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Monschau und das Monschauer Land

Monschau und das Monschauer Land

Titel: Monschau und das Monschauer Land
Autoren: Christoph Wendt
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Rote Meer. Weder vom Schwarzen noch vom Gelben oder dem Weißen Meer sind solche Ereignisse überliefert. Doch in einigen Frühlingswochen können Wanderer im Monschauer Land, genau genommen sogar in der Stadt Monschau, trockenen Fußes ein goldenes Meer durchschreiten, stundenlang. Es ist ein geradezu unübersehbares Meer, das von Millionen Blüten wilder Osterglocken, der hier vorkommenden gelben Narzisse, gebildet wird.
    An einigen wenigen Stellen in Europa gibt es dieses goldene Blütenwunder im Frühjahr, vor allem in den französischen Vogesen, im nordenglischen Lake District und in den Pyrenäen. Aber nirgends blühen die Osterglocken so zahlreich, bedecken sie über viele Quadratkilometer die Talwiesen wie im weiten Umkreis um Monschau.
    Für die Nordeifel und das angrenzende belgische Gebiet in den Gemeinden Büllingen und Bütgenbach gehört die Blütezeit der wilden Narzissen zu den Hochzeiten des Fremdenverkehrsjahres. Presseveröffentlichungen über das goldene Blütenwunder, Fernsehberichte und mehr und mehr auch vonseiten der Naturparkverwaltung des Naturparks Nordeifel-Hohes Venn angebotene Exkursionen in die Narzissentäler haben dazu geführt, dass sich zwischen Ende März und Anfang Mai unzählige Besucher hier einfinden, die das Wunder erleben wollen. Mancher Pfarrer könnte angesichts schwindender Teilnehmerzahlen bei Fronleichnamsprozessionen geradezu neidisch werden, wenn er im Frühjahr die unzähligen Einzelwanderer, Familien, Gruppen sehen würde, die sich in die Täler von oberer Rur, oberem Perlenbach und Fuhrtsbach aufmachen und das goldene Meer durchschreiten wollen.
    An manchen Stellen, so in den Monschauer Stadtteilen Höfen und Kalterherberg, führen offizielle Narzissenwegweiser zu großen, ausgewiesenen Narzissenparkplätzen. Da parken natürlich keine Osterglocken, sondern die Fahrzeuge der Wanderer, die von hier aus hübschen hölzernen Wegweisern mit der goldenen Narzissenblüte in die Täler hinunter zu den Narzissenwiesen folgen.
    In diesen Tälern mag der Besucher unwillkürlich an die berühmten Blumenfelder Nordhollands etwa um den Keukenhof erinnert werden. Zwar fällt der Blütenreichtum von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus, doch vor allem im oberen Rurtal und im oberen Perlenbachtal kann man die Wege nicht verlassen (was man aus Naturschutzgründen ohnehin nicht darf), ohne Gefahr zu laufen, die goldgelben Blütenkelche zu zertreten. Hunderte, Tausende, insgesamt Millionen Blüten bilden einen einzigartigen, leuchtenden Teppich, der sich links und rechts der Bachläufe weit in die Hänge hinaufzieht, soweit sie offenes Wiesengelände bieten.
    Natürlich ist dieses Blütenwunder ein Geschenk der Natur, die Narzissenzwiebeln sind nicht vom Menschen in den Boden gelegt worden. Trotzdem ist es Menschenwerk, dass sich dieses Blütenspektakel Jahr für Jahr wiederholen kann.
    Jahrhundertelang wurden die Talwiesen in den Narzissentälern von den Bauern der umliegenden Dörfer Höfen und Kalterherberg landwirtschaftlich genutzt. Infolge des Rückgangs der Landwirtschaft in den Dörfern lagen die Talwiesen ungenutzt, wurden mit Fichten bepflanzt.
    Die wuchsen schnell, bedeckten den Boden mit ihren Nadeln und ließen kein Licht mehr durchkommen. Die Narzissenpracht war dahin, jedenfalls dort, wo die Fichtenkulturen nun in Reih und Glied standen.

    Wildnarzissen im Perlenbachtal
    Die Rettung kam buchstäblich in letzter Minute. Engagierte Naturschützer, insbesondere Loki Schmidt, die Ehefrau des früheren Bundeskanzlers, konnten erreichen, dass 1979 zunächst im Oleftal Grundstücke für Naturschutzzwecke gekauft werden konnten, auf denen die für die Narzissen tödlichen Jungfichtenbestände entfernt wurden. Ab 1987 stieg dann die Nordrhein-Westfalen-Stiftung in das Rettungsprogramm ein. Mit Unterstützung der Forstbehörden, des Deutsch-Belgischen Naturparks, der deutschen und belgischen Naturschutzverbände, der Stadt Monschau und der belgischen Gemeinde Bütgenbach, des Eifelvereins und Studenten der Universität Bonn konnten nach und nach immer mehr gefährdete Grundstücke in den Tälern vor allem des Perlenbachs gekauft oder getauscht und entfichtet werden. Ohne diese Rettungsaktion gäbe es die wilden Osterglocken heute nur noch in kleinen, abgelegenen Tälern. Ein goldenes Meer indessen, das man durchwandern könnte, gäbe es nicht mehr.
Ein Bauernkrieg im Hohen Venn
    Manchmal liegen sich zwei Dörfer fast in Sichtweite gegenüber, aber die Bewohner kennen sich kaum,
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