Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Moloch

Titel: Moloch
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
Vom Netzwerk:
meint ihr Leben, doch dann verstehe ich. Sie hat gehackt. Der Bildschirm zeigt acht alte Gesichter und das Foto des Typen, der meine Enkelin überfallen hat.
    Ich setze mich und fühle meine Kräfte zurückkehren. »Ich auch nicht«, erwidere ich, womit ich meine, dass ich nichts Verwertbares bei SecureIT entdeckt habe. »Es… äh… überrascht mich ein wenig, dass Sie das so offen machen.«
    »Soll das ein Witz sein? Wir leisten unseren bescheidenen Beitrag, um Silhouette zu schnappen. Ich würde dazu jede Hilfe annehmen.«
    Ihr Bildschirm ist genau auf die Überwachungskamera ausgerichtet. Ich muss lächeln.
    »Sie sind klug«, sage ich.
    »Ach, wirklich? Als hätte ich das nicht schon vorher gewusst.« Sie sieht mich an, als wäre ich der letzte Depp.
    Ich mag sie. »Hat Ihnen das sonst irgendjemand in letzter Zeit gesagt?«
    Sie nickt, akzeptiert meine Aussage. »Die meisten Leute interessiert es einen Scheiß, wer man ist, solange man zahlen kann.«
    »Haben Sie irgendwelche Angehörigen?« Ich beuge mich erwartungsvoll vor. Es interessiert mich wirklich.
    »Nein.« Sie bewegt nur die Lippen, lautlos, und atmet durch die Nase. »Dafür habe ich Besitz.«
    »Tatsächlich.« Ich verstehe und hebe fragend die Brauen, was heißen soll: Warum müssen Sie dann hacken?
    Mandy interpretiert meine Mimik richtig. Sie beantwortet meine Frage, ohne sie erst hören zu müssen. »Hält das Gehirn in Schuss«, sagt sie. »Ist besser, als mit Teddybären zu reden.«
    »Wenigstens haben Sie eine kluge Person, mit der Sie sich unterhalten können.«
    »Wen?« Sie dreht sich herum. Ihre Stimme trieft vor Hohn in Erwartung eines selbstgefälligen Kommentars.
    Ich beuge mich erneut vor. »Sich selbst.«
    »Oh.« Sie schlägt die Augen nieder, und endlich lächelt sie. »Yeah, okay, ich bin klug. Danke. Möchten Sie einen Whisky, wenn Sie schon mal hier sind?«
    »Das wäre großartig.«
    »Ein paar weitere Monate Neurobic und eine Halbjahresration PDA werden die Neuronen, die Sie damit zerstören, schon wieder ersetzen.«
    »Vielleicht bin ich bis dahin tot«, erwidere ich. Nicht sonderlich witzig.
    Sie kehrt mit dem Glas zurück. »Das will ich nicht hoffen. Hier.«
    Danach erzählt sie mir, dass sie Land in Goa gekauft und mit einem traumhaften Gewinn wieder verkauft hat. Als sie Ende zwanzig war, hat sie in Breitbandkabel investiert, um vom Nackttanzen wegzukommen. Sie ist tatsächlich früher einmal Nackttänzerin gewesen. Das Einzige, was ich sonst noch aus ihr herausbekomme, ist, dass sie mit ihrer Mutter in einem Wohnwagen gelebt hat. Irgendwann lernte ihre Mom einen Autohändler kennen, und sie zogen nach Jersey in einen kleinen Bungalow. »Da habe ich mich immer in meinem Zimmer verkrochen und Ballerspiele auf dem Video gespielt. Ich habe mir vorgestellt, ich würde auf meinen Stiefvater schießen.«
    »Ich sollte jetzt lieber gehen und nachsehen, ob sie Jazza gefunden haben«, sage ich schließlich.
    Mandy nickt. Wir stehen auf.
    »Es ist wirklich cool, wie sehr Sie sich nach all den Jahren noch immer um ihn kümmern«, sagt sie.
    »Er ist ein Teil meines Teams«, erwidere ich.
    »Machen Sie sich nichts vor. Er ist Ihr einziges Teammitglied.« Aber sie sagt es auf eine wirklich nette Art. 

 
     
    Am nächsten Morgen finde ich eine Mail auf meinem TV.
    Der Junge hat sie mir geschickt. Er schreibt, sie hätten Mr. Novavita in einem Greyhound-Bus auf dem Weg nach Maryland in den Süden gefunden.
    Jazza hat seit seiner Kindheit nicht mehr in Maryland gelebt, seit seine Eltern nach Jersey gezogen sind. Wie, zum Teufel, ist er auf diese Idee gekommen?
    Sie bringen ihn gegen Mittag zurück ins Heim, und er sieht so aus, als hätte die Nacht ihm schwer zugesetzt. Dunkelrote Wangen, braune Altersflecken, das volle graue Haar zu schmierigen Strähnen verklebt. Nein, es liegt nicht an der Nacht. So sieht Mr. Novavita mittlerweile nun mal aus, was ich immer wieder vergesse. Aber er kann immer noch auf Bäume klettern.
    »Er wird gut«, sagt der Junge. »Er wird schlafen.«
    Auf dem Tisch liegt Jazzas Brille, und wieder steigt ein flüchtiger Gedanke in mir auf, eine unbestimmte Ahnung. »Hat er die getragen?«, frage ich.
    Ich setze sie auf. Sie hat einen Transcoder, der in einen der Bügel integriert ist. Ein Stück Hightech. Das Ding ist höher entwickelt als meins. Die Arme des Jungen sind von einer leuchtenden Aura umgeben.
    Ein Infrarotsichtgerät. Für nächtliche Ausflüge?
    Ich gehe zu meiner Gang in die Bar. Wir alle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher