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Moon

Moon

Titel: Moon
Autoren: James Herbert
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Mondlicht. Childes nahm sie fest in die Arme, und in diesem Augenblick wußte er endgültig, daß er sie liebte, daß er sie wirklich und wahrhaftig liebte wie sonst nichts auf der Welt, und beim Anblick ihres bandagierten Gesichts hätte er am liebsten losgeheult. Sie zuckte leicht zusammen, und er lockerte seine Umarmung erschrocken. Er wollte ihr keine Schmerzen zufügen.
    »Schon gut, Jon.« Sie lachte, und Tränen glitzerten auf ihren Wangen. »Alles klar. Ich hatte solche Angst um dich.«
    Er hielt sie fest und sah über ihre Schulter hinweg Paul
    Sebire. Das Gesicht des älteren Mannes war tief gefurcht. Er sagte kein Wort. Er drehte sich nur um und ging zu den unterhalb des Staudamms geparkten Wagen zurück.
    Childes streichelte über Amys Haare und küßte ihr die Tränen von den Wangen. »Woher wußtest du, wo ihr mich findet?« fragte er.
    Amy lächelte und erwiderte seine Küsse. Sie spürte die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, sie spürte, daß die finstere Aura, die ihn so lange umgeben hatte, verschwunden war, und es schien ihr, als würden seine Gedanken diese Veränderung auch auf sie übertragen.
    »Gabby hat es uns gesagt«, erzählte sie.
    »Gabby?«
    Overoy war zu ihnen gekommen, und er war es, der jetzt sagte: »Wir haben nach Ihnen gesucht. Jon. Der Beamte, der Sie im Auge behalten sollte, hat Sie verloren. Blieb Miss Sebire. Sie war unsere letzte Hoffnung. Aber sie wußte auch nicht, wo Sie waren...«
    »Aber dann fiel mir ein, daß du mir gesagt hast, du hättest mit Gabby telefoniert«, unterbrach Amy. »Es war nur so eine Idee, aber ich dachte, möglicherweise hast du Fran gegenüber erwähnt, was du heute nacht vorhast. Inspector Overoy hielt es für einen Versuch wert... Na ja, wie auch immer, wir haben Fran bei ihrer Mutter angerufen. Sie hatte gerade ziemliche Probleme mit Gabby.«
    »Ihre Tochter war völlig außer sich... Hysterisch. Sie... hat geträumt... ein schrecklicher Alptraum...« Overoy atmete tief durch. »Sie hat geträumt, sie sei an einem riesigen See, und da war eine Monsterfrau, die Sie in die Tiefe ziehen wollte. Ihre Frau sagte uns, Gabby sei völlig außer sich.«
    »Deshalb wußten Sie, daß Sie mich hier finden?«
    fragte Childes ungläubig.
    »Nun, mittlerweile bin ich ja an Ihre Vorahnungen gewöhnt... warum sollte ich also Ihre Tochter weniger ernst nehmen?«
    Gabby auch? Childes war wie betäubt. Er erinnerte sich daran, wie sie ihn gebeten hatte, er solle Annabel sagen, daß sie ihr fehlte.
    Amy unterbrach seine schockierten Gedanken. »Es gibt keine riesigen Seen auf der Insel. Nur die Talsperre.«
    »Wir hatten nichts zu verlieren«, meinte Overoy mit einem jungenhaften Grinsen.
    »Im Gegenteil; er konnte mich sofort überzeugen«, kommentierte Robillard. »Aber, zum Teufel! Nichts an dieser verdammten Sache ergab für mich einen Sinn, also - warum sollte es mir da noch etwas ausmachen, mitten in der Nacht durch die Gegend zu rasen?« Er schüttelte über sich selbst erstaunt den Kopf. »Zufall, daß sie recht hatten. Ich bedauere nur, daß wir nicht früher da waren. Muß eine ziemliche Quälerei für Sie gewesen sein.« Er nickte, aber der Mond stand groß und bleich über ihm, so daß Childes sein Gesicht nur als dunkle Fläche sah. Er wandte sich Overoy zu.
    »Wer war sie?« fragte er den Detective. »Ich meine... wie hat sie geheißen?«
    »Wie wir herausfanden, lebte sie schon seit Jahren unter falschem Namen. Sie nannte sich Heckatty.« Aus irgend einem Grund lag eine gewisse Befriedigung in Overoys Stimme.
    Heckatty. Für Childes hatte dieser Name keine Bedeutung. Und eigentlich hatte er auch nichts anderes erwartet. Er war sich nicht einmal ganz sicher, ob das, was er in dieser Nacht erlebt hatte, tatsächlich geschehen war.
    Waren die Geister der Toten wirklich zurückgekommen, um diese Kreatur heimzusuchen, deren Name so gewöhnlich, so bedeutungslos war? Oder war all das nur auf die Verschmelzung ihrer Psychen zurückzuführen, auf diesen ungeheuerlichen psychischen Kontakt mit der Wahnsinnigen - bizarre Einbildung, im wesentlichen nichts anderes als Visionen und Fragmente gewaltsam zersplitterten Geistes?
    »Illusionen«, murmelte er wieder vor sich hin, und Amy schaute fragend zu ihm auf.
    »O mein Gott!« stöhnte in diesem Augenblick einer der beiden Polizisten, die auf den Dammsteg hinausgeschlendert waren.
    Sie wandte sich um; die Polizisten hatten die Mitte des Steges erreicht, jenen erhöhten brückenähnlichen Bereich über den
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