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Monschau und das Monschauer Land

Monschau und das Monschauer Land

Titel: Monschau und das Monschauer Land
Autoren: Christoph Wendt
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beköstigen und bei Dunkelheit stündlich eine Glocke zu läuten.
    So heißt es in einer alten Urkunde. „Reinard Hoff auf dem Vehn, vor zeiten haben allda gewohnt alte Leut umb Gottes willen, welche mit einer Glocken so da in einem baum gehangen nächtlicher Weil von Stund zu Stund müssen läuten, damit die reisende und passierende nit mögen im Vehn wegennebulen, schnee und anderen Wegs ungelegen und Gefährlichkeiten irrgehen und sich könnten erkennen durch das Läuten und also gelangen können zu der steinernen Brück, so geht über die Weßel usw …“
    Wenn also die Ansiedlung den Zweck hatte, Reisende zu betreuen, Weg und Steg in Ordnung zu halten, so könnte die erste Eremitenklause hier oben dem heiligen Reinhard gewidmet gewesen sein. Der 1073 gestorbene heilige Reinhard war Bischof von Lüttich und hatte sich zu seiner Zeit im Bistum Lüttich, zu dem damals auch Aachen und das Monschauer Land gehörten, besonders um Reisende, um Weg und Steg bemüht. Er galt damals als Schutzpatron der Reisenden. Immerhin die Einsiedlerklause im Hohen Venn war wohl im Kleinen so etwas wie die heute so berühmten Hospize vor allem an den großen Schweizer Alpenpässen, wie St. Bernhard, St. Gotthard, Grimsel oder Simplon.

    Reinartzhof, die Ruine „Unterhof“
    Möglicherweise kam das Ende der Tätigkeit zunächst der frommen Männer, der Begarden, als Folge der ständigen Fehden der Herzöge von Jülich mit der Stadt Aachen. Da die Begarden im Dienste der Stadt Aachen tätig waren, mögen sie den Jülichern ein Dorn im Auge gewesen sein. Und da man seinen Gegner am besten beim Geld treffen kann, gab es immer wieder räuberische Überfälle auf die Pilger, was zur Folge hatte, dass der Pilgerverkehr stark nachließ. Bei diesen Fehden wurde unter anderem auch die steinerne Brücke über die Weser zerstört und nicht wieder aufgebaut. Das mag mit dazu beigetragen haben, dass sich der Verkehr auf eine neue Wegroute weiter östlich in Richtung Roetgen verlagerte.
    Das Ende der segensreichen Tätigkeit der Eremiten oben am Rande des Kutenhardt-Venns bedeutete aber nicht das Ende der Siedlung. Zwar haben, so viel man heute weiß, die Begarden die Siedlung verlassen. Der Pilgerverkehr ließ daraufhin stark nach. Die verlassene Siedlung wurde dann von der landesherrlichen Regierung der Herzöge von Jülich als „Staatseigentum“ betrachtet und als sogenanntes Krongut verpachtet. Die neuen Bewohner wurden mit den gleichen Aufgaben betraut, wie sie bisher die Brüder versehen hatten. Sie mussten bedürftige Reisende beherbergen und bewirten und eine Glocke läuten. In einem Pachtbrief von 1512 zwischen dem Herzog von Jülich und einem Peter Dießen „nebst seiner ehelichen Hausfrau“ wurde dem Pächter ausdrücklich für die Dauer der 30-jährigen Pachtzeit auferlegt, allen Reisenden und Pilgern Herberge zu geben und warme „Pottspeiss“ zu verabreichen. Damals gab es erst einen, den Oberhof von Reinartzhof, der sich somit aus der Eremitenklause entwickelt haben dürfte.
    1556 wurde ein zweiter, der Unterhof, gebaut, beide Höfe hatten 1581 das Schicksal, durch spanische Truppen niedergebrannt zu werden.
    Als 1815 die preußische Verwaltung für das Monschauer Land und damit auch für Reinartzhof zuständig wurde, kam es zu der paradoxen Situation, dass der Oberhof des Weilers der Gemeinde Mützenich zugeschlagen wurde, der kaum 100 m entfernt gelegene Unterhof der Gemeinde Konzen. Das war letztlich allerdings die konsequente Fortsetzung der seit dem Mittelalter bestehenden Grenze hier oben zwischen Aachen und Limburg-Jülich. Kirchlich gehörten beide Höfe schon seit jeher zu Roetgen, wohin die Kinder auch zur Schule mussten. Auch der Dialekt, den die Menschen dort oben gesprochen haben, war der von Roetgen.
    Die große Zeit von Reinartzhof war indessen vorbei. Zwei Familien, Neiken und Braun, lebten zuletzt dort in der Einsamkeit, in der ihre beiden Höfe nur über einen abenteuerlichen Weg von Roetgen her erreichbar waren. Um diese Zeit, Ende des 19. und Anfang des 20, Jahrhunderts, wurde der Oberhof nicht nur als Landwirtschaftsbetrieb, sondern auch als Gasthaus geführt, in dem Waldarbeiter und Torfstecher, Jäger und Fuhrleute einzukehren pflegten.
    Diese Situation änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg, als das gesamte Land westlich der sogenannten Vennbahn und damit auch Reinartzhof 1920 an Belgien fielen und nun zur Stadt Eupen gehörten. Die Zufahrt war nun noch komplizierter als von Roetgen her, wo nun ein
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