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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
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Vorschuß für die ersten zwei Wochen, aber wenn die
Kritiken nicht gut ausfallen und das Geschäft in der letzten Woche zurückgeht,
sind wir am Ende. Du mußt doch jemand kennen.«
    Wetzon dachte, ich kenne allerdings jemanden,
und ich fahre direkt in die Hölle, wenn ich den guten armen Twoey ins Theater
bringe. Auf der anderen Seite tue ich womöglich allen einen Gefallen, und dann
komme ich in den Himmel. Also antwortete sie: »Kann sein, ich kenne jemand,
Mort. Er ist Teilhaber einer Wall-Street-Firma gewesen, und er macht gerade
eine Midlifecrisis durch. Der arme Narr wäre gern Broadway-Produzent.« In
Wirklichkeit war Twoeys Krise dadurch ausgelöst worden, daß Smith ihm im
vergangenen Jahr wegen des berühmt-berüchtigten und extravaganten
Strafverteidigers Richard Hartmann den Laufpaß gegeben hatte. Am Boden zerstört
hatte Twoey sich bei Rosenkind Luwisher beurlauben lassen und war entschlossen,
sein Leben zu ändern.
    »Leslie, Schatz!« Mort packte sie an den
Ellenbogen und hob sie in die Luft. »Du bist ein Engel! Wer ist es? Wann kann
ich ihn treffen?«
    Das Leitprinzip ihrer Teilhaberin Xenia Smith
blitzte in leuchtend rotem Neon vor Wetzons Augen auf: nichts gratis.
    In diesem Fall hatte Smith vielleicht recht.
Obwohl Dilla bereits als Koproduzentin auf den Plakaten erschien, wußte Wetzon
nur zu gut, daß Dilla auch Prozente vom Anteil des Produzenten am Gewinn der
Show verlangt hatte. George Abbott, der legendäre Broadway-Regisseur, hatte
behauptet, daß Schauspieler immer mehr nach einem guten Platz auf dem Plakat
als nach Geld strebten. Gib ihnen Reklame, riet er. Und er hatte recht. Weil
sie auf Ruhm aus waren. Doch Dilla hatte die Schauspielerei vor langem
aufgegeben. Sie hätte ganz gewiß das Geld vorgezogen.
    Leslie Wetzon, Extänzerin und Headhunterin in
Wall Street, pfiff auf Reklame; auch sie würde lieber das Geld nehmen. Und da
Produzenten bei den Prozenten sehr zurückhaltend waren, würde sie Mort die Zahl
aus der Nase ziehen müssen. Sie würde es mit Vergnügen tun.
    »Reprise!« rief Sam.
    »Setz mich besser ab, Mort«, sagte Wetzon zur
Oberseite seiner karierten Mütze. »Wir müssen ernsthaft miteinander reden.«
    »Klar, Schatz.« Er stellte sie wieder auf die
Beine und zog umständlich für sie ihre Kleider gerade.
    Sie unterdrückte ein Kichern. »Ich stelle dich
einem Mann vor, der das nötige Geld zur Verfügung stellt... unter der
Bedingung, daß du ihn zuschauen und lernen läßt.«
    »Abgemacht! Du bist...«
    » Und ich möchte eine Vermittlungsgebühr.«
    »Leslie...« Mort legte eine Hand auf die Brust
und machte ein gequältes Gesicht.
    »Aber, aber, Mort. Du hast doch Dilla Prozente
gegeben, oder etwa nicht?«
    »Das war was anderes.«
    »Wieso?«
    »Sie hat an der Show mitgearbeitet. Aber gut.
Wir werden uns schon einig. Verabrede ein Treffen.« Er sah auf die Uhr.
    »Erster Akt, Finale. Alle auf die Bühne«, rief
Sam ins Leere. Er hatte es nicht mitbekommen.
    »Zwei Prozent, Mort. Ich möchte zwei Prozent der
Bruttoeinnahmen von Tag eins an.«
    »Leslie, verdammt...«
    »Abgemacht, Mort?«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf. Sie hatte ihn
offenbar bis ins Mark verletzt. »Du bist hart geworden, Leslie... Zwei Prozent
vom Netto, nach allen Abzügen.«
    »Ein Prozent vom Brutto von Tag eins an.«
    »Das ist Erpressung.« Sie schwieg. Er seufzte.
»Also gut. Ein Prozent vom Brutto.«
    »Von Tag eins.« Er nickte. »Abgemacht.« Sie
streckte die Hand aus. Aus den Augenwinkeln sah sie, daß Carlos immer noch ein
Trauerballett tanzte.
    »Zweiter Akt, Einleitung!« brüllte Sam.
    »Okay, Vampir. Dilla ist nicht einmal kalt.«
    »Habe ich damit angefangen, Mort?« Sie war sauer
und ließ ihn stehen.
    Er lief ihr nach. »Okay, okay, das war unfair
von mir...«
    »Morgen zum Mittagessen, zwölf Uhr dreißig im Four
Seasons.«
    »Du meine Güte, das Four Seasons...«
    »Nimm’s als Sport, Mort.« Sie grinste ihn an.
Dann entdeckte sie Aline in der Seitenkulisse, die auf sie zusteuerte, und
verdrückte sich. Sie ließ ihre Tasche an der Rückwand fallen und fand sich in
Carlos’ Rhythmus, als tanzten sie noch immer zusammen. Langsam begann sie, ihn
in die alten Fosse-Kombinationen zu locken, gespreizte Finger, kleine weiche
Schritte, lange Bewegungen aus der Hüfte heraus. Er trug eine prachtvolle neue
Uhr. Sie griff seine Hand und betrachtete die Uhr aus der Nähe. Carlos hob den
Kopf und lächelte sie an, ein strahlendes Lächeln, wie sie es von ihrem Carlos
kannte.
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