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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
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bitte«, sagte Gross laut.
    Wetzon wandte sich um und ging auf das Büro des
Hausverwalters zu. Hinter sich hörte sie die Tür auf- und zugehen. Als sie
zurückblickte, sah sie gerade noch Phil aus dem Kassenraum kommen.
    Bernstein legte das Telefon auf und winkte
Wetzon herein. »Suchen Sie sich einen Stuhl.«
    Bernstein hatte sich hinter einem uralten
Schreibtisch verschanzt. Die Kunstlederplatte war fleckig und zerkratzt; alte
Rillen überzogen das lackierte Eichenholz. Bernstein hatte einen Pappbecher und
ein Notizbuch vor sich. Das Zimmer war kalt und ungelüftet.
    Wetzon saß auf einem unbequemen Stuhl, dessen
Lederbezug durchgescheuert war, trocken und aufgeplatzt, mit schwarzem
Isolierband geflickt. Auf dem Boden lag ein Teppich, so dünn, daß ganze Stücke
abgetreten waren und auf großen Flächen das Untergewebe zum Vorschein kam.
Jemand hatte eine Kaffeemaschine auf den Tisch gestellt, dazu einen Turm
Pappbecher, einen Milchbehälter und einen Pappteller mit Zucker und
Süßstofftütchen. Kaffee tropfte von der Tülle in einen Becher, plop, plop,
plop.
    Überflüssigerweise verkündete Gross: »Detective
Morgan Bernstein, Ms. Wesson.«
    Bernstein wirkte beinahe leutselig. Er schob
seinen Kaffee beiseite, schüttelte eine Zigarette aus einem Marlboro-Päckchen
und zündete sie an. Sein buschiger Schnäuzer war neu, wenigstens erinnerte sie
sich nicht an einen Schnäuzer. »Kaffee, Miss Wesson?«
    »Nein, danke. Und mein Name ist Wetzon.«
    »Das habe ich doch gesagt. Setz dich, Gross. Du
machst mich nervös.«
    Detective Gross zog einen weiteren wackligen
Stuhl um die Tischkante herum, so daß sie Wetzon gegenübersaß. Ihr Gesicht war
ausdruckslos. Sie zog einen Block und einen Kuli aus ihrer Jackentasche.
    »Was ist aus Irma geworden?« Wetzon glaubte, daß
dies der Name von Bernsteins Partnerin vor drei Jahren gewesen war, als sie ihm
zum erstenmal begegnet war.
    Bernstein zog ausgiebig an seiner Zigarette und
sah sie argwöhnisch an, dann ließ er eine dicke Rauchwolke ausströmen. Er hatte
den Hut abgesetzt; seine blaue gehäkelte Jarmulke war mit einer Haarklemme an
dem krausen Haar befestigt. Er hatte einen Haarschnitt nötig, und er sah aus,
als hätte er zugenommen. Genaugenommen war er einfach fett.
    »Detective Ignacio ist bei der Mordkommission.
Ich schule sie gut.« Er grinste Gross an. »Stimmt das nicht, Gross?«
    Gross nickte ernst, doch Wetzon bemerkte, wie
sie eine Augenbraue leicht hochzog. Ihre Blicke begegneten sich für den
Bruchteil einer Sekunde, dann sah Gross wieder nach unten auf den Block.
    »Ich habe gerade mit Ihrem Freund gesprochen.«
Bernsteins blaue Augen waren Eis unter buschigen Brauen.
    »Wie bitte?« Sprach er mit ihr oder mit
Detective Gross? Nein, er redete mit ihr. Er meine Silvestri. »Ach«, meinte sie
nichtssagend. Scheiße , fügte sie stumm hinzu.
    »Mhm. Ich habe ihm gesagt, daß Sie wieder in
Schwierigkeiten stecken.« Er grinste sie höhnisch an.
    »Warum haben Sie das getan, verdammt noch mal?«
Vor Zorn sprang sie auf. Sie und Silvestri hatten sich vor acht Monaten getrennt.
Sie hatten sich darauf geeinigt, sich eine Weile nicht zu sehen.
    »Setzen Sie sich, Miss Wesson. Ich wollte
vermeiden, daß er mir ins Gesicht springt, wenn er es herausbekommt.«
    Sie wollte Silvestri ebenfalls nicht vor Augen
haben, wie er auf seinem weißen Roß herbeisprengte, um sie vor dem Drachen zu
retten.
    Verdammt! Sie kochte und hätte an die Decke gehen können. Der Schweiß brach
ihr aus. Silvestri würde glauben, sie sei unfähig, selbst auf sich aufzupassen.
Das war ja gerade eines von den Dingen, wegen denen sie sich gestritten hatten. Hör auf, Wetzon, befahl sie sich. Was kümmerst du dich, was Silvestri
denkt? Plötzlich fühlte sie sich unwohl und benommen. Sie hatte das
Mittagessen übersprungen. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen.
    »Er hat mir freundlich für die Mitteilung
gedankt«, fuhr Bernstein fort. Anscheinend versuchte er, ihre Reaktion zu
ergründen.
    Das ist alles? Sonst hat er nichts gesagt?
dachte sie und sagte bestimmt: »Ich bin hier keine Verdächtige.«
    »Nein?« Bernstein inhalierte Rauch und blies ihn
mit bewußter Selbstsicherheit aus. Er war ganz Drache. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich war letzte Nacht nicht allein. Oder heute
morgen...«
    Bernstein sah sie herausfordernd an und kratzte
sich unter der Jarmulke. »Also?« Seine Augen waren spöttisch.
    »Also, Dilla wurde letzte Nacht ermordet.«
    »Wie können Sie so sicher sein?« Er
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