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Moerderjagd

Moerderjagd

Titel: Moerderjagd
Autoren: Manuela Lewentz
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sein.
    Nach dem Gespräch mit Bernd stand ich noch eine Weile an dem großen Fenster zum Garten, beobachtete einen Schmetterling, der über dem Teich kreiste. Wie unbeschwert und glücklich er zu sein schien.
    Warum war mir entgangen, dass mein Bruder solch große Probleme hatte und er bereit war zu morden? Ich hätte doch auf Paul einreden können, wenn ich denn von alldem gewusst hätte. Und diesen Arno Taun, ihn hätte ich aufgesucht und versucht, alles für meinen Bruder zu regeln. Als ältere Schwester ist das doch selbstverständlich.
    Ob meine Schwägerin etwas wusste?
    Das Pfeifen des Teekessels riss mich aus den Gedanken. Später saß ich mit der Teetasse in der Hand auf einem Gartenstuhl, genoss die Wärme der Nachmittagssonne und die Ruhe.
    Irgendwann war ich eingeschlafen. Als ich wach wurde, war es schon Abend. Irgendwo in der Nachbarschaft wurde gegrillt, es roch gut. Mein Bruder fiel mir wieder ein. Jener Abend, an dem er mich angerufen und geweint hatte. Klar habe ich mir Sorgen gemacht. Dachte, er habe wieder mal Streit mit seiner Frau. Warum hat er sich mir nicht anvertraut? Ausgerechnet den Paul zu ermorden … verrückt das Leben!
    Beim Entgegennehmen des Gesprächs wusste ich sogleich, es war etwas passiert. Seine Stimme klang weinerlich, traurig, später trotzig, wie die eines kleinen Jungen, der sich verteidigen möchte, um nicht bestraft zu werden.
    Ich überredete Mike, sofort zu mir zu kommen.
    Später saßen wir in meinem Wohnzimmer, beide einen Cognac in der Hand, mein Bruder mit verheulten Augen. Ich lief immerzu auf und ab. Heute frage ich mich: Hätte ich den zweiten Mord verhindern können, wenn ich nur fordernder gewesen wäre? Ihn davon hätte überzeugen können, sich mir anzuvertrauen? Gerade erst hatte ich die Nachricht vom Tod meines Mannes erhalten. Gut, es hatte mich nicht wirklich berührt oder umgehauen, trotzdem war ich durcheinander.

    »Zieh doch mal die Schuhe aus! Das Klappern deiner Absätze macht mich verrückt!« Mein Bruder war irgendwann aufgesprungen. Ich blieb stehen, starrte ihn an.
    Die alten Bilder … sie sind wieder so frisch, als sei alles erst gestern gewesen. Verdrängt hatte ich jenen Abend, das Gespräch, die Begegnung am nächsten Morgen mit der Kommissarin, die Tage danach, alles.
    Am Tag der Beerdigung stand der Sarg offen. Jeder konnte sich noch einmal von meinem Bruder verabschieden. Ich stand sehr lange an dem offenen Sarg. Sein Gesicht sah ruhig aus, zufrieden, schmerzfrei. Klar, er war ja auch tot!
    Bei der Beerdigung beobachtete ich meine Schwägerin. Sie weinte, ganz leise, schluchzte immer wieder in ein Taschentuch. Es war aus weißem Leinen.
    Sie saß alleine in der ersten Reihe. Die Kinder hatte sie nicht mitgebracht, sicherlich auch gut so.
    Mir war unwohl. Ich dachte, wie schön es ist, auf dem Land zu leben, Freunde zu haben, die hoffentlich den letzten Weg mit mir gehen werden.
    Jetzt freute ich mich auf Assisi, auf die Wärme und Ruhe. Eines Tages würde ich auch innerlich wieder frei sein, wieder anfangen zu malen.
    Diese Susi Rott hatte alles durcheinandergebracht. Nicht, dass ich um Paul trauerte. Nein, es war schon verrückt, sein Tod war mir nicht nahegegangen. Aber ohne seinen Tod wäre Mike noch am Leben. Obwohl die Krankheit … nein, lange wäre er nicht mehr hier gewesen …
    Traurig ging ich durch meinen Garten. Der Schmetterling war längst weggeflogen. Aus der Nachbarschaft hörte ich Musik, Menschen, die lachten. Es schien eine Gartenparty stattzufinden.
    Wie lange hatte ich keine Party mehr gegeben? Das sollte sich ändern, sobald ich aus Assisi zurück sein würde.
    Mein Blick fiel auf die Sonnenuhr, die mein Bruder mir aus Spanien im letzten Jahr mitgebracht hatte. Sie strahlte so viel Freude aus. »Genau wie du!«, hatte er mir gesagt. Anschließend hatte er mir die Sonnenuhr in die Hände gedrückt. So war er, mein Bruder.

    Elke

    Mir war es ganz unangenehm, als Jil heute anrief. Sie wollte mit mir einkaufen fahren, für ihren Geburtstag, ein Kleid.
    Ich muss die ganze Zeit über an Manfred denken, eigentlich ist das nicht meine Art. Manfred hat mich so zum Lachen gebracht, heute Morgen beim Frühstück auf meiner Terrasse. Er hatte extra Brötchen besorgt.
    Manfred kann witzig sein, charmant und im nächsten Moment ganz ernsthaft über ein Thema reden.
    Marmelade esse ich am liebsten auf meinem Brötchen, Erdbeermarmelade. So auch an diesem Morgen mit Manfred. Er fing plötzlich an zu lachen, sah mich an, stieg von
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