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Moonsurfer

Moonsurfer

Titel: Moonsurfer
Autoren: Jan Birck
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einer Ruine im Stil einer Hazienda erkennen, bevor schlagartig der Sturm und der Regen wieder einsetzen. Das Feuerzeug erlischt und lässt sich inmitten dieser tobenden Waschmaschine nicht mehr zum Leben erwecken, so verzweifelt Steven es auch versucht. Zitternd entschließt er sich endgültig zum Rückzug, als das morsche Tor, durch das er den Hof betreten hatte, mit einem lauten Krachen zuschlägt.
    Völlige Dunkelheit.
    Angst kriecht über seinen Rücken, schleicht nach oben, greift nach seinem Hals und schnürt ihm den Atem ab. Nahezu blind tastet er sich zur Mauer des Innenhofes zurück, um den Ausgang zu finden. Doch dort, wo er die Wand erwartet, greift er ins Leere. Entweder ist sie verschwunden, oder er hat die Orientierung verloren.
    Er versucht es in einer anderen Richtung. Vergeblich.Noch einmal fingert er am Feuerzeug herum, doch das Ding verweigert den Dienst. Weitersuchen.
    Plötzlich stößt er auf kühlen Stein, macht eine kurze Verschnaufpause und schiebt sich dann Stück für Stück am Mauerwerk entlang. Wenig später ertastet er eine moosige Holztür und presst sich gegen das Tor in die Freiheit, um es aufzudrücken. Der Regen rinnt über sein Gesicht. Seine Zähne klappern viel zu laut und er weiß, dass sie ihn verraten werden, an was auch immer.
    In diesem Moment gibt das glitschige Ding mit einem grässlichen quietschenden Geräusch nach.
Dunkelheit
    Steven stolpert rückwärts ins schwarze Nichts, stürzt und verliert das Feuerzeug. Er befindet sich nicht mehr im Innenhof, aber auch nicht draußen im Dschungel. Denn obwohl das Rauschen der Baumkronen noch da ist, ist der Wind nicht mehr zu spüren. Dafür stinkt es hier so sehr, dass es Steven beinahe auch noch das letzte bisschen Atem verschlägt, das ihm geblieben ist.
    Seine Angst geht in pure Panik über.
    Hektisch und blind robbt er auf den Knien über einen staubigen Holzboden, tastet verzweifelt nach dem Feuerzeug. Doch es ist verschwunden. Er hat das Gefühl, sein heftig schlagender Puls könnte jeden Moment eine ganze Horde Geister aufscheuchen.
    Dann plötzlich hört er es: Leise röchelnder Atem. Er ist tatsächlich nicht allein.
    Steven erwartet sein Ende, aus welcher Ecke der Dunkelheit das Wesen auch immer zuschlagen würde.
    Dann ein kurzes Kratzen.
    Krrt.
    Einmal, zweimal.
    Krrt-krrt … und ihm gegenüber, etwa neun Fuß entfernt, flackert die Flamme seines Feuerzeugs auf, während draußen der unerbittliche Sturm weiter heulend und röhrend an den Fensterläden rüttelt.
    Im Lichtschein des Feuerzeuges leuchtet eine weiße Kugel auf, nicht größer und heller als eine schwach flackernde Glühbirne.
    Doch das, was zunächst so aussieht, als würde es hinter der Flamme des Feuerzeuges im Raum schweben, ist keine Glühbirne.
    Es ist ein weißblindes Auge. Darüber ein zerfledderter Strohhut mit einer Feder. Über die Stirn des Wesens zieht sich eine grässliche Narbe, die bis über das tote Auge darunter reicht. Fliegen sind aufgestoben, surren um das bleiche Gesicht. Nach und nach kehren sie auf ihren Wirt zurück, bis sie ihn wieder fast vollständig bedecken.
    Ein kurzes Blitzen aus der schwarzen Tiefe der anderen Augenhöhle.
    »Sei willkommen, Seven Waves!«
    Die Stimme röchelt wie eine Ankerkette, die ins Wasser rasselt.
    »Der alte Grumble hat lange, sehr lange auf Euch gewartet!«
    Der Fliegenschwarm ist wieder unterwegs.
    Steven kniet vor einem modrigen Teppich und schluckt.»S…Sir … « Seine Stimme versagt ihm den Dienst und er muss sich räuspern. »Ähem, Sir… nicht ›Seven‹ ohne ›t‹. Richtig wäre St … Steven , mit einem t , also Steven, nicht Seven Waves!«, und durch seinen Kopf schießt: Scheiße, was rede ich da? und WOHER KENNT DER MEINEN NAMEN?
    Stille.
    Nur die Schmeißfliegen surren.
    Der Angstschweiß, der von Stevens Stirn tropft, plitscht auf die Holzbohlen, auf denen er noch immer in der demütigen Haltung eines Hundes kauert, der seine Strafe erwartet.
    Durch den Fliegenschwarm mustert ihn schweigend das runzlige Schädelgesicht.
    Dann erlischt die Flamme wieder. Stille, Schwärze, Gestank. Und der röchelnde Atem des Kerls. Fliegensurren.
    Eine halbe Ewigkeit vergeht. Dann wieder das erlösende: Krrk-krrk.
    Doch jetzt erscheint die Flamme etwas weiter rechts, führt einen kleinen Tanz auf und entzündet dabei nacheinander einige verbogene Kerzen. Sie stecken in einem gewaltigen Achtender, von dessen geschwungenen Armen tropfenförmige Fäden bis auf einen schweren Eichentisch
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