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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
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Zuckende Bündel nervöser Energie.
    Wellen der Hysterie gingen von der Bühne aus und
pflanzten sich durch das Haus fort. Ein wimmernder Klagelaut wurde von der
Kuppel zurückgeworfen, ließ die Kristalle des Kronleuchters zittern und
verstummte. Stille senkte sich wie eine kalte Decke auf alle.
    Wetzon setzte sich auf einen Randplatz in der
dritten Reihe und wartete. Carlos hatte erwähnt, daß er mit Mort reden
wollte... Irgendwo war ihr das Zeitgefühl abhanden gekommen. Jetzt drängten
sich Streifenpolizisten und andere Fremde auf der Bühne. Sie hörte Stimmen vom
Rang über ihr kommen, aber sie schaute nicht hoch.
    Jemand setzte sich hinter sie. Sie spürte seinen
Atem im Nacken. »Detective Sergeant Bernstein, Miss. Walter... hm.« Sie hörte
ihn eine Seite in seinem Notizbuch umblättern. »Greenow. Walter Greenow sagt,
Sie hätten die Tote als erste gesehen.«
    Sie nickte’ während der Mut sie verließ. Diese
Stimme kannte sie. Als sie sich auf dem Sitz umdrehte, sah sie die buschigen
Augenbrauen, die zwischen seinen Augen zusammenstießen. Sie senkte den Blick.
Vielleicht würde er sie nicht wiedererkennen.
    »Okay. Bleiben Sie hier sitzen. Ich komme
wieder.« Der Detective stemmte sich von seinem Platz hoch und reihte sich in
den Zug zur Rangtreppe ein.
    Es war der unangenehme Detective Bernstein, den
sie vom Manhattan North kannte. Dickbäuchig, graues krauses Haar, und sie
wußte, daß er unter dem braunen Filzhut einen Jarmulke an seinen Kopf gesteckt
hatte. Vor drei Jahren hatte er sie des Mordes beschuldigt.
    Sie rutschte auf dem Sitz vor und blickte nach
oben zum Rang, wobei sie in der letzten Reihe des Parterres kurz Phil sah, der
ernst mit einer dicken Frau redete, die mit dem Rücken zu Wetzon stand. Im Rang
herrschte Betriebsamkeit, er war mit einem gelben Band abgesperrt.
    Als sie wieder nach vorn blickte, sah sie, daß
Gerry Schoenfeld, der Vorsitzende der Shubert Organization, eingetroffen war.
Er ging schnell den Mittelgang im Parterre hoch. Hier empfing ihn die Frau, mit
der Phil zusammengesteckt hatte.
    Sie stand an der letzten Reihe, eine
gesichtslose Silhouette im Schatten. Wetzon hörte Schoenfeld sagen: »Hinter der
Kasse gibt es einen Raum, den Sie benutzen können. Was halten Sie davon, Edna?«
Es war eher eine Feststellung als eine Frage. »Wir stellen ein paar Stühle
hinein, und ich lasse Kaffee bringen. Das ist eine furchtbare Tragödie,
wirklich furchtbar. Wir möchten alles tun, was in unserer Macht...«
    »Sehr gut, Sir. Wir wissen es zu schätzen.«
Bernstein war wieder da. Er drückte Wetzons Schulter und flüsterte ihr ganz
leise ins Ohr: »Gehen Sie bloß nicht weg, hören Sie?«
    Sie sah ihn verstohlen an, und er zwinkerte ihr
zu. Oder war es ein nervöses Zucken? Entzückend, dachte sie bedrückt. Einfach
entzückend. Sie fragte sich, ob die Polizistin, die mit ihm zusammengearbeitet
hatte, als sie sich zuletzt begegnet waren, immer noch mit ihm arbeitete. Er
war so ein sexistisches Schwein.
    In einem Wirbel aus purpurrotem Cashmere warf
sich Aline Rose auf den Platz hinter Wetzon, nachdem Bernstein gegangen war.
Der Sitz protestierte vergeblich mit lautem Quietschen. Die weiten Falten von Alines
Cape konnten ihren plumpen Körper nicht verbergen. »Böse Sache, hm?« Ihre
rotgefaßte Brille saß schief auf der Nase, weil ein Bügel fehlte. Sie sah aus
wie ein Mops mit Brille. »Kenne ich Sie?«
    »Ich bin Leslie Wetzon, Aline.« Wetzon reichte
ihr die Hand. »Ich war früher...«
    »Ich erinnere mich an Sie. Carlos’ Freundin.«
Die Textbuchautorin übersah Wetzons Hand. »Hier bin ich, Edward!« Ein
androgyner junger Mann, dessen lederne Motorradjacke seine schwellenden Muskeln
nicht verbergen konnte, setzte sich hinter Aline und begann, ihren Nacken zu
massieren. »So ist’s brav.« Aline nickte Wetzon zu. »Mein Assistent, Edward
Gray.« Anscheinend hatte sie Wetzons Namen schon wieder vergessen.
    Edward trug kleine goldene Ringe in den
Ohrläppchen. Er musterte sie ungeniert. Sie sah, daß er zu dem Schluß kam, daß
sie nicht wichtig für ihn war, was ihr nur recht sein konnte.
    »Nicht aufhören, Edward.« Alines Kopf hing
schlaff herab. Ihr schwarzer Eyeliner beschrieb eine Achterbahn auf ihren
Lidern, als hätte Ray Charles ihn angebracht. »Sie glauben, es ist Dilla.
Raubüberfall oder so. Ich meine, wenn man sich mit dem ganzen protzigen Schmuck
auftakelt, wird man leicht zur Zielscheibe.«
    »Klar.« Edward knetete weiter. Seine Miene
veränderte sich
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