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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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sein.
    Ende Mai 1942 endeten die Höhenversuche. Wahrscheinlich auf Betreiben von Ruff und Romberg wurde die Unterdruckkammer ins Luftwaffen-Institut nach Berlin zurückgebracht.
    Im Nürnberger Ärzteprozess nach dem Krieg wurde festgestellt, dass Dr. Rascher, »die treibende Kraft bei den Versuchen unter den brutalsten und sinnlosesten Umständen«, etwa 70 bis 80 Menschen ermordet hatte. Diese Versuche wurden als verbrecherisch und sinnlos bezeichnet, weil sie selbst in der Kriegssituation praktisch bedeutungslos waren.
    Im Juli 1942 suchte Dr. Rascher zusammen mit Dr. Romberg Himmler auf, um ihm abschließend über die Höhenversuche zu berichten. Das Ergebnis war mager genug: Die Piloten, so schlug Rascher vor, sollten einen Fallschirm mit barometrisch gesteuerter Eröffnung und ein tragbares Sauerstoffgerät für den Fall eines Absprungs erhalten.
    Himmler dagegen war zufrieden, hatte doch die SS den Mut zu unkonventionellen Experimenten bewiesen. Himmler sagte: »Mit den Fliegermedizinern haben wir immer die gleichen Schwierigkeiten. In diesen >christlichen< Ärztekreisen steht man auf dem Standpunkt, dass selbstverständlich ein junger deutscher Flieger sein Leben riskieren darf, dass aber das Leben eines Verbrechers dafür zu heilig ist und man sich nicht mit Menschenversuchen beflecken will. Das sind Hochverräter, Landesverräter! Wobei interessanterweise die Ergebnisse solcher Versuche, die sie nicht selbst gemacht haben, dankbar in Anspruch genommen werden. Sie, Dr. Rascher, haben Bedeutendes für die Kriegführung geleistet.«
    »Ich hoffe, Reichsführer«, entgegnete Rascher, »dass ich noch mehr zur wehrwirtschaftlichen Forschung der SS beitragen kann. Noch ist ein weiterer Bereich der Kriegführung weitgehend unerforscht. Wie helfen wir den Piloten, die ins Meer abgestürzt sind? Wie wirkt sich die Eiskälte des Meerwassers auf den menschlichen Organismus aus, wie schützen wir ihn?«
    »Für Heer, Marine und Luftwaffe eine lebenswichtige Frage«, bestätigte Himmler.
    »Über die es nur völlig untaugliche Tierversuche gibt.«
    »Nun, Rascher, dann sollten Sie bald mit solchen Versuchen beginnen. Im KZ Dachau. Ich übernehme die Verantwortung.«
    Rascher verbarg den Triumph über seinen Erfolg. Knapp erwiderte er: »Ergebensten Dank, Reichsführer. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    »Sie sagten vorhin, die Auswirkungen des Kaltwassers auf den Menschen seien kaum erforscht. Aber es gibt doch sicher praktische Erfahrungen, etwa bei der Bevölkerung an den Meeresküsten. Wie hat man bisher halberfrorene Schiffbrüchige wiederbelebt? Das sollten Sie nicht außer acht lassen. Das Volk hat oft alterprobte Mittel, etwa Tee aus Heilkräutern. Oder man gibt den Leuten heißen Kaffee oder Grog?«
    »Ich werde Ihre wertvollen Anregungen im Auge behalten, Reichsführer.«
    Himmler kam ins Schwärmen. Er ließ seiner Phantasie freien Lauf: »Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich eine Fischersfrau ihren geretteten Mann einfach mit ins Bett nimmt und an ihrem Körper aufwärmt. Animalische Wärme wirkt vielleicht besser als künstliche?«
    »So ist es, Reichsführer.«
    »Machen Sie also auch in dieser Richtung Versuche.«
    »Mit Vergnügen, Reichsführer.«
    Dr. Romberg meldete sich zu Wort. »Verzeihung, wenn ich diese Methode doch etwas in Frage zu stellen wage. Es kommt doch allein darauf an, ob man schnell oder langsam erwärmen muss. Das alles erst langwierig auszuprobieren, kostet unnötig Opfer.«
    Betretenes Schweigen folgte Rombergs Einwand.
    Rascher suchte die Situation zu retten. »Verzeihung, Reichsführer, dass mein Kollege die Bedeutung Ihrer wertvollen Anregungen noch nicht übersieht - «
    Himmler nickte. »Sie sind noch immer überlebten Vorstellungen verhaftet, Romberg. Es ist wohl nicht zuviel verlangt, wenn KZ-Häftlinge, die nicht an der Front kämpfen dürfen, an solchen Versuchen teilnehmen und sich dadurch rehabilitieren. Wer das nicht versteht, hat noch immer nicht begriffen, dass Deutschland einen Krieg um Leben und Tod führt!«
    »Jawohl«, murmelte Romberg, »ich habe verstanden.«
    »Dann werden Sie Dr. Rascher bei den Kälteversuchen assistieren. Ist das klar?«
    »Jawohl, Herr Reichsführer.«
    Nach diesem Gespräch hatte Dr. Romberg noch einige schwere Stunden durchzustehen. Rascher beschimpfte ihn, weil er Himmlers Vorschläge bezweifelt hatte. Romberg schwankte zwischen Gehorsam und Pflichtgefühl einerseits und Abscheu gegen Raschers Unmenschlichkeit andererseits. Es
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