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Monschau und das Monschauer Land

Monschau und das Monschauer Land

Titel: Monschau und das Monschauer Land
Autoren: Christoph Wendt
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Strohdach in einem Monschauer Dorf zu finden sein, da die Zeit der echten Strohdächer längst unwiderruflich vorbei ist.
    Einst waren sie die Dächer auf den Hütten armer Bauern in kleinen Dörfern wie der Eifel, heute sind sie vielfach zum Statussymbol jener Wohlhabenden geworden, die es sich leisten können, nahe der Großstadt auf dem Lande zu leben und sich ein Haus ganz nach ihren Wünschen zu bauen, die Weichdächer. Von Strohdächern sprach man früher im Binnenland, Reetdächer gab es nur im Küstenbereich. Das ist anders geworden. Stroh hat man im Kopf, auf dem Dach ist Reet, sagt man selbstbewusst in den Kreisen der Reetdachdecker Norddeutschlands. Die Behördensprache kennt da keinen Unterschied. In den Bauordnungen der Länder, in den Versicherungsbedingungen der Gebäudeversicherer ist nur von Weichdächern die Rede.

    Reetdach in Höfen
    Im Küstenbereich an Nord- und Ostsee, in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, in den Stadtrandgebieten von Hamburg und Bremen sind Reetdächer nach wie vor nichts Besonderes. Hier galt ein Reetdach nie als Ausweis der Armut, war man nie bestrebt, sein Haus mit einem Hartdach zu versehen, sobald man sich das leisten konnte. Ein Gang durch norddeutsche Freilichtmuseen wie Cloppenburg zeigt, dass auch die wohlhabendsten Bauern die Dächer ihrer Höfe ganz selbstverständlich mit Reet eindecken ließen. Ganz anders im Binnenland. Die Häuser im Rheinischen Freilichtmuseum Kommern etwa beweisen, wie mit wachsendem Wohlstand das Stroh, mit dem im Rheinland früher die Bauernhäuser vielfach gedeckt waren, hartem Material weichen musste, Schiefer oder Pfannen. Natürlich sind heute auch in Freilichtmuseen, die weit weg von der Küste liegen, alte Bauernhäuser nicht mehr mit Stroh gedeckt, mag das für denunkundigen Besucher auch so aussehen, sondern mit Reet, mit Schilf also. Und wo immer in den Monschauer Dörfern in den letzten Jahrzehnten Strohdächer erneuert werden mussten, und der Besitzer das Weichdach behalten wollte oder wo ein Bauherr sein neues Haus mit einem Weichdach versehen lassen wollte, wird nirgends mehr Stroh verwendet, sondern nur noch Reet oder Riet, wie in manchen Gegenden gesagt wird.

    Reetgedecktes Fachwerkhaus in Widdau
    Der Grund ist einfach: Es gibt kein Stroh mehr, das man zum Dachdecken gebrauchen könnte. Zum Dachdecken konnte man nicht jedes Stroh verwenden. Handgedroschen musste es sein und Roggenstroh sollte es sein. Wenn dann das Roggenstroh noch von einem im Vorjahr erst umgebrochenen, bis dahin landwirtschaftlich noch nicht genutzten Ackerstück kam, umso besser. Auf solchem Acker, der nur durch die Asche des ursprünglich darauf wachsenden und abgebrannten Grases gedüngt war, blieb der Roggen zwar niedrig, das Stroh war aber sehr zäh, weil es langsam wuchs. Überhaupt lieferte Roggen von allen heimischen Getreidearten das härteste Stroh. Handgedroschen aber musste das Stroh sein, weil bei dieser Dreschart der Dreschflegel nur die Ähren traf, nicht aber die Halme verletzte. So konnte an den unverletzten Halmen, die fachgerecht auf einem Dach aufgebracht waren, auch die größte Menge Regenwasser ablaufen, ohne durch das Dach ins Innere des Hauses einzudringen. War das Stroh aber durch eine Dreschmaschine gegangen, die es ohnehin heute kaum noch gibt, waren die Halme vielfältig zerquetscht, saugten sich bei Regenwetter voll Wasser und ließen das Wasser nach und nach durchsickern. Die künstliche Düngung, die heute bei den meistenGetreideäckern aufgebracht wird, tut ein Weiteres, das Stroh ungeeignet zum Dachdecken zu machen, selbst wenn es mit der Hand ausgedroschen wäre. Kunstdünger lässt das Stroh auf dem Dach wesentlich schneller verfaulen.
    Diese Probleme kennt man bei einem Reetdach nicht. Das Material ist von Natur aus härter, verwittert nicht so schnell wie Stroh, und bei der Gewinnung werden die Halme nicht verletzt. Dennoch wissen auch die Besitzer von Reetdachhäusern ein Lied davon zu singen, dass ein solches Dach immer ein Sorgenkind ist. Das beginnt bei einem Neubau mit dem Genehmigungsverfahren. In Ortszentren, wo Haus an Haus steht, werden Weichdächer nicht genehmigt. Aus Feuerschutzgründen müssen Mindestabstände zum nächsten Haus eingehalten werden. Machen also in vielen Fällen ein zu knapp bemessenes Grundstück oder eine zu dichte Bebauung in der Nachbarschaft es manchem Bauherrn unmöglich, sein neues Haus mit einem Reetdach zu versehen, können die Versicherungsprämien in
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