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Moerderische Sehnsucht

Moerderische Sehnsucht

Titel: Moerderische Sehnsucht
Autoren: J. D. Robb
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er einmal würde, hatte sein Lehrer nicht einmal erahnt.
    Er hatte seine Technik im Verlauf der Jahre immer mehr verfeinert und am Schluss perfektioniert. Das erfüllte ihn mit Stolz.
    Bereits nach kurzer Zeit hatte er herausgefunden, dass er dieses ganz besondere Duett lieber mit Frauen sang. Denn sie spielten ihren Part in der Oper, die er ein ums andere Mal aufs Neue schrieb, besser als jeder Mann.
    Die Ansprüche, die er an die Frauen stellte, waren nicht besonders zahlreich, dafür aber sehr speziell.
    Er vergewaltigte sie nicht. Er hatte damit experimentiert, dabei aber festgestellt, dass eine Vergewaltigung geschmacklos und erniedrigend für beide Parteien war.
    Einer Vergewaltigung mangelte es eindeutig an Eleganz.
    Er hatte gelernt, dass er wie jeder andere Künstler, dessen Arbeit ausnehmendes Geschick und Konzentration erforderte, regelmäßig Urlaub brauchte– inaktive Phasen, in denen er körperlich und geistig neue Kräfte sammelte.
    Während dieser Phasen amüsierte er sich, wie es jeder während s eines Urlaubs tat. Ging auf Reisen, lernte fremde Länder kennen, aß in guten Restaurants. Vielleicht fuhr er Ski, tauchte oder saß einfach gemütlich unter einem Sonnenschirm an einem wunderschönen Strand, trank köstliche Mai Tais und las ein gutes Buch.
    Außerdem entwarf er Pläne, bereitete sich vor, traf notwendige Arrangements.
    Und wenn er sich wieder an die Arbeit machte, war er wunderbar erfrischt und voller Tatendrang.
    So wie heute, dachte er und legte seine Werkzeuge bereit. Vielleicht war er sogar noch tatendurstiger als sonst, da ihm während seiner letzten inaktiven Phase sein eigenes Schicksal klar geworden war. Er war zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Dort, wo er zum ersten Mal ernsthaft seiner Berufung nachgegangen war, würde er noch einmal tätig werden und die alten Beziehungen erneuern, bevor zum letzten Mal der Vorhang fiel.
    Es machte alles so viel interessanter, überlegte er, während er die Klinge eines antiken Messers mit Horngriff testete, das ein Mitbringsel aus Italien war. Er drehte die Stahlklinge im Licht und sah sie bewundernd an. Circa 1953, überlegte er.
    Nicht ohne Grund ein echter Klassiker.
    Er benutzte gerne altes Werkzeug, wandte aber auch moderne Stücke an. Beispielsweise den Laser, weil sich damit ganz hervorragend das Element der Hitze einbringen ließ.
    Er wandte immer Kontraste bei seiner Arbeit an, das hieß Elemente in verschiedenen Formen und verschiedenen Kreisläufen: scharf und stumpf, heiß und kalt. Da seine Partnerin den absoluten Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit erreichen sollte, brauchte er ein Höchstmaß an Konzentration, Geschick, Geduld.
    Erst dann würde er das Projekt zum Abschluss bringen, denn erst dann hätte er abermals ein wahres Meisterwerk vollbracht.
    Diesmal hatte er hervorragend gewählt. Er gratulierte sich dazu. Sie war seit drei Tagen und vier Nächten hier– und gab immer noch nicht auf. Wahrhaft befriedigend.
    Natürlich hatte er langsam angefangen. Es war wichtig, lebenswichtig, das Tempo zu steigern und zu steigern und zu steigern, bis das ultimative Crescendo kam.
    Als Meister s eines Fachs war ihm bewusst, dass sie sich dem Höhepunkt allmählich näherten.
    » Musik an«, befahl er sanft, stand mit geschlossenen Augen da und genoss die Eröffnungsklänge von Puccinis Madame Butterfly.
    Er konnte die Entscheidung der Hauptfigur, für die Liebe in den Tod zu gehen, verstehen. Hatte nicht genau diese Entscheidung ihn vor all der Zeit auf diesen Weg gebracht?
    Er stieg in seinen maßgeschneiderten, weißen Schutzanzug.
    Drehte sich um. Und sah sie an.
    Was für ein wunderschönes Ding, ging es ihm durch den Kopf. Wie immer dachte er an die Person, von der sie diese Schönheit hatte. Ihre Mutter, nahm er an.
    Die Eva aller Evas.
    All die hübsche, weiße, mit Verbrennungen und Schwellungen, schmalen Schnittwunden und winzig kleinen Löchern übersäte Haut. Sie war ein Zeugnis der Zurückhaltung, Geduld und Gründlichkeit, mit der er auch dieses Mal zu Werke ging.
    Ihr Gesicht hatte er– noch– nicht angerührt. Das Gesicht hob er sich jedes Mal bis ganz zum Ende auf. Sie starrte ihn aus großen, aber leider auch ein wenig trüben Augen an. Sie hatte beinahe alles durchgemacht, wozu sie in der Lage war. Nun, das Timing kam ihm gerade recht. Denn er hatte es erwartet und sich schon dafür bereit gemacht.
    Hatte schon die nächste Partnerin organisiert.
    Er blickte beinahe abwesend auf die zweite Frau im Raum, die
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