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Moerderjagd

Moerderjagd

Titel: Moerderjagd
Autoren: Manuela Lewentz
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nächsten Tag
    Herr Lorenz
    Das mit dem Vaterschaftstest ist mir doch unangenehm. Mein Anruf bei Frau Augustin hat nicht viel bewirkt. Sie besteht auf den Test und sprach ihren Unmut aus über mein Verhalten dem Kollegen Metzger gegenüber. Bei ihr wäre ich nicht so davongekommen. Warum sie dann nicht selbst gekommen sei, wollte ich wissen. Da war die Kommissarin einen Moment ruhig.
    Die Tasche habe ich nach dem Telefonat ganz automatisch gepackt, ohne groß nachzudenken. Wir hatten gerade Sommerferien, das war praktisch.
    Auf der Autobahn habe ich dann die Durchsage im Radio gehört. Gesucht wurde ein weißer BMW mit dem Nummernschild EMS-ML … Ich dachte in dem Augenblick, mich trifft der Schlag. Mein Auto wurde gesucht, von der Polizei.
    Der Radiosprecher wiederholte die Angaben und fügte noch nach, dass für sachdienliche Hinweise jede Polizeidienststelle bereitstünde. Eine Nummer wurde durchgegeben, bei der man direkt in Montabaur anrufen konnte. Am meisten getroffen hatte mich aber, dass der Mann im Radio von meinem Kind gesprochen hatte. Die Leute sollten in jedem Fall nur der Polizei einen Hinweis geben, wo mein Wagen gerade unterwegs war, auf keinen Fall aber versuchen, mich aufzuhalten. Man müsse an die Gesundheit des Kindes denken! So ein Schwein! Als würde ich der Kleinen etwas antun, niemals! Wie lange habe ich auf ein Kind gehofft, gewartet, Eleonora angebettelt, mir ein Kind zu schenken?

    »Frau Augustin ist es also ernst mit dem Vaterschaftstest. So ernst, dass sie mich wie einen Schwerverbrecher durch das Radio suchen lässt«, überlegte ich mir. Meine Hände klopften aufgeregt auf dem Lenkrad herum. Mir wurde schlecht, das alles überstieg meine Kräfte. Ich fühlte mich elend.
    Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, sind die Scheinwerfer, die mir entgegenkamen. Immer näher kamen sie, bis es plötzlich knallte und mein Körper mit Wucht erst nach vorn und dann nach hinten gedrückt wurde. Ich schmeckte Blut, das über meine Stirn zu meinem Mund floss. Es war mit einem Mal so still, schrecklich still. Die Kleine, was war mit der Kleinen? Ich konnte mich kaum bewegen. Die Augen zu öffnen fiel mir schwer. Dennoch quälte ich mich. Ich musste doch nachsehen, was mit der Kleinen war, die hinten auf der Rückbank in ihrem Kindersitz saß.
    Es war so still, schrecklich still!

    Ich kann seitdem die Stille nicht mehr ertragen. Sie quält mich, nimmt mir die Luft zum Atmen, den Raum zum Leben … diese Stille!
    Blut lief über mein Gesicht. Die Hände schmerzten, konnten das Blut nicht aus den Augen wischen. Mein Körper hörte nicht auf mich, bewegte sich nicht, gar nicht!
    Und dann diese Stille! Warum schrie die Kleine nicht? Was war bloß los?
    Eine Tür wurde aufgerissen. Jemand schrie, da liege ein totes Baby und ein schwer verletzter Mann. Mir wurde schwindelig, dann wurde es dunkel vor meinen Augen.

    Doktor Gemmel

    Das hasse ich an meinem Beruf am meisten, Kinder zu obduzieren. Kleine, unschuldige Kinder!
    Herr Lorenz war der Vater der Kleinen. Das konnte ich feststellen. Das Kind war durch die Wucht des Aufpralls gestorben. Der Kindersitz war richtig zusammengedrückt worden.
    Die anderen Männer brauchen nun nicht mehr zum Test zu kommen. Hat sich ja erledigt. Grausam das Ganze, wirklich. Herr Lorenz hatte alles zerstört, was ihm wichtig war. Menschen getötet, die er mit Sicherheit geliebt hatte. Zu sehr geliebt hatte, bis in den Tod?
    Die Hautpartikel unter den Fingernägeln von Eleonora Lorenz gehörten zu Herrn Lorenz. Sie hatte sich gewehrt. Dass keiner die Schreie der Frau gehört hatte? Gut, rund um den Friedhof stehen nicht viele Häuser, und es war Nacht, als die Tat geschah, aber trotzdem.
    Herr Lorenz hatte mit beiden Händen den Hals seiner Frau umklammert, muss wie ein Irrer zugedrückt haben.
    Mit den Daumen hatte er ihr den Kehlkopf eingedrückt. Lorenz hatte seiner Frau ins Gesicht gesehen bei seiner Tat. Ob er Freude verspürt hatte, Genugtuung? So etwas soll es geben, habe schon davon gehört. Traurig, wenn Sie mich fragen. Außerdem habe ich eine Reihe von Hämatomen an ihrem Körper entdeckt. Die Frau wurde geschlagen. Ebenso tragisch, wenn Sie mich fragen.
    Meine Frau hatte gestern wieder Theater gemacht, als der Anruf kam und ich weg musste, um die Kleine zu untersuchen. Ich fühle mich dann immer hin und her gerissen. Mein Job ist mir wichtig, davon leben wir ja auch ganz gut. Diese privaten Zerwürfnisse reiben mich langsam auf. Ich merke, dass ich fahriger
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