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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
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»Du vielleicht,
Häschen, aber ich nicht.«
    Das genügte, daß sie wieder losprusteten.
    »Miss Wesson?« Eine Polizistin. Eine Frau, doch
deutlich eine Polizistin. Wie erkannte sie das? Wetzon konnte es nicht
erklären. Haltung? Ton? Gesten?
    »Sie wünschen dich, Miss Mazola, Schatz.« Carlos
kicherte. Sie sahen sich starr in die Augen und fielen sich mit einem neuen
Lachanfall in die Arme.
    »Reiß dich zusammen, Sohn«, keuchte sie. Das war
der Lieblingssatz ihrer Freundin Laura Lee Day.
    Die Polizistin betrachtete sie neugierig. »Miss
Wesson?«
    Wetzon kicherte. »Entschuldigung. O Gott. Tut
mir leid. Die Nerven.«
    Carlos kehrte ihr den Rücken. Seine Schultern
bebten. Sie konnte nicht hinschauen. Statt dessen konzentrierte sie sich auf
die Polizistin: unerschütterlich, breitärschig, kurzes braunes Haar, markante
Nase, blasse Haut frei von Make-up. Sie trug eine locker sitzende braune
Gabardinehose und eine offene Daunenjacke in einem auffälligen Blauton.
    »Detective Bernstein möchte mit Ihnen beginnen,
Miss Wesson.«
    »Ich heiße Wetzon.« Wetzon buchstabierte:
»W-e-t-z-o-n«, und wieder kitzelte ein Kichern sie in der Kehle. Carlos brüllte
jetzt vor Lachen. Er hing über dem Inspizientenpult, der eigentlich nur ein kleiner
Tisch mit einer Schublade war, den man in die Seitenkulisse unter einen
Computer gestellt hatte. Auf dem Tisch lagen eine große schwarze Handtasche,
ein Schirm und ein abgetragener Burberry.
    »Ich bin Detective Renee Gross«, sagte die Frau.
»Wenn Sie bitte mitkommen möchten.« Sie sprach abgehackt und konnte an Wetzons
Belustigung sichtlich nichts Lustiges finden. Sie wirkte sogar entrüstet. Ihre
Miene ließ Wetzon innehalten.
    »Carlos, wir unterhalten uns später.«
    »Was hältst du vom Abendessen?« Er hatte sich
wieder in der Gewalt, doch Tränen standen ihm im Gesicht.
    »Kann nicht. Ich esse mit Smith.«
    »Ach so! Wenn du lieber mit dem Barrakuda
ißt...«
    »Bitte! Du bist ein unmögliches Geschöpf.«
Carlos konnte ihre Geschäftspartnerin Xenia Smith nicht ausstehen, und die
Abneigung war gegenseitig. Sie teilten, über Wetzon, ständig Hiebe
gegeneinander aus. »Aber allerliebst.« Sie drückte ihm einen Kuß auf die Wange,
dann folgte sie Detective Gross über die Bühne.
    Sam saß rittlings auf der Klavierbank und
unterhielt sich, den Kopf im Nacken, mit Aline und JoJo. Er erwischte Wetzons
Hand, als sie vorbeiging. »Oh, wunderbare Leslie, daß wir uns so wiedersehen.
Später?« Er küßte ihre Handfläche.
    »Klar, Sam.« Er war sofort wieder auf die
schmalzige Masche verfallen, mit der er es Vorjahren bei ihr probiert hatte.
    Sie sah die Frau nicht, die vorher mit Mort auf
die Bühne gekommen war, doch Mort, der in ein Gespräch mit Gerry Schoenfeld
vertieft war, bedeutete ihr, daß alles in Ordnung war, und zwinkerte ihr
auffällig zu, als hätten sie sich verschworen. Sie spürte, daß ihr Schoenfelds
Blick folgte, und sie fragte sich, was Mort dem Theaterbesitzer wohl erzählte.
    Als Wetzon und Detective Gross die Seitentreppe
hinabstiegen, sah Wetzon, daß die sechs Tänzerinnen und Tänzer fort waren. Und
von ein paar Polizisten abgesehen war der Zuschauerraum des Theaters leer.
Immer noch keine Spur von Phil. Was konnte mit ihm passiert sein? Ein Licht
blitzte von oben auf, dann noch eines. Jemand rief eine Frage; körperlose
Stimmen antworteten. Die Leute von der Spurensicherung der New Yorker Polizei
waren noch bei der Arbeit.
    Sie folgte Gross den Mittelgang hoch zum Ende
des Parterres, bis hinter die Sitzreihen. Ein uniformierter Polizist stand an
der geschlossenen Tür zum Büro des Hausverwalters, das Schoenfeld für die
Ermittlung zur Verfügung gestellt hatte. Er hatte einen kleinen roten
Metallapfel an den Kragen seines Rocks gesteckt. Gross klopfte, machte dann die
Tür auf und steckte den Kopf hinein. »Können wir rein?« Ein Schwall beißenden
Zigarettenrauchs wehte heraus.
    »Zuerst du, Gross.«
    Detective Gross zog entschuldigend die Schultern
hoch, schlüpfte ins Zimmer, schloß die Tür und ließ Wetzon stehen. Sie konnte
Bernsteins und Gross’ Stimmen durch die geschlossene Tür hören. Der uniformierte
Polizist achtete nicht auf sie. Sie schlenderte einige Schritte auf den
beleuchteten Kassenraum zu. Auch diese Tür war geschlossen, doch nicht ganz
eingerastet.
    Drinnen sagte eine Frau: »Das hat nichts mit uns
zu tun.«
    »Aber ich sollte ihnen sagen...« Die Stimme, die
antwortete, gehörte Phil.
    »Nein! Ich...«
    »Kommen Sie
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