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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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Crippens.
    Am nächsten Tag schickte Robin seine zwei Gutachter in die Arena. Wider besseres Wissen bestätigte Dr. Turnbull seine Zweifel an Spilsburys Beweisen. Aber Spilsbury, der elegante Gentleman mit der Nelke im Knopfloch, ließ sich von Turnbulls und Robins Argumenten nicht beeindrucken. Sie verstärkten nur seine Angriffslust. Einen Tag später erschien er mit einem Mikroskop im Gerichtssaal. Er scharte die Geschworenen um sich und erklärte in einer auch ihnen verständlichen Weise, wie sich ein Narbengewebe von normalem Gewebe unterscheide. Er ließ die Geschworenen im Mikroskop die zahlreichen Gewebeschnitte betrachten, die er angefertigt hatte.
    Spilsburys Demonstration war überwältigend. Unter den drängenden Fragen des Richters mussten Dr. Turnbull und Dr. Wall schließlich zugeben, dass sie sich geirrt hatten.
    Nach kurzer Beratung sprachen die Geschworenen Dr. Crippen des Mordes schuldig. Crippen wurde zum Tode verurteilt. Vor seiner Hinrichtung wiederholte er, er sei unschuldig. Deshalb habe Ethel ihm auch geglaubt, seine Frau sei zu ihrem Geliebten nach Amerika gegangen.
    Ethel le Neve hatte inzwischen ihren eigenen Prozess bekommen, war aber freigesprochen worden.
    Am 23. November 1919 wurde Crippen hingerichtet.
    Obwohl die Indizien, vor allem aber die gerichtsmedizinischen Beweise, Crippen überführt hatten, zweifeln bis heute einige Berichterstatter an Crippens Schuld. So nennt A. Ries in seinem Report »Der raffinierte Dr. Crippen« den Fall ungelöst, da der Schuldspruch aufgrund widersprüchlicher medizinischer Gutachten gefällt worden sei. J. Thorwald zeigte jedoch mit seiner detaillierten Darstellung des Gutachtens von Spilsbury eindeutig, wo im Duell der Gutachter die wissenschaftliche Wahrheit stand: auf Seiten Spilsburys, was schließlich auch seine Gegner anerkennen mussten.
    Und der englische Schriftsteller Emelyn Williams ist überzeugt, dass Crippen seine Frau nicht vorsätzlich getötet habe. Crippen könne nicht so dumm gewesen sein, »dass er sich ... in eine bekannte Apotheke begibt, auf seinen eigenen Namen ein tödliches Gift kauft und dann 12 Tage später einen vorsätzlichen Mord in seinem eigenen Haus begeht.« Williams nimmt an, Cora sei durch einen Unfall ums Leben gekommen. Sie habe das Gift mit einem Herzmittel verwechselt.

    Der Quecksilber-Mord

    Ein Arzt tötet den Ehemann seiner Geliebten. Der Mord ist klar. Sein Motiv bleibt verdunkelt.
    Der Täter selbst verlieh seiner Tat einen unausgesprochen heroischen Anstrich, so dass sie wie die moderne Version eines Archetyps erscheinen musste: die Befreiung der Jungfrau aus der Gewalt des Drachen.
    Nur war der Drache im Gegensatz zur Sage kein menschenfressendes Ungeheuer, sondern ein arbeitsloser verbitterter Mann. Und die Jungfrau war keine Jungfrau mehr, sondern die Angetraute des Drachen - eine Frau, die höhere finanzielle und sexuelle Ansprüche stellte, als ihr viel älterer Ehemann sie erfüllen konnte. Und der sie deshalb, angezogen von ihr und zugleich abgestoßen, anbetete und manchmal schlug.
    Und der edle Ritter, leidenschaftlich in diese Frau verliebt, erfüllte jahrelang ihre materiellen und erotischen Forderungen und schließlich auch ihren größten Wunsch: vom Drachen befreit zu werden.
    Und er tötete den Drachen. Nicht mit dem Speer, nicht mit dem Schwert, sondern mit einer Giftspritze. Immer wieder, Tag um Tag, stach er zu, bis der Drache verschied.
    So leicht sich diese verfremdete Deutung anbietet - der Liebhaber einer Frau erlöst sie aus einer verhassten Ehe - so viel mehr Fragen gibt das wirkliche Mordgeschehen auf. Nicht alle Fragen lassen sich beantworten. Und manche Antwort wird nur Vermutung bleiben müssen.
    Als Dr. Joseph Bröcher im März 1927 den Mord beging, praktizierte er als Arzt in Köln. Der 41 jährige sah jünger aus, als er war, fast kindlich noch. Ein wenig prägnantes glattes Allerweltsgesicht, bartlos entgegen der Zeitmode. Kühl blickende Augen. Der Mund mit den fülligen Lippen gab Bröcher einen amüsiert-mokanten Ausdruck.
    Bröchers Vater war Oberpostsekretär gewesen. Als kleiner Beamter hatte er seinen drei Kindern eine gesicherte Zukunft zu schaffen versucht. Josephs Bruder und Schwester waren Lehrer geworden, Joseph hatte Medizin studiert, während des Krieges sein Examen abgelegt und 1922 eine Anstellung als Assistenzarzt im Kölner Marienhospital erhalten.
    Bröcher zeichnete sich nicht durch außergewöhnliche ärztliche Leistungen aus. Aber er war beliebt. Die
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