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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras
Autoren: Sheri S. Tepper
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mit dem Schweif schlugen und den Kopf hochwarfen, während sie auf den Boden stampften; die Szenerie war so still wie in einem Traum, wo die Dinge sich ereignen, ohne daß ein Laut ertönt. Die Luft war geschwängert von ihrem dampfendem Atem, dem Geruch nach Heu und Schweiß. Stavengers Reittier setzte sich zuerst in Bewegung, was auch nur angemessen war, und dann kamen die anderen Tiere auf den Jäger, die Treiber und die Feldreiter zu, wobei sie das Senioritätsprinzip beachteten. Dimity stand hinter Emeraude und Amethyste. Ein leiser Schauder durchfuhr sie. Dann schwangen die anderen sich auf die Rücken der wartenden Tiere. Bald war sie die einzige, die noch nicht aufgesessen war. Als sie glaubte, daß kein Reittier mehr für sie da war und schon durch das Tor schlüpfen wollte, stand das Tier direkt vor ihr.
    Es schaute sie an, streckte ein Vorderbein aus und knickte leicht ein, so daß sie einen Fuß auf das gestreifte Bein stellen, die Zügel packen und sich auf das Tier schwingen konnte, wie sie es immer wieder am Simulator geübt hatte; der einzige Unterschied bestand im Geruch und dem großen Leib zwischen ihren Beinen, der sich im Rhythmus der Atmung ausdehnte und wieder zusammenzog. So authentisch hatte die Maschine das nicht simuliert. Verzweifelt tastete sie mit den Zehen nach den Kerben, die sich zwischen der dritten und vierten Rippe befinden mußten, und schließlich fand sie sie viel weiter oberhalb der angegebenen Stelle. Sie schlüpfte mit den Zehen in die Kerben und verschaffte sich einen festen Halt. Dann mußte sie nur noch die Zügel anziehen, dem Tier die Sporen geben und die Beine anpressen, und die große Kreatur stieg auf der Hinterhand auf, drehte sich und folgte den anderen in westlicher Richtung. Durch den langen Gebrauch auf dem Simulator waren ihre mit Leder besetzten Reithosen schon schön geschmeidig. Seit dem vergangenen Abend hatte sie nichts mehr getrunken und schon seit Mittag nichts mehr gegessen. Sie wünschte sich sehnlichst, daß Sylvan neben ihr geritten wäre, aber er befand sich weit vorne. Emeraude und Amethyste steckten irgendwo in der Kolonne. Sie sah Stavengers roten Mantel; der Mann saß so gerade im Sattel wie Stangengras. Jetzt war es zu spät zur Umkehr. Die Gewißheit, daß sie nun keine andere Wahl mehr hatte, war fast eine Erleichterung. Sie war auf Gedeih und Verderb mit der Jagdgesellschaft verbunden. Plötzlich ertönte ein Geräusch, ein allgegenwärtiges Trommeln von Füßen, ein hallender Donner, der aus dem Boden unter ihnen aufstieg.
     
    Vom Balkon aus hörte Rowena das Geräusch und hielt sich die Ohren zu, bis es verklungen war. Allmählich setzten wieder die leisen Geräusche der Insekten, Vögel und Zikaden ein, die durch das Erscheinen der Hunde zum Verstummen gebracht worden waren.
    »Zu jung«, grummelte Salla. »Oh, gnädige Frau.«
    Anstatt das Kindermädchen zu ohrfeigen, wandte Rowena sich mit Tränen in den Augen zu ihr um. »Ich weiß«, sagte sie. Sie drehte sich wieder zur Brüstung und sah zu, wie die Kolonne der Reiter sich auf dem Gartenpfad nach Westen entfernte. Ein Ausritt, sagte sie sich. Ein Ausritt. Und sie werden zurückkommen. Wieder zurück. Sie sagte es wie eine Litanei auf. Wieder zurück.
    »Sie wird zurückkommen«, tröstete Salla sie. »Sie wird zurückkommen und sich ein schönes heißes Bad wünschen.«
    Dann schauten sie beide nach Westen und sahen dort nichts als Gras.
     
    Von Rowenas Räumlichkeiten führte ein breiter Korridor zu der fast nie genutzten Bibliothek von Klive; dort hatten sich gewisse Mitglieder der Aristokratie, die der Jagd nicht zugetan waren, eingefunden, um einen Gegenstand fortwährender Irritation für sie alle zu besprechen. Das Vize-Oberhaupt von Klive war Stavengers jüngerer Bruder, Figor. Als er vor einigen Jahren einen Jagdunfall erlitten hatte, die sich in jeder Jagdsaison zuhauf ereignen, hatte Figor die Jagd mit den Hunden aufgegeben. Deshalb kümmerte er sich in der Jagdsaison um die Verwaltung der Estancia, während Stavenger anderweitig engagiert war. An diesem Tag traf Figor sich mit Eric bon Haunser, Gerold bon Laupmon und Gustave bon Smaerlok. Trotz seiner Behinderung war Gustave noch immer Obermun bon Smaerlok, das Oberhaupt der Familie Smaerlok; Eric bon Haunser und Gerold bon Laupmon waren jedoch Söhne der jeweiligen Familienoberhäupter, die auch an der Jagd teilnahmen.
    Das Quartett versammelte sich an einem großen rechteckigen Tisch in einer Ecke des trübe
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