Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren
Autoren: Silke Porath
Vom Netzwerk:
bekommt, verabschieden sich unser Staranwalt und seine Liebste. Zu viert schaffen wir es im Handumdrehen, alles Geschirr in die Spülmaschine zu packen. Dann quetschen wir uns auf den kleinen Küchenbalkon und rauchen schweigend vor uns hin. Der Straßenlärm ist hier im Innenhof kaum zu hören. Im Fenster gegenüber flimmert Fernsehlicht. Ansonsten liegt der Hof im Dunkeln.
    »Ich muss euch auch was beichten«, sagt Rolf schließlich sehr leise.
    »Du?« Chris sieht ihn verwundert an.
    »Keine Sorge, es hat nichts mit dir zu tun!« Chris atmet auf.
    »Oder na ja, irgendwie schon.«
    »Jetzt lass es schon raus, so schlimm kann’s ja nicht sein«, ermuntere ich ihn.
    »Ich hoffe«, sagt Rolf zerknirscht. Dann holt er tief Luft. »Ich habe gekündigt. Zum nächsten Ersten.«
    Erleichtert, dass es raus ist, pustet er die Luft zwischen den Lippen hervor.
    »Du hast … das … und wie … ?«, stammelt Chris.
    »Ja. Ich weiß. Das ist scheiße.«
    »Hast du einen neuen Job?«, frage ich. Das wäre ja ein gutes Argument, um das Post-Handtuch zu werfen.
    »Nein.«
    »Nein?« Ach herrjeh.
    »Das mit der Miete kriegen wir schon hin«, sage ich und meine das auch so. Schließlich waren meine Jungs auch für mich da, als ich arbeitslos wurde und mich an den monatlichen Kosten nicht mehr beteiligen konnte.
    »Du bist lieb, Prinzessin. Und ganz so planlos war das nicht, wie ihr jetzt vielleicht glaubt.«
    »Und darf man dann auch wissen, was dein Plan ist?«, nörgelt Chris. Ich an seiner Stelle wäre auch ein bisschen eingeschnappt, wenn Arne so mir nichts, dir nichts sein Leben ändert, ohne vorher mit mir zu sprechen.
    »Na ja, ich habe schon länger so eine Idee. Und ich dachte mir – wenn nicht jetzt, wann dann? Ich bin ja nicht mehr der Jüngste.«
    »Midlife-Crisis, fuck«, mischt sich Arne ein.
    »Na und?«, fragt Rolf ein bisschen schnippisch. »Ich habe keine Lust, mein Leben lang Briefe … ach scheiße.« Er zündet sich eine neue Kippe an und bläst den Rauch wütend in den Nachthimmel.
    »Ja, und was machst du jetzt?«, insistiert Chris. Rolf schnippt die Zigarette über das Geländer.
    »Jetzt gehe ich erst mal ins Bett.« Er macht auf der Hacke kehrt und verschwindet.
    »Was war das denn?«, fragt Chris ratlos.
    »Ich habe keine Ahnung«, gebe ich zu. »Morgen, darum kümmern wir uns morgen, ja?« Bei Scarlett O’Hara hat das schließlich auch immer geklappt.
    »Na, der kann was erleben«, zischt Chris.
    »Lass ihn.« Arne hält ihn am Ärmel zurück. »Da war doch noch ein Fläschchen Weißwein im Kühlschrank? Das trinken wir jetzt und … keine Ahnung. Jedenfalls werden wir sicher bald erfahren, was los ist.«
    Chris nickt ergeben. »Wenn nicht, dann verkaufe ich seine Anlage und fahre von dem Geld in Urlaub, ich schwör’s euch.« Oha. Er ist wirklich mächtig sauer. Die Stereoanlage ist Rolfs Heiligtum – ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn Rolf uns nicht bald einen sehr, sehr guten Plan präsentiert.
     
    Tag 6: Im richtigen Licht sieht Chris’ Näschen beinahe normal aus. Nur auf dem Nasenrücken ist sie etwas dunkler. Die Nasenflügel sind dunkelgelb, was bei Kerzenschein fast wie gesunde Solarienbräune wirkt. Ich habe ihm einen Concealer geschenkt. Wenn er den aufträgt, sieht man fast nichts mehr von seiner Blessur. Rolf weigert sich, ihn noch einen weiteren Tag krankzumelden.
     
    Der Weißwein war von der billigen Sorte, und obwohl wir zu dritt nur ein Fläschchen gezwitschert haben, habe ich am nächsten Morgen einen Brummschädel. Ich bin froh, dass das Einsatzhandy still bleibt. Das bedeutet zwar auch, dass wir in der Zeit keinen Cent verdienen – und ich ahne, dass wir wegen Rolfs Kündigung jeden Cent brauchen werden. Das heißt aber auch, dass Arne und ich uns um den lästigen Papierkram kümmern können. Wir dokumentieren jeden Fall und Patienten, um auch bei eventuellen Spendern Rechenschaft ablegen zu können. Außerdem müssen dringend Rechnungen geschrieben, die Arzneimittelbestände überprüft und Spritzen sowie Verbandsmaterial nachbestellt werden. Wir haben in meinem Zimmer Position bezogen, da Rolf und Chris beide unterwegs sind und wir die Hunde nicht unnötig allein lassen wollen. Chris musste heute Morgen wohl oder übel mit geschminkter Nase ins Callcenter. Rolf ist verschwunden. Chris sagt, er habe nicht bemerkt, wann er aus dem Haus ging. Vielleicht steckt ja doch so viel Postbotenblut in ihm, dass er ohne einen morgendlichen Spaziergang an den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher