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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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Untersuchung unklarer Todesfälle Beachtliches leistete. In England hingegen herrschte noch immer das traditionelle Coroner-System. Bei unnatürlichen Todesfällen nahm der Coroner die Leichenschau vor. Da aber der Coroner lediglich ein für dieses Ehrenamt gewählter Bürger war, besaß er kaum medizinische Kenntnisse und erst recht kein Spezialwissen wie ein Gerichtsmediziner. So konnte er zwar feststellen, ob jemand durch einen Schuss oder Beilhieb zu Tode gekommen war, doch einen Mord, bei dem äußerlich sichtbare Spuren fehlten, konnte er meist nicht mehr erkennen. Den Nutzen von diesem System hatten die Mörder, die raffiniert genug waren, einen Mord als natürlichen Tod zu tarnen. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die englische Polizei, sich bei der Aufklärung unnatürlicher Todesfälle der Hilfe von Ärzten zu bedienen. Das waren meist Pathologen großer Kliniken. Diese hatten zwar die notwendige Erfahrung in der Obduktion, aber über die komplizierten physiologischen Vorgänge, die etwa bei einer Vergiftung abliefen, wussten auch sie wenig.
    So hatte Chefinspektor Dew auch nicht viel Hoffnung, den des Mordes verdächtigen Crippen überführen zu können. Für eine Mordanklage musste er ein Opfer vorweisen, eine identifizierte Leiche. Und er musste nachweisen, auf welche Weise das Opfer getötet worden war. Wie aber sollte man diesen Haufen faulenden Fleisches, dem Kopf, Arme und Beine fehlten, zweifelsfrei als Cora Crippen erkennen?
    Scotland Yard hatte nur eine einzige Chance, den Leichentorso zu identifizieren. Es musste Dr. Pepper hinzuziehen.
    Dr. Pepper hatte nicht nur eine langjährige Erfahrung als Klinikpathologe. Darüber hinaus hatte er sich mit gerichtsmedizinischer Forschung beschäftigt und schon mehrmals scheinbar hoffnungslose Mordfälle aufgeklärt.
    Dr. Pepper erklärte sich sofort bereit, Scotland Yard zu helfen. Er begab sich mit Dew zum Kellergrab und besichtigte den Leichenfund. Diesen ließ er dann in eine Totenhalle bringen und nahm am nächsten Tag die Obduktion vor.
    Pepper schätzte, dass der Tod der betreffenden Person mindestens vor acht Wochen erfolgt war. Soweit die inneren Organe noch überprüfbar waren, konnte Pepper keine organische Schädigung feststellen. Doch identifizieren konnte Pepper die Reste des Leichnams nicht. Da mit den Armen auch die Hände fehlten, ließ sich kein Fingerprint abnehmen. Alle Knochen, aus denen man auf das Lebensalter schließen konnte, waren ebenfalls entfernt worden. Da es keinen Kopf gab, war auch die Identifizierung durch das Gebiss ausgeschlossen. Es war sogar schwierig, das Geschlecht der Leiche zu bestimmen. Die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale waren ebenfalls herausgeschnitten worden. Nur die Beschaffenheit einiger Körperhaare ließen vermuten, dass es eine weibliche Leiche war.
    Auch die Todesursache ließ sich nicht mehr feststellen. Dr. Pepper konnte nicht sagen, ob das Opfer erdrosselt, erstochen oder erschlagen worden war. Vielleicht war es auch vergiftet worden. Pepper übergab einige der inneren Organe dem Toxikologen Dr. Willcox zur weiteren Untersuchung. Nach der Obduktion stand für Pepper also lediglich fest, dass ein chirurgisch erfahrener Mann eine vermutlich weibliche Leiche zerstückelt hatte.
    Das genügte natürlich nicht, um Dr. Crippen des Mordes zu überführen. Doch es reichte für Scotland Yard erst einmal aus, eine steckbriefliche Fahndung nach Crippen und Ethel auszulösen, die auch auf dem Kontinent verbreitet wurde. Denn Dew war überzeugt, dass sich die Gesuchten nicht mehr in England aufhielten.
    Dr. Pepper konnte sich nicht damit abfinden, dass er die Tote bisher nicht hatte identifizieren können. Auch Staatsanwalt Muir andrängte nach Beweisen. Zwar hatte man inzwischen festgestellt, dass die Kleidungsstücke, in die die Leichenteile eingewickelt gewesen waren, von Cora stammten. Aber was der Staatsanwalt brauchte, war die Identifizierung der Leiche.
    Schließlich war Dr. Peppers unermüdlicher Kleinarbeit doch ein Erfolg beschieden. Er isolierte ein Hautstück, an dem sich noch einige Haare befanden. Ihrem Aussehen nach könnten es Schamhaare sein, das Hautstück gehörte also zum Unterleib. Auf dem Hautstück ließ sich eine Veränderung erkennen, die der ehemalige Chirurg Pepper für eine Operationsnarbe hielt.
    Staatsanwalt Muir hatte inzwischen die Leitung der weiteren Ermittlung übernommen. Er ließ nachforschen, ob an Cora Crippen einmal eine Unterleibsoperation vorgenommen
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