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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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Vorwort

    Eine unheilvolle Welt gebiert die Sehnsucht nach einem heilen Leben. Eine kranke Menschheit sucht nach Heilern, Rettern, Lichtwesen. Zu solchen Heilands-Symbolen gehört der Arzt. Seine uralte mystische Aura umgibt ihn auch heute noch. Da jeder Mensch sich vor Krankheit fürchtet oder krank ist, wird der Arzt im kollektiven Bewusstsein zu einem Leitbild der Hoffnung.
    Diese Rolle spiegelt sich folgerichtig auch in der Literatur wider. Romane, Kino- und Fernsehfilme zeigen den Arzt als Heldenfigur, die Zuversicht ausstrahlt und damit Lebenshilfe geben soll.
    Umso härter sind Ärzte zu verurteilen, die dieses Idealbild zerstören, die wissentlich töten statt zu helfen. Von solchen Ärzten - nicht von göttlichen, sondern von diabolischen - wird hier berichtet. Ob sie im Affekt, ob sie aus sexuellem Trieb oder aus reiner Geldgier mordeten, ob sie ihre Verantwortung sträflich vernachlässigten oder als beauftragte Killer durch Mord Karriere machten, sie verrieten ihr Berufsethos, den Hippokratischen Eid, der von ihnen fordert, niemandem bewusst Schaden zuzufügen.
    Morde, von Ärzten begangen, wiegen deshalb doppelt schwer.
    So zeigt dieser Bericht die Kehrseite ärztlicher Macht, ihren Missbrauch zum Mord. Aber die Ironie des Schicksals will es, dass solche Ärzte meistens von ihresgleichen, von Rechtsmedizinern, ihres Verbrechens überführt werden.
    So entstand ein Buch erregender Duelle: zwischen Ärzten, die mordeten und Ärzten, die die Mörder entlarvten.
    I. Kapitel: WENN LIEBE DEN VERSTAND VERWIRRT

    Vergebliche Flucht

    Die Mordtat des Dr. Crippen im Jahre 1910 gilt noch heute als das klassische Verbrechen eines Arztes. Von Anbeginn beschäftigte der Fall Dr. Crippen die Weltpresse und erregte die Menschen in Europa und Amerika.
    Dabei war weder die Person des Täters, eines Londoner Arztes, noch die des Opfers, seiner Ehefrau, besonders bemerkenswert. Auch das Motiv des Mordes barg keine Überraschung: Ein Mann entledigt sich seiner Ehefrau, um für immer mit seiner Geliebten zusammenleben zu können. Aber selbst wenn man vielleicht Verständnis dafür finden sollte, warum Crippen aus seiner Ehe zu einer Geliebten flüchtete, gab das dieser Geschichte noch nicht ihren sensationellen Reiz.
    Es waren vielmehr zwei naturwissenschaftliche Neuerungen, die die Ergreifung und Überführung des Täters ermöglichten und seitdem in unzähligen Mordfällen ihre kriminologische Bedeutung bewiesen. Wobei auch hier - man möchte es zwangsläufige Ironie nennen - der mörderische Arzt von einem Arzt überführt werden konnte.
    Dr. Crippen, zur Zeit der Tat 48 Jahre alt, besaß in keiner Weise die hintergründige Dämonie, die ihm der Schauspieler Fernau im Film »Dr. Crippen an Bord« einst verliehen hatte. Crippen war klein und schmächtig, ein Schnauzbart glich die beginnende Kahlköpfigkeit etwas aus, die Augen blickten melancholisch hinter einer goldgeränderten Brille. Seine leise Stimme, seine sparsamen Bewegungen, sein gleichmütiges Benehmen, seine duldsame Friedfertigkeit deuteten auf einen Mann, der sich zu keinen Affekten hinreißen ließ.
    Dr. Crippen war in den USA geboren. Sein Vater besaß einen Laden für Haushaltwaren und hatte den Sohn Medizin studieren lassen. Nach dem Studium war Crippen in verschiedenen Großstädten als Arzt tätig gewesen, hatte geheiratet und war nach dem frühen Tod seiner Frau nach New York gegangen. Auch hier hatte er als Arzt gearbeitet, den damaligen Verhältnissen entsprechend vielseitig, als Ohren-, Augen- und Zahnarzt.
    In New York hatte er ein siebzehnjähriges Mädchen kennengelernt, die Geliebte eines andern Mannes. Ihr Name wies auf ihre Herkunft: der Vorname Kunigunde auf die deutsche Mutter, der Familienname Mackamotzki auf den polnischen Vater. Kunigunde glaubte, eine gute Stimme zu haben. Sie hielt sich für eine begnadete Künstlerin, der eine ruhmvolle Zukunft als Opernsängerin bestimmt war. Verständlicherweise hätte der Name Kunigunde Mackamotzki in der Kunstwelt mehr Heiterkeit als heilige Ehrfurcht erzeugt. Deshalb nannte sie sich Cora Turner.
    Cora soll damals eine erotisch und exotisch wirkende Schönheit gewesen sein, leidenschaftlich und kapriziös. Der stille gutmütige Dr. Crippen verliebte sich rettungslos in sie, und Cora sah in dem elf Jahre älteren Doktor eine Sicherheitsgarantie für ihre ehrgeizigen Zukunftspläne.
    So heirateten die beiden, und Cora wurde in ihren Erwartungen nicht getäuscht. Der verliebte Doktor erfüllte ihr jeden
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