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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras
Autoren: Sheri S. Tepper
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war Gustave reizbar und schwierig, und Figor bemühte sich, ihn zu beruhigen.
    »Jeder darf es, Gustave, ob er nun das Recht dazu hat oder nicht. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, ob sie uns gefällt oder nicht. Und falls wir jemals auf die Unterstützung von Heiligkeit angewiesen sein sollten, wären wir in einer günstigeren Position, wenn wir uns auf einen schon erwiesenen Gefallen berufen könnten.«
    Als Eric bemerkte, daß Gustave einen Einwand erheben wollte, nickte er. »Vielleicht werden wir nie auf Heiligkeit angewiesen sein, Gustave. Vielleicht nicht. Aber wenn es aus irgendeinem Grund doch der Fall sein sollte, wären wir in einer guten Position. Bist du es nicht, der uns immer predigt, einen Vorteil nicht ohne Not aufzugeben?«
    Der alte Mann kochte vor Wut. »Dann müssen wir jeden höflich behandeln, den sie schicken – wir müssen einen Diener und einen Kratzfuß machen, heucheln, er sei einer von uns, obwohl es nur ein Narr von einem fremden Planeten ist.«
    »Stimmt leider. Weil der Botschafter von Heiligkeit kommt, wird es wahrscheinlich ein Terraner sein, Gustave. Für eine gewisse Zeit könnten wir das sicher ertragen. Wie ich schon sagte; verstehen die meisten von uns sich auf Diplomatie.«
    »Und dieser blöde fragras wird womöglich noch eine blöde Frau und ein Dutzend Gören haben. Und Diener. Und Sekretäre und Adjutanten. Und alle werden sie blöde Fragen stellen.«
    »Wir werden sie irgendwohin abschieben, wo sie nicht viele Fragen stellen können. Wir werden sie auf Opal Hill unterbringen.« Genüßlich sprach Eric den Namen der ehemaligen Semling-Botschaft aus und wiederholte ihn noch einmal: »Opal Hill.«
    »Opal Hill, sehr schön! Abgelegener geht es nimmer! Jenseits des Sumpfwaldes im Südwesten. Deshalb haben die Leute aus Semling auch aufgegeben. Opal Hill ist ein einsamer Ort.«
    »Also wird der Mann von Heiligkeit sich auch einsam fühlen und wieder gehen. Aber das ist dann sein Problem, nicht unseres. Einverstanden? Ja?«
    Damit war die Sache perfekt. Figor wartete noch ab, ob jemand Bedenken nachschieben oder Gustave wieder an die Decke gehen würde, und dann ließ er Wein kommen, bevor er die Gäste hinaus in die Grasgärten führte. Jetzt, im Frühherbst, entfalteten die Gärten sich zu ihrer vollen Pracht, wobei die fedrigen Samenkugeln wie Tänzer im Südwind schwebten. Selbst auf Gustave übte ein einstündiger Aufenthalt in den Gärten eine kontemplative Wirkung aus. Wenn man es bedachte, gab es in Opal Hill auch feine Gärten; sie waren zwar noch neu, aber schön angelegt. Die Geheiligten Sünder, die hier auf Gras Buße taten, indem sie Ruinen ausgruben und Gärten anlegten – und sich selbst die Grünen Brüder nannten – hatten beträchtliche Sorgfalt auf die Gärten von Opal Hill verwandt. Die Gärten waren nicht mehr betreten worden, seit die Leute von Semling gegangen waren. Vielleicht hatte dieser Botschafter Ambitionen im Gartenbau. Oder seine Frau, falls er eine Frau hatte. Oder das Dutzend Gören.
     
    Weit entfernt von Klive, in der wogenden Prärie, versuchte Dimity bon Damfels die Schmerzen in den Beinen und im Rücken zu ignorieren. Trotz der vielen Trainingsstunden auf dem Simulator war es in der Praxis doch etwas anderes. Diese Schmerzen waren kaum auszuhalten.
    »Wenn die Schmerzen unerträglich werden«, hatte der Rittmeister gesagt, »stell dir den bisherigen Verlauf der Jagd vor. Lenk dich ab. Und vor allem darfst du nicht an die Schmerzen denken.«
    Also lenkte sie sich ab und ließ den ersten Abschnitt der Jagd Revue passieren. Sie waren dem Grün-Blauen Pfad gefolgt, wobei der gemusterte Pfad vom tiefsten Indigo über alle Schattierungen von Türkis und Saphir bis hin zu dunklem Moosgrün und leuchtendem Smaragd changierte, den Kamm hinauf, wo große Büschel von aquamarinfarbenem Wassergras in endlosen Wellen wogten. Jenseits des Kamms füllte das Wassergras eine flache, mit Inseln aus Sandgras durchsetzte Senke aus; die Szenerie hatte eine solche Ähnlichkeit mit einer wundervollen, lebendigen Meereslandschaft, daß man dieses Tal als Ozean-Garten bezeichnete. Dimity hatte einmal einen richtigen Ozean gesehen, als sie mit Rowena nach Commoner Town ging, um importiertes Tuch einzukaufen. Es hatte an der Wand der Tuchhandlung gehängt und zeigte die Abbildung eines Meeres auf Heiligkeit. Sie erinnerte sich, wie sie damals sagte, daß die riesige Wasserfläche wie Gras aussähe. Jemand hatte gelacht und gesagt, es sei das Gras, das
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