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Sturm der Barbaren

Titel: Sturm der Barbaren
Autoren: L. E. Modesitt
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I
     
    D er Mann trägt weiße Hosen und eine weiße Tunika, die mit weißem Leder gegürtet und mit einer glänzenden weißen Metallspange gesichert ist. Seine Stiefel sind weiß bis zu den dicken Ledersohlen und seine Hände stecken in weißen Handschuhen. Die einzigen Farbtupfer stellen die zwei goldenen Kometenschweife dar – einer auf jeder Seite des kurzen eckigen Kragens der Tunika.
    Ein dunkelhaariger Junge, der schimmernde graue Hosen und ein kurzärmeliges Hemd aus dem gleichen schimmernden Stoff trägt, hält die linke Hand des Mannes. Beide gehen einen Flur entlang. Fußböden, Wände und Decken glänzen in weißem Granit, nur ein Fenster ist anders als die anderen, es ist aus einem so dunklen, glasähnlichen Material, dass es beinahe schwarz wirkt. Dieses Fenster befindet sich zur Rechten des Mannes, genau in der Mitte zwischen den zwei Metalltüren, die beide aus dem gleichen glänzend weißen Metall geschmiedet sind.
    Als die beiden das Fenster erreichen, bleibt der Mann stehen, bückt sich und hebt den Jungen hoch. Er hält ihn so, dass ihre Köpfe auf gleicher Höhe sind. Der Mann neigt den Kopf vor dem dunklen Glas. »Dort. Dort ist der Erste Turm.«
    Der dunkelhaarige Junge – seine bernsteinfarbenen Augen sind durch das alte, dunkle Glas geschützt – starrt auf das glitzernde Lichttrapez jenseits der Mauer. Die dunkle Durchsichtigkeit filtert alles heraus, was hinter der Mauer liegt, nur nicht das glühende Licht, das der Turm ist.
    »Eines Tages«, sagt der Mann, »eines Tages, Lorn’elth … werdet ihr, du und dein Bruder, Magi’i der Rationalen Sterne sein. Eines Tages werdet ihr die Oberhand über die Türme des Lichts führen und damit die Macht des Chaos für euch arbeiten lassen, um weiterhin Frieden und Wohlstand nach Cyad zu bringen und damit für alle Einwohner Cyadors.«
    Plötzlich schaudert der Junge, er fängt sich jedoch gleich wieder und wendet den Blick nicht vom Chaos-Licht des Turmes ab.
    »Um ein Magi’i zu werden … muss man einen langen, steinigen Weg zurücklegen.« Der Mann lächelt seinen Sohn an, sogar seine sonnengoldenen Augen lächeln dabei. »Aber wenn du einmal älter bist, wirst du feststellen, dass es die Mühe wert ist, denn nichts ist vergleichbar mit der Herrlichkeit Cyads und dem Frieden und der Anmut seiner Bewohner.«
    Der Magier setzt Lorn’elth behutsam auf dem glänzenden weißen Steinfußboden ab und nimmt ihn wieder an die Hand. Sie gehen weiter den Flur entlang bis zur zweiten Tür, wo der Vater die Hand hebt. Ein Strahl aus goldener Energie flammt von einem Punkt direkt über den Handschuhen zur Tür. Dann schiebt der Mann die Tür in die vorgesehene Nische zu seiner Linken. Die beiden betreten den zweiten Flur und der Magier schließt die Tür hinter ihnen.
    Dort erwartet sie in der Mitte des zweiten weißen Steinflurs ein weiteres Fenster.
    An diesem Fenster hebt der Mann seinen Sohn erneut hoch und spricht sanft zu ihm. »Ihr werdet diejenigen sein, die die reine Chaos-Energie von den Türmen auf die Feuerschiffe, Feuerwagen und Feuerlanzen Cyadors übertragen. Ihr werdet dafür sorgen, dass die Stadt so schön bleibt, wie sie ist, und dass die Bewohner den Kaiser und die Magi’i der Rationalen Sterne weiterhin preisen.«
    Durch das verdunkelte Glas – es ist jedoch nicht ganz so dunkel wie das im ersten Flur – beobachtet der Junge mit ernstem Blick den sechsrädrigen Feuerwagen, der lautlos durch die schimmernde Umzäunung rollt, die den mächtigen Turm umgibt. Dunkle Gestalten huschen umher, sie laden die eckigen Zellen von den Ladeflächen der Fuhrwerke ab und ersetzen sie durch andere Zellen, die beinahe glitzern. Dann rollt der Feuerwagen wieder hinaus, ein anderer fährt hinein und hält an.
    »Das ist das Herz von Cyad und ganz Cyador und es kann dein sein, Lorn’elth.« Der Vater setzt den Sohn wieder auf dem Fußboden ab. »Es wird dein sein.«
    Die zwei verfolgen den Weg zurück, den sie gekommen sind; die schweren Stiefel flüstern nur leise auf den harten Steinen des Flurs.

 
II
     
    I m Süden über dem Westmeer und der Bucht steigen dicke Wolken auf, doch sie sind nicht grau genug, um mit baldigem Regen drohen zu können. Noch steigen sie hoch, um die Sonne zu vernebeln, die ihr mittägliches Herbstlicht auf das Spielfeld wirft, das schon vor Generationen am Hang angelegt wurde. In der frischen Meeresbrise laufen abwechselnd etwa zwanzig Schüler über das Feld und bleiben dann abrupt stehen; ihre polierten
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