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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
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du ihn ab jetzt immer im Auge behalten!«
    »Wohnt er nicht bei uns?«
    Seine Mutter seufzt. »Dein Vater hat noch nie etwas von festem Boden unter den Füßen gehalten, Stevie …«
    Die Insel Sharkfin-Island liegt - bei gutem Wetter – in Sichtweite vor der Küste, mit der sie durch einen künstlichen Damm und eine schmale Zugbrücke verbunden ist. Doch als die beiden Fahrzeuge endlich auf diese letzte Hürde vor ihrem nächtlichen Ziel zurollen, schaltet die Ampelanlage gerade auf Stopp. Steven und seine Mutter sehen nur noch, wie der Porsche vor ihnen am Rotlicht vorbeizieht, über die Brücke surft und in der Dunkelheit verschwindet. Susan Waves beschleunigt kurz, tritt dann aber doch auf die Bremse und kommt gerade noch zum Stehen, denn die Zugbrücke beginnt sich bereits zu heben, um eine letzte verspätete Yacht in die Sicherheit der Bay zu holen.
    »Na bravo!«, brummt Steven missmutig. »Das war’s dann auch schon mit dem Im-Auge-Behalten.«
    Langsam, viel zu langsam, öffnet sich die Straße, kippt himmelwärts und steht dann irgendwann und eine gefühlte Ewigkeit später senkrecht in der Nacht.
    Plötzlich lässt der Regen nach, nur noch ein paar letzte Tropfen klatschen an die Scheiben. Hier und da schimmern einzelne Lichter gegenüberliegender Häuser im aufgewühlten Wasser der Bucht, während der Wind am Wagen rüttelt und die Scheibenwischer zu quietschen beginnen.
    Sie sind allein.
    »Das hat uns noch gefehlt!«, stöhnt Stevens Mutter und schaltet die Wischer aus. Sie hat sich nach vorne gebeugt, ihre Hände auf das Lenkrad gelegt und ist todmüde in sich zusammengesunken. »Ben ist mit seinem dämlichenRennwagen einfach unter dem Sturm hindurchgetaucht, und uns lässt er hier mitten in der Nacht alleine zurück. Das sieht ihm äh…!«
    »Schschsch!«, unterbricht Steven, der wortlos die Wand vor sich angestarrt hatte. »Hörst du das?«
    »Was?«
    »Der Sturm lacht. Er lacht uns aus!«
    »Unsinn, Stevie, du hast zu viele von diesen Horrorvideos …«
    »Halt doch mal die … ich mein, sei doch mal ruhig, Mom!«
    Der Sturm rüttelt so heftig am Wagen, als habe er es nur auf dieses eine Fahrzeug abgesehen. Stevens Mutter verstummt. Und dann hört auch sie es.
    Doch das heisere Lachen im Wind ist nicht die Stimme des Sturmes. Es stammt auch nicht von Ben Waves, obwohl Stevens Mutter ihrem Ex diese Boshaftigkeit durchaus zugetraut hätte …
Auf der Insel; Strand zum offenen Meer, Nacht, böiger Starkwind
    Der alte Grumble steht noch immer in der Gischt und gröhlt und lacht den Hurrikan herbei, während an seinen knöchernen, weit ausgebreiteten Armen die Fetzen der Jahrhunderte tanzen.
Auf der Zugbrücke
    Der Segler ist vorbeigeglitten. Die Brücke senkt sich, so unerträglich langsam, wie sie sich angehoben hatte. Als Stevens Mutter dann endlich wieder Gas geben kann, katapultiert der kräftige Motor den Van röhrend über die scheppernden Stahlgitter der Fahrbahn, bevor sich das Fahrzeug über die schnurgerade Straße auf die Insel flüchtet. Steven hat gerade genug Zeit, um die Aufschrift auf dem Ortsschild am Straßenrand zu erfassen:
    »WELCOME TO THE PARADISE OF SHARKFIN-ISLAND.«
    Das kleine Städtchen Sharkfin City liegt wie ausgestorben da. Die Menschen haben die Geschäfte und Tankstellen frühzeitig geschlossen, sie haben sich in ihre Häuser zurückgezogen, haben die Fernseher laut gestellt oder sind früh schlafen gegangen, um die Ohren unter ihre Kopfkissen zu schieben. Denn sie wollen das heisere Lachen des alten Grumble nicht hören.
    Susan Waves lässt den Wagen durch die Dunkelheit blubbern. Nur hier und da pendeln Lichter in den Hauseingängen. Über einer Kreuzung schwingt eine flackernde Ampel in ihren Stahlseilen wie eine sterbende Fliege in einem Spinnennetz.
    Sie passieren die Neonbeleuchtung eines Motels und folgen dem Gulf-Drive, der Straße, die wie ein Rückgrad über die Insel bis zu ihrer nördlichen Spitze führt. Die Schlüssel liegen am vereinbarten Versteck beim Maklerbüro, die Wegbeschreibung fehlt. »Kein Problem«, versichert Stevens Mutter, »ich hab die Lage des Hauses vor dem Flug gegoogelt!«
    Wenig später stellt Stevens Mutter das dritte Mal fest: »Das hier muss es sein!«, während sie mit dem Van wie ein Fahranfänger hin und her kurvt. »Fehlt zwar ein Straßenname, aber vielleicht hat der Sturm ja einfach nur das Schild weggeblasen …«
    »Dann schlage ich vor, wir sehen nach!« Steven blickt in den Weg, an dessen Anfang ein blechernes
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