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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche
Autoren: Tom Sharpe
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Kommandant.
    »Wie klug von Ihnen, daran zu denken«, sagte der Bürgermeister, »meine Frau wird es mit Erleichterung vernehmen.«
    Unter ihnen leuchteten die Dächer in der Nachmittagssonne. In der Blütezeit des Britischen Empire erbaut, besaß die winzige Metropole noch immer einen Anflug ehemaliger Pracht. Das Rathaus, rote Backsteingotik, ragte über dem Marktplatz auf, während auf der gegenüberliegenden Seite der Oberste Gerichtshof seine klassische, feierlichsteife Miene bewahrte. Hinter dem Bahnhofsgebäude lag Fort Rapier, einst Hauptquartier der britischen Armee und mittlerweile Irrenanstalt, äußerlich unverändert da. Patienten schlurften über den großen Exerzierplatz, auf dem einst zehntausend Mann herummarschiert waren und Linksschwenkt-Marsch gemacht hatten, ehe sie zur Front aufgebrochen waren. Der Gouverneurspalast war in ein Lehrerseminar verwandelt worden, und Studenten sonnten sich nun auf den Rasenflächen, die einstmals der Schauplatz von Gartenparties und Empfängen gewesen waren. Für Kommandant van Heerden war das alles sehr verwirrend und traurig, und er fragte sich soeben, warum die Engländer ihr Empire eigentlich so einfach aufgegeben hatten, als der Hubschrauber über der Polizeikaserne sein Tempo drosselte und langsam herunterging.
    »Fabelhaftes Publikum«, sagte der Bürgermeister und zeigte auf die Reihen angetretener Polizeiwachtmeister auf dem Paradeplatz unter ihnen.
    »Da haben Sie sicher recht«, sagte der Kommandant, aus den vergangenen Herrlichkeiten in die triste Gegenwart zurückgerufen. Er sah auf die fünfhundert Mann hinunter, die vor einer Ehrentribüne aufmarschiert waren. Es war zweifellos nichts Großartiges an ihnen, auch nicht an den sechs Panzerwagen, die in einer Reihe hinter ihnen parkten. Als der Hubschrauber unsanft auf den Boden geplumpst war und seine Rotorblätter endlich sich zu drehen aufhörten, half der Kommandant dem Bürgermeister heraus und geleitete ihn zu der Tribüne. Die Polizeikapelle stimmte einen schmissigen Marsch an, und neunundsechzig Wachhunde knurrten und sabberten unterdessen in mehreren Eisenkäfigen herum. Sie waren für die Gelegenheit von den schwarzen Häftlingen geräumt worden, die normalerweise in sie gepfercht auf ihre Prozesse warteten.
    »Nach Ihnen«, sagte der Kommandant am Fuß der Treppe, die auf die Tribüne führte. Oben stand ein langer, dünner Luitenant und hielt einen besonders riesenhaften Dobermann an der Leine, dessen Zähne, wie der Bürgermeister voll Schreck bemerkte, zu so etwas wie einem festgeschraubten Knurren gefletscht waren.
    »Nein, nach Ihnen«, sagte der Bürgermeister.
    »Ich bestehe darauf. Nach Ihnen«, sagte der Kommandant.
    »Hören Sie zu«, sagte der Bürgermeister, »wenn Sie glauben, ich lege mich wegen dieser Treppe mit dem Dobermann dort an… «
    Kommandant van Heerden lächelte.
    »Keine Bange«, sagte er, »der ist ausgestopft. Das ist die Preistrophäe«. Er stampfte zum Podium hinauf und schob den Dobermann mit dem Knie beiseite. Der Bürgermeister folgte ihm und wurde dem dünnen Luitenant vorgestellt.
    »Luitenant Verkramp, Leiter der Sicherheitsabteilung«, sagte der Kommandant.
    Luitenant Verkramp lächelte kühl, und der Bürgermeister nahm Platz in dem Bewußtsein, eben einem Vertreter von BOSS, dem Bureau of State Security, begegnet zu sein, dessen Ruf, Verdächtige zu foltern, einmalig und unerreicht war.
    »Ich halte nur eine kurze Ansprache«, sagte der Kommandant, »dann können Sie die Trophäe überreichen«. Der Bürgermeister nickte, und der Kommandant ging ans Mikrofon.
    »Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, Beamte der Südafrikanischen Polizei«, brüllte er, »wir haben uns heute hier versammelt, um den Helden der südafrikanischen Geschichte unsere Achtung zu erweisen und insbesondere das Andenken des verstorbenen Wachtmeisters Els zu ehren, dessen tragischer Tod Piemburg unlängst eines seiner hervorragendsten Polizisten beraubt hat.«
    Die durch das Lautsprechersystem verstärkte Stimme des Kommandanten dröhnte über den Exerzierplatz weg und verlor dabei jede Spur der Bedenken, die jener beim Nennen von Els’ Namen empfand. Es war Luitenant Verkramps Idee gewesen, den ausgestopften Dobermann als Preis zu verleihen, und der Kommandant, froh, dieses Vieh aus seinem Büro entfernt zu sehen, hatte zugestimmt. Nun vor die Aussicht gestellt, den toten Els in den Himmel heben zu müssen, war er nicht mehr so sicher, daß es eine kluge Entscheidung gewesen
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