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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche
Autoren: Tom Sharpe
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die unwahrscheinlichste Art und Weise aus einer Höhle hervorzuwachsen schien. Els stieg vom Pferd und dachte über die Lage nach, während die Dobermannpinscher feindselig knurrten und die Fuchshunde ihr Herrchen mit einer Zuneigung begrüßten, die nicht erwidert wurde. Mit tollkühner Verachtung von Leib und Leben mischte sich Els unter die Meute und spähte in den Dornenstrauch. Einen Augenblick später hallte sein »Gefunden« von den Klippenwänden wider.
    In seinem Versteck erkannte Colonel Heathcote-Kilkoon den Ruf, und die Stimme hatte etwas ihm Vertrautes. Hoffnung wogte in seiner Brust. Wenn das da draußen Forebode war, dann war er sicher. Langsam schob er den Dornbusch nach vorn, um hinauszukriechen, wurde aber sofort von drei Dobermännern davon abgebracht, die sich mit gefletschten Zähnen in die Bresche stürzten. Der Colonel zog den Busch wieder zurück und versuchte zu rufen, aber seine Worte gingen im Lärm der Meute unter.
    Wachtmeister Els setzte sich draußen auf einen Felsen und zündete sich eine Zigarette an. Er hatte keine Eile. Darf ihn nicht erschießen, dachte er, sich an das unbedingte Veto des MFH gegen das Abschießen von Füchsen erinnernd; was ich brauchte, wäre ein Terrier. Er sah sich nach einem geeigneten Ersatz um. Wenig später kletterte er zwischen den Felsen auf der einen Seite der Klippe herum. Das war Schwerarbeit, und die Sonne stand schon hoch. Els brauchte eine halbe Stunde, ehe er fand, wonach er suchte. Aber schließlich fing er eine große Schlange, die sich auf einer Felsenleiste sonnte. Sie am Schwanz haltend stieg er wieder zur ebenen Erde hinab, wo die Hunde ängstlich vor ihm zurückwichen. Els schleuderte die Schlange kichernd in den Dornbusch und beobachtete, wie sie ins Dunkle glitt. Eine Sekunde darauf ergriff den Strauch ein krampfhaftes Zittern, dem ein Schrei folgte, während der korsettierte Colonel aus seinem Bau hervorbrach und über das Geröll hinweg unter die Bäume sauste. »Packt ihn!« schrie Els und sah lächelnd zu, wie die Hunde dem Colonel nachsetzten. Blöder Kerl, dachte er, er sollte doch wissen, daß Ringelnattern harmlos sind. Geschrei und Geknurre aus dem Dickicht markierten das Ende der Jagd, und Els drängte sich zwischen die Hunde und zog sein Messer.
    Für Kommandant van Heerden, der nach White Ladies zurücktrabte, war der Anblick, der sich ihm dort bot, von einem Schmerz erfüllt, den er nie vergessen würde. Er ließ ihn an die Heldinnen in den Büchern des Autors denken, dessen Porträt einst die Wand des Eßzimmers geschmückt hatte. Gewiß, Mrs. Heathcote-Kilkoon war kein schlankes Mädchen, und der Zauber, der sie umschwebte, war durch und durch faul, aber diese Abweichungen bedeuteten nichts gegenüber dem Anblick tragischen Schmerzes, den sie bot. Kommandant van Heerden ließ das Pferd am Tor stehen und ging über den kiesgestreuten Vorplatz zu ihr. Erst im dem Augenblick hob Mrs. Heathcote-Kilkoon ihr gefärbtes Haupt.
    »Er ist weg, beerdigt…«, begann sie, während Tränen ihr reizendes Antlitz entstellten. Kommandant van Heerden blickte auf den Leichnam neben ihren Füßen und schüttelte den Kopf.
    »Es ist nicht Berry, Daphne. Boy«, murmelte er. Aber Mrs. Heathcote-Kilkoon war offenbar zu tief in ihrem Gram versunken, um ihn zu hören.
    » Mein liebster Schatz… «, heulte sie, warf sich auf die Erde und scharrte in der Asche. Der Kommandant kniete sich neben sie und schüttelte wieder traurig den Kopf.
    »Sie sind weg für immer, mein Liebling«, flüsterte er und war über den neuen Schmerzanfall erstaunt, der ihren Körper erschütterte. Er verfluchte sich wegen seines fehlenden Taktgefühls, das ihn ausgerechnet in so einem Augenblick zu einem Kosewort hatte greifen lassen, und nahm ihre Hand in seine.
    »Sie sind in einer besseren Welt«, sagte er und blickte in ihre unergründlichen, grauen Augen. Mrs. Heathcote-Kilkoon stieß ihn herrisch von sich.
    »Du lügst«, schrie sie, »das ist nicht möglich. Sie sind alles, was ich habe«, und ohne Rücksicht auf ihre zarten Hände grub sie in dem Schutt. Von Gefühlen überwältigt, kniete der Kommandant neben ihr und sah ihr zu.
    Er hielt noch immer standhaft Wache, als Els auf seinem Gaul angeritten kam und etwas in der Hand schwenkte.
    »Ich hab’ ihn, ich hab’ ihn«, rief er triumphierend und stieg ab. Kommandant van Heerden sah ihn durch tränenverschleierte Augen düster an und gab ihm mit einem Wink zu verstehen, daß er verschwinden solle. Aber Els
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