoner, die sich die Fahrt leisten k ö nnten, nahmen meistens lieber nicht die Tram. Zum einen aus Angst vor einem Zusammenstoß und zum anderen, weil die Dinger sowieso nicht viel schneller waren als ein strammer Fußmarsch. Auch wenn das die Schwere der Unfälle schon wieder abmilderte. Die Omnibusse gehörten jedoch zu Sir Bertrams Zukunftsvision für ein schönes neues London, und deshalb bestand die Königin darauf, dass sie in Betrieb blieben. Wahrscheinlich würden sie mit der Zeit in den Hintergrund des Stadtbildes rücken und nicht länger als Neuheit gelten. Schließlich waren selbst die Eisenbahnen den Menschen einmal gefährlich und schockierend erschienen.
    Die Stadt London und die ganze Welt hatten sich seit Ellies Kindheit enorm verändert. Es war kaum mehr als ein Dutzend Jahre her, dass die Weltausstellung im Kristallpalast den Anbruch eines neuen Zeitalters des wissenschaftlichen Fortschritts und der Industrie angekündigt hatte. Dieses hypothetische Zeitalter war viel schneller Wirklichkeit geworden, als sie es sich je hätte vorstellen können. Teile der Londoner Innenstadt waren jetzt an das Stromnetz angeschlossen, sodass es nie wirklich Nacht zu werden schien. Emsig surrende Rechenmaschinen ermöglichten immer größere technische Meisterleistungen. Dazu gehörte auch der Tunnel unter dem Ärmelkanal, der zum ersten Mal von George Ward Hunt vorgeschlagen worden war und für den kürzlich die Grabungen begonnen hatten. Medizinische Fortschritte wie Magnetfeldmanipulatoren und Pasteurs kontroverse Keimtheorie hatten die Lebensbedingungen aller Menschen verbessert – ja, ohne Pasteurs Neuerungen wäre der Prinzgemahl zweifellos an Typhus gestorben. (Dass er am Leben geblieben war, hatte ihm allerdings auch nicht viel gebracht. Wahrscheinlich wünschte er sich inzwischen, er wäre tot.)
    Jeden Tag war von weiteren Fortschritten die Rede, von Flugmaschinen, die schneller vorankamen als die schnellsten Luftschiffe, bis hin zu Expeditionen hinab in die Tiefen der Erde. Es gab hohe Bergteleskope, die so stark waren, dass man mit ihnen angeblich die Umrisse riesiger
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