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Moerderjagd

Moerderjagd

Titel: Moerderjagd
Autoren: Manuela Lewentz
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herrlicher Sommerabend, viel zu schade, um ins Bett zugehen.
    Ob er noch kurz vorbeikommen könne, wollte er wissen, er müsse mit jemandem reden. Zögerlich bin ich auf seinen Wunsch eingegangen. Nach dem Anruf war ich nervös. Hatte mir schnell noch die Lippen umrandet, die Haare gekämmt, ein frisches Shirt übergezogen, Rotwein aus dem Keller geholt, etwas Brot und Käse auf den Tisch gestellt und eine Kerze. Kaum zwanzig Minuten später stand Manfred vor mir. Er sah aus wie ein begossener Pudel, tat mir unendlich leid.
    Wir tranken Rotwein, redeten, blickten uns hin und wieder in die Augen.
    Gegen halb zwei setzte sich Manfred neben mich auf die Holzbank. Ich wollte es so.
    Meine Hand wanderte wie von alleine auf sein Bein, streichelte hin und her. Wir blickten uns wieder in die Augen – lange, sehr lange. Dann beugte ich mich vor, berührte seine weichen Lippen. Nur sein Dreitagebart ließ mich kurz zusammenzucken. Dann vergaß ich alles um mich herum, und wir küssten uns innig.
    Wann wir hoch ins Schlafzimmer gegangen sind, keine Ahnung. Ist aber auch egal, jedenfalls für mich.
    Manfred sieht das auch so. Jil wird nie etwas davon erfahren, niemals! Das haben wir uns geschworen.
    Als Jil einmal sagte, Manfred sei ein toller Liebhaber, wollte ich ihr nicht glauben. In dieser Nacht überzeugte ich mich vom Gegenteil.
    Nein, es hatte nichts mit Liebe zu tun, wirklich nicht. Vielmehr mit Lust, Einsamkeit … Gelegenheit? Wer weiß das so genau hinterher zu sagen? Sie vielleicht?
    Nein, es soll keine Entschuldigung für mein Verhalten sein, und Jil gegenüber schäme ich mich auch, habe Angst vor der nächsten Begegnung mit ihr, wirklich!
    Der Geburtstag steht kurz bevor, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Am liebsten würde ich aussteigen und wegfahren, ganz weit weg. Damit würde ich aber niemandem helfen. Jil nicht, mir am allerwenigsten.
    Manfred blieb am nächsten Morgen noch bis zum Mittag. Wir haben nicht über Jil gesprochen, zuerst jedenfalls nicht. Die Situation war, wie sie war. Jetzt konnten wir auch die wenige Zeit noch genießen, die uns blieb.

14. August
    Schuster
    Unser Sankt Goarshausen ist von Touristen überlaufen, wie jedes Jahr an Rhein in Flammen. Gestern hatte noch der Bürgermeister angerufen, sich Gedanken gemacht um die Großveranstaltung.
    Doktor Rupp war beliebt. Seine junge Frau hat mir heute berichtet, mit den beiden Kindern wegziehen zu wollen. Sie habe sich nie richtig wohl gefühlt hier. Schade, wirklich!
    Das Haus sei hoch verschuldet, die Praxis ebenfalls.

    Befragung von Herrn Lorenz

    Er sah schlecht aus. Es war auch nichts anderes zu erwarten. Hansen und ich standen vor seinem Bett. Den Kopf drehte er zur Seite. Ich zog mir einen Stuhl heran, meine Tasche ließ ich achtlos auf den Boden gleiten.
    Es gab inzwischen ein weiteres Gutachten zum Mord an seiner Frau. Am Morgen hatte Doktor Gemmel uns darüber informiert, dass Frau Lorenz am Körper einige Hämatome hatte.
    Lorenz sprach ich direkt darauf an.

    »Ich habe Eleonora geschlagen. Ja, aber nur ein einziges Mal. Meine Nerven waren mit mir durchgegangen. Wir hatten uns gestritten, es ging um ihre Liebschaften. Das gebe ich auch zu. Ist ja auch egal jetzt. Alles scheint egal zu sein. Bin ich zu weit gegangen, Frau Augustin? Warum sehen Sie mich so an? Sagen Sie doch etwas, bitte!
    Sie wollte sich scheiden lassen. Das kleine Biest wollte mich verlassen, mit der Kleinen. Das müssen Sie sich mal vorstellen! Niemals konnte ich das zulassen. Ist doch zu verstehen, oder? Allein die Schande, die sie über mich gebracht hat seit ihrem Auszug …
    Sie sehen mich wieder so abweisend an. Ich kenne diesen Blick, Frau Augustin, Eleonora hat mich oft so angesehen. Das dürfen Sie nicht! Nein, das darf keine Frau mit mir machen, keine Frau!«
    Lorenz stützte sich auf die Ellbogen, richtete den Oberkörper nach vorn, drehte den Kopf zu Hansen und mir. Während ich immer noch auf dem Stuhl saß, ging Hansen im Krankenzimmer auf und ab.

    »Sie sind auch so eine wie Eleonora, eine, die es nicht wert ist zu leben!«
    Lorenz wurde rot im Gesicht, die Anstrengung war ihm anzusehen.
    »Rufen Sie doch Ihre Kollegen! Mir doch egal, Frau Augustin. Ich habe doch nichts mehr zu verlieren, ich nicht. Sie können von Glück sprechen, dass ich verletzt bin. Eines Tages sehen wir uns wieder, dann wird abgerechnet.«

    Hansen wollte etwas sagen, doch ich war bereits aufgesprungen. Er hielt plötzlich inne und sah mich mit aufgerissenen Augen an.
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