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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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dass hier niemals eine Cora Crippen verstorben und beerdigt worden sei. Als Dew daraufhin Crippen erneut aufsuchte, sagte der Doktor zu Dews Überraschung: »Ich muss Ihnen ein Geständnis machen, Sir, unter Männern. Ich bin sicher, Sie werden mich verstehen. Meine Frau ist nicht tot. Sie hatte bis zu ihrem Weggang ein Liebesverhältnis mit dem Amerikaner Bruce Miller. Mit ihm ist sie in die USA gegangen. Das ist für einen Mann wie mich eine peinliche Angelegenheit, nicht wahr? Deshalb habe ich Coras Tod erfunden. Aber ich versichere Ihnen, sie lebt, gesund und munter, bei ihrem amerikanischen Freund.«
    Dew glaubte, Menschenkenntnis zu haben. Dieser stille freundliche Doktor mochte ein miserabler Liebhaber gewesen sein, der den Ansprüchen seiner exaltierten Frau nicht genügte. Ein Mörder war er nicht. Pflichtgemäß besichtigte Dew alle Räume des Hauses bis hinunter in den Keller, er fand nichts Verdächtiges. Er setzte ein kurzes Protokoll über Crippens Aussage auf, das der Doktor unterschrieb. Dew erklärte, damit sei für ihn der Fall erledigt, er werde den Abschlußbericht anfertigen.
    Kaum hatte der Chefinspektor das Haus verlassen, fiel die Maske unschuldiger Gelassenheit von Crippen ab. Konnte er Dew glauben, die Ermittlung würde eingestellt? Wenn er das nur gesagt hatte, um ihn in Sicherheit zu wiegen, damit er weiteres Belastungsmaterial sammeln konnte?
    Habe ich vielleicht doch Spuren im Keller hinterlassen, fragte sich Crippen, oder die Briefe zu ungeschickt gefälscht? Und wenn Dew nun Ethel verhören würde? Und Ethel unwissend eine verräterische Bemerkung machte?
    Er eilte in den Keller und überprüfte sorgfältig den Ziegelboden. Saß ein Stein locker? Hatte er in einer Ecke Reste ausgeschaufelter Erde übersehen? Alles schien in Ordnung. Aber nur so lange, bis die Polizei gründlicher als Dew nachforschen würde.
    Crippen war sich bewusst, wie ihn Panik ergriff. Er fürchtete, eine weitere Hausdurchsuchung und Vernehmung nicht mehr durchstehen zu können.
    Angst ist ein schlechter Ratgeber in einer Krisensituation.
    Und Crippen reagierte unter dem Druck der Angst so unüberlegt, als hätte er sich selbst die tödliche Falle aufgestellt, in die er schließlich lief.
    Crippen beschloss, mit Ethel zu fliehen, am besten nach Kanada. Fliehen: das hieß, alles aufgeben, seine Praxis, sein Haus, sein Vermögen. Und hieß, mit der Geliebten in eine ungewisse Zukunft flüchten. Und hieß wohl zuletzt und zu allermeist auch: sich durch die Flucht verdächtig zu machen und die Verfolgung auszulösen.
    Was Crippen in den nächsten Stunden tat, kann nur vermutet werden. In der späteren Verhandlung hat er jede Aussage verweigert. Möglicherweise hat er Ethel nun alles gestanden. Die Polizei verdächtige ihn bereits, sie müssten nach Kanada fliehen. Nur so erklärt sich Ethels Bereitschaft, mit ihm zu gehen. Denn sie musste fürchten, der Mitwisserschaft bezichtigt zu werden.
    Crippen nahm so viel Geld an sich, wie er flüssig machen konnte. Er besorgte für Ethel passende Herrenkleidung. Er verschaffte sich - wie in so kurzer Zeit? - falsche Pässe.
    Unter den Namen Mr. Robinson und Sohn reisten beide nach Rotterdam, blieben dort einige Tage und fuhren dann nach Antwerpen weiter. Dort mieteten sich Mr. Robinson und Sohn auf dem Schiff MONTROSE ein, das Quebec in Kanada zum Ziel hatte.
    Als das Schiff den Hafen verließ, atmeten die Robinsons auf. Nun glaubten sie sich endlich in Sicherheit.
    Aber ihre Freude währte nicht lange.
    Scotland Yard war ihnen längst auf der Spur.
    Wenige Tage nach dem letzten Besuch bei Crippen wollte der Chefinspektor seinen Abschlußbericht verfassen. Er brauchte noch einige unwichtige Angaben. Deshalb begab er sich nochmals zu Crippens Haus und musste erfahren, dass Crippen und Ethel Hals über Kopf abgereist seien. Wohin, wusste niemand. Das kam für einen Kriminalisten einem Schuldeingeständnis gleich. Dew ließ Crippens Haus öffnen und untersuchte es nun sehr gründlich.
    Im Keller entdeckte er das Grab. Und im Grab Stücke verwesenden Fleisches, die in Kleidungsstücke eingewickelt waren.
    Dew zweifelte nicht daran, dass er hier die Überreste von Cora Crippen gefunden hatte. Aber er bezweifelte, das bei dem Zustand der Leichenteile auch beweisen zu können.
    Für diesen Zweifel hatte er Gründe. Andere entwickelte Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien besaßen damals bereits eine hochspezialisierte Gerichtsmedizin, die beispielsweise auch bei der
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