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Moerderische Sehnsucht

Moerderische Sehnsucht

Titel: Moerderische Sehnsucht
Autoren: J. D. Robb
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war.
    Sie war groß und schlank und marschierte festen Schrittes durch die Absperrung. Ihr kurzes, braunes Haar flatterte im Wind, der den Geruch des Flusses zu ihnen herübertrug.
    Er beobachtete ihr Gesicht, die Art, wie ihre whiskeybraunen Augen hin und her blickten, und wie ihr Mund– der noch vor einer halben Stunde warm und weich auf seinem Mund gelegen hatte– eine feste, schmale Linie bildete. Das Licht einer Laterne erhellte ihre Züge und hob die scharfkantigen Wangenknochen deutlich sichtbar hervor.
    Sie wandte sich ihm noch einmal flüchtig zu, dann aber lief sie weiter durch die Absperrung, um das zu tun, wozu sie seiner Meinung nach geboren war.
    Sie marschierte an den Polizisten und den Leuten von der Spurensicherung vorbei. Einige erkannten sie, andere sahen einfach das, was auch Roarke schon aufgefallen war. Ihre Autorität. Als einer der Beamten vor sie trat, blieb sie kurz stehen, klappte ihren Mantel auf und tippte die Dienstmarke an ihrem Gürtel an.
    » Ich sollte nach Ihnen Ausschau halten, Madam, und Sie dann an den Fundort führen. Mein Partner und ich waren als Erste hier.«
    » Okay.« Sie unterzog ihn einer schnellen Musterung. Er war noch ziemlich jung, wirkte ausnehmend adrett, hatte ein von der Kälte rosiges Gesicht und sprach mit dem Akzent des gebürtigen New Yorkers. Wahrscheinlich Brooklyn, dachte sie. » Was haben wir?«
    » Madam, ich habe Anweisung, Sie einfach hinzubringen, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.«
    » Ach ja?« Sie blickte auf das Namensschild am Kragen s eines dicken Uniformmantels. » Also gut, Newkirk, dann mache ich mir mal selbst ein Bild.«
    Sie studierte den abgesperrten Bereich, der hinter einer Baumgruppe verborgen war. Anscheinend war die Stelle wirklich gut gesichert, und zwar nicht nur von dieser Seite, merkte sie, als sie in Richtung des Flusses sah. Auch die Wasserpolizei war unterwegs und hatte das Ufer abgesperrt.
    Ein kalter Schauder rann ihr über den Rücken. Worum es hier auch immer ging, musste eine wirklich große Sache sein.
    Die von den Technikern aufgestellten Lampen tauchten die Umgebung in ein grelles, weißes Licht, durch das Morris auf sie zugelaufen kam. Es war ganz eindeutig eine große Sache, wenn sogar der Chef der Pathologie persönlich hier erschienen war. Außerdem war es auch seiner sorgenvollen Miene überdeutlich anzusehen.
    » Dallas. Sie haben mir gesagt, dass Sie gerufen worden sind.«
    » Dass man auch Sie gerufen hat, hat mir niemand erzählt.«
    » Ich war gerade mit Freunden in einem kleinen Blues-Club ganz hier in der Nähe, in der Bleecker Street.«
    Was eine Erklärung für die Stiefel war. Das schwarz-silberne Leder hatte sicher einmal irgendeinem Reptil gehört und war bestimmt nicht das, was jemand am Fundort einer Leiche trug. Nicht einmal der stilbewusste Morris.
    Sein offener, langer schwarzer Mantel wies ein dunkelrotes Futter auf. Dazu trug er eine schwarze Hose sowie einen schwarzen Rolli, was für ihn ausnehmend lässig war. Einzig wahrnehmbarer Schmuck waren die silbernen Bänder, in die das obere und untere Ende s eines langen, dunklen Pferdeschwanzes eingewickelt waren.
    Sie sah ihn reglos an. » Der Commander hat Sie herbestellt.«
    » Ja. Ich habe die Leiche noch nicht angerührt. Damit wollte ich warten, bis Sie hier sind«, meinte er.
    Sie fragte nicht, warum, denn ihr war klar, sie sollte ihre eigenen Schlüsse ziehen, ohne dass ihr vorher irgendjemand irgendwelche Informationen gab. » Kommen Sie mit, Newkirk«, wies sie den Beamten, der die Leiche gefunden hatte, an und marschierte auf die Lichter zu.
    Aus der Ferne wirkte es wie eine dünne Schicht aus Eis oder aus Schnee. Die auf der Schicht liegende Tote sah wie ein künstlerisch drapiertes Model aus.
    Doch schon aus der Ferne wusste Eve, was es in Wahrheit war, und die Kälte, die bereits zuvor an ihr heraufgekrochen war, nahm noch an Schärfe zu.
    Sie begegnete dem Blick des Pathologen, und sie sahen einander schweigend an.
    Es war kein Eis und auch kein Schnee, und es war auch kein Model, was dort lag.
    Eve zog eine Dose Versiegelungsspray aus ihrem Untersuchungsbeutel und stellte den Beutel auf den Boden.
    » Sie haben noch Ihre Handschuhe an«, erinnerte Morris sie. » Und das Zeug geht nicht mehr raus.«
    » Richtig.« Ohne den Blick von der Leiche abzuwenden, zog sie die Handschuhe aus, stopfte sie in ihre Tasche, sprühte ihre Hände ein und machte das Aufnahmegerät am Kragen ihres Mantels fest. » Rekorder an.« Die
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