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Ein Erzfeind zum Verlieben

Ein Erzfeind zum Verlieben

Titel: Ein Erzfeind zum Verlieben
Autoren: Alissa Johnson
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Prolog
    1796
    Kein Bote ist so unwillkommen wie der Überbringer einer Todesnachricht.
    William Fletcher hätte das eigentlich wissen müssen. Schließlich hatte er bislang mehr als ein Dutzend solcher Botschaften überbracht.
    Doch in Haldon Hall gab man ihm nicht das Gefühl, unwillkommen zu sein. Im Gegenteil, bei seiner Ankunft teilte die Gräfin ihm mit, der Graf sei ausgegangen – was beinahe unweigerlich immer der Fall war –, bot ihm einen Stuhl an, schenkte ihm Tee mit einem großzügigen Schuss Whisky ein und wandte höflich den Kopf ab, als seine junge Stimme vor Trauer brach.
    Es war nicht nur der Tod eines Mistreiters, den er heute verkündete, sondern der Tod eines Freundes.
    »Wollen Sie mit dem Jungen sprechen, oder soll ich es tun?«, fragte die Gräfin, die ans Fenster getreten war.
    Er wusste, was oder vielmehr wen sie beobachtete – ihren Sohn, Whittaker Cole, Erben des Grafen von Thurston. Whit stellte gerade zusammen mit Alex Durmant – dem jüngst verwaisten Herzog von Rockeforte – Zinnsoldaten auf dem Rasen auf.
    »Ich würde es vorziehen …« Er räusperte sich. »Das heißt, es wäre mir sehr lieb, wenn ich selbst mit Alex sprechen könnte, falls Sie es mir erlauben wollen.«
    Über die Schulter warf sie ihm einen verärgerten Blick zu. »Sie gehören ebenso zur Familie wie ich, William.«
    »Ich … ich hätte schneller sein sollen. Ich hätte …«
    »Papperlapapp. Dem Herzog waren die Risiken der Arbeit für das Kriegsministerium bekannt, so wie sie jedem Rockeforte bekannt waren« – sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Kinder draußen – »und bekannt sein werden. Haben Sie die Absicht, seine letzten Wünsche zu erfüllen?«
    »Ja. Ich habe mein Wort gegeben.«
    »Wissen Sie, es ist lächerlich, wenn ein erwachsener Mann den Ehestifter spielt.« Sie durchquerte den Raum und setzte sich neben ihn.
    »Das ist mir bewusst«, brummte er. »Und ich versichere Ihnen, ihm war es ebenfalls bewusst.«
    Sie verzog die Lippen zu einem zärtlichen Lächeln. »Er war ein ausgemachter Spaßvogel. Es scheint passend, dass er mit einem Scherz auf den Lippen starb. Eine Kleinigkeit hat er jedoch außer Acht gelassen.«
    »Und was wäre das?« Falls seine Stimme eine gewisse Hoffnung verriet, von einem äußerst lästigen Gelübde entbunden zu werden, so war dies nicht zu ändern.
    »Zwei dieser Kinder haben eine Mutter … die selbst klare Vorstellungen hat.«
    William blieb eine Antwort erspart, als die Haustür aufschwang und draußen ein Streit zu hören war.
    »Du hast sie kaputt gemacht, Kobold!«
    »Nun, du hättest sie eben nicht einfach so im Gras herumliegen lassen dürfen, Kretin!«
    »Sie lagen nicht einfach so herum. Sie waren in Stellung gebracht!«
    »In Stellung wofür?«
    »Für den Angriff, du …!«
    »Whittaker Vincent!«
    Bei dem überraschend lauten Ausruf der Gräfin verstummten die Stimmen, und die Schritte der Streitenden entfernten sich durch die Eingangshalle.
    Sie räusperte sich geziert, hob die Tasse an die Lippen und nippte an ihrem Tee.
    »Wie ich schon sagte, ich habe meine eigenen Pläne.«

1
    1813
    Was die Ursprünge der langjährigen und erbitterten Fehde zwischen Miss Mirabelle Browning und Whittaker Cole, dem Grafen von Thurston anging, war man sich nicht ganz einig.
    Die betreffende Dame war der Ansicht, der Streit habe seinen Anfang genommen, als der Gentleman – und sie verwendete diesen Ausdruck höchst allgemein – zum ersten Mal den Mund zu öffnen geruhte und sich dadurch als Esel offenbarte.
    Der Gentleman – der sich nur ungern übertrumpfen ließ – hielt dagegen, die Abneigung sei schon auf den ersten Blick vorhanden gewesen, was eindeutig auf Schicksal hinweise. Und da die Vorsehung die Angelegenheit des himmlischen Vaters selbst sei, stelle jedwedes unziemliche Verhalten seiner Person Miss Browning gegenüber einen klaren Hinweis auf das Missfallen des Allmächtigen an der Dame dar, und er selbst sei lediglich ein Instrument des göttlichen Zornes.
    Nach Meinung der Dame sprach diese Ansicht sehr dafür, dass der Gentleman ein Esel war.
    Manche sagten, alles habe angefangen, als ein Streit der kleinen Mirabelle mit dem nur wenig älteren Whit dazu führte, dass er vor den Augen der reizenden Miss Wilheim kopfüber aus einem Ruderboot ins Wasser fiel, worauf Miss Wilheim prompt selbst ausrutschte und über Bord ging, wodurch diese kurze, aber stürmische Romanze ein abruptes Ende fand. Andere behaupteten, die ganze Angelegenheit
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