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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
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Zähnen machen lassen,
denn die Lücke zwischen seinen zwei vorstehenden Schneidezähnen war
verschwunden. Er trug einen blauen Pullover, der seine Augen betonte, und
Jeans, sein Regisseurskostüm. Produzenten — Geschäftsleute- trugen
Anzüge und Krawatten. Eine braune Wildlederjacke hing um Morts Schultern, und
eine Tweedmütze bedeckte seinen allmählich kahl werdenden Kopf. Er wirkte
einigermaßen gut im Schuß, nicht so dick wie letztes Jahr, als er ihr im
Lincoln Center über den Weg gelaufen war.
    »Ende der Ouvertüre«, sagte Sam. »Ah, die schöne
Leslie.«
    »Tag, Sam.« Sie wunderte sich, daß der Komponist
sich an sie erinnerte. Sie hatte nur ein einziges Mal ganz zu Anfang in einer
Show von ihm gearbeitet, und er war sehr nett gewesen. In New Haven hatte er
ihr nach der Show einen Drink ausgegeben und komische Geschichten aus dem
Showbusineß erzählt. Und er war reizend gewesen, als sie ihn abgewiesen hatte.
    Doch jetzt gab er sich nicht charmant. »Bist
nicht gerade wählerisch in deinem Umgang.« Sams Feindseligkeit war giftig.
    Mort drängte sie vom Klavier weg, unzufrieden,
ihre Aufmerksamkeit teilen zu müssen, selbst wenn es sich um Sam handelte. »Er
ist sauer wegen Dilla«, flüsterte Mort so laut, daß Sam es hören konnte. »Hat
Angst, daß es der Show schadet.«
    Wetzon unterdrückte die Antwort, die ihr auf der
Zunge lag: »Du nicht?« Sam hatte seit gut fünf Jahren keine Partitur für ein
Musical mehr geschrieben. So etwas wie eine Schreibhemmung. Er hatte zwei
Nervenzusammenbrüche gehabt, gefolgt von einem Aufenthalt in der
Betty-Ford-Klinik wegen Drogenmißbrauchs. Sein Berufsweg war eine Landkarte aus
Tälern und Gipfeln, zwei Shows, die Hits waren — Megahits — und drei Flops,
dann Jahre, in denen er nicht zur Ruhe kam. Hotshot sollte seine
erfolgreiche Rückkehr zur Broadwaybühne markieren.
    »...Geldsäcke«, wiederholte Mort in halb
verführerischem, halb stichelndem Ton.
    Wetzon war völlig verwirrt. »Wovon redest du,
Mort?«
    »Schatz, diese ganzen Börsentypen, die du kennst.
Interessiert sich keiner von denen für das theater?« Man konnte die Großbuchstaben hören.
    »Ein paar schon, klar.« Mort roch nach schalem
Gin und Obsession for Men. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu
lösen. »Worum geht es denn?«
    Zwei rosa Flecken zeichneten sich auf Morts
Wangen über dem grauen Bart ab. »Die Wahrheit ist, Leslie, und ich weiß, du
behältst das für dich...?« Erhieltinne. Die Frage hing zwischen ihnen.
    »Erster Akt, Liebeslied«, sagte Sam an und
stürzte sich in die Musik. Die Lautstärke war ohrenbetäubend.
    »Nun mach mal halblang, Mort«, protestierte
Wetzon. »Ich bin draußen. Wem sollte ich etwas erzählen, außer vielleicht
Carlos, und ich nehme an, daß er sowieso Bescheid weiß, worum es geht...?«
Jetzt war sie an der Reihe, eine Behauptung mit einem Fragezeichen zu versehen.
    Mort zuckte die Achseln und betrachtete seine
Bally-Slipper. Immer noch der stockkonservative Bauer, dachte sie. Du meine
Güte, er trägt keine Socken. Es ist eiskalt, und er trägt keine Socken.
    »Die Wahrheit ist, daß uns eine
Dreiviertelmillion fehlt.«
    »Was?« Wetzons Stimme übertönte Sams
Solovortrag.
    »Seht! Nicht so laut.« Mort warf einen
heimlichen Blick über die Schulter, dann ordnete er den Inhalt seines Slips vor
aller Augen. Auch das hatte sich nicht geändert. Es war wie ein nervöser Tick.
»Dilla hatte da nämlich einen an der Hand, der ihr heute nach der Probe den
Scheck geben sollte.«
    »>Zeig ihr deine heiße .45<«, sang Sam,
während er in die Tasten haute. Es war nichts Melodisches an dem komischen
Gassenhauer, wenigstens nicht so, wie Sam ihn herunterspielte. Über Wetzons
rechtem Auge begann es zu hämmern. Eine heftige Migräne kündigte sich an.
    »Warum kannst du das Geld nicht immer noch von
ihm bekommen? Sprich einfach mit ihm...«
    Morts Blick drückte tatsächlich Mitleid wegen
ihrer Dummheit aus. »Er war Dillas Investor.«
    »So? Buchstabiere es für mich, Mort. Ich bin
nicht besonders gescheit.«
    »Sie hat seinen Namen für sich behalten. Du
kennst doch Dilla. Jemand, der ihr etwas schuldig war, hat sie gesagt.«
    »Himmel, Dilla war schon eine Type.« Wetzon
fröstelte, und sie schlug die Arme zusammen und rieb sie, um warm zu bleiben.
»Vielleicht gibt er sich zu erkennen.«
    »Äußerst unwahrscheinlich. Und wir können nicht
warten. Wir haben gerade noch soviel, daß wir nach Boston fahren können. Wir
haben einen anständigen
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