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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)
Autoren: John Wyndham
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Vorwort von M. John Harrison
    Vorwort
    von M. John Harrison
    1949: John Wyndham Parkes Lucas Benyon Harris, ein Autor bis dahin nicht sonderlich erfolgreicher Romane, die er als »Abenteuergeschichten von galaktischen Gangstern« beschreibt, kommt zu dem Schluss, dass er etwas stärker auf die Gegenwart Bezogenes schreiben will. Indem er sich vom US-amerikanischen Pulp-Markt abwendet, seinen Namen zu John Wyndham vereinfacht und sich als Thema eine Katastrophe in einer wiedererkennbaren nahen Zukunft wählt, rehabilitiert er nicht nur seinen eigenen Namen, sondern das Medium der Science Fiction gleich mit.
    Der Katastrophenroman reitet auf der Welle zeitgenössischer Ängste, indem er sie als bereits eingetretene Katastrophe betrachtet. Nachdem Wyndham sich neu erfunden hatte, schlüpfte er aus seinem Kokon und fand sich in einem Zeitalter voll neuartiger Ängste wieder. Gewaltige Veränderungen standen ins Haus: Der Krieg hatte den Engländern gezeigt, dass ihr kostbarster Besitz – eine stabile Gesellschaftsordnung, ein ruhiges Leben, verlässliche Kom munikations- und Versorgungswege – innerhalb von sechs Monaten erodiert und durch Unsicherheit, Ausfälle und Verknappung ersetzt werden konnte; die Macht wurde dem Vorkriegs-Mittelstand aus den Händen genommen (ein Ereignis, das in den großen englischen Filmen von Michael Powell und Emeric Pressburger zugleich beklagt und gefeiert wird) und einer bürokratischen Infrastruktur übertragen – und dort verblieb sie auch nach dem Krieg.
    Diese Verschiebung, die nicht nur die politische Oberfläche betraf, sondern tiefer ging, wurde von technologischen Entwicklungen begleitet und ermöglicht. In einigen Fällen – etwa bei der Entdeckung des Penicillins – erschienen diese Entwicklungen überaus vorteilhaft. In anderen Fällen – so bei der Anwendung neuer Technologien in der Landwirtschaft, durch die das Landleben des Viktorianischen Zeitalters endgültig zugrunde gerichtet wurde – war weniger deutlich, ob es sich um einen wünschenswerten Wandel handelte. Überhaupt keine Vorzüge waren dort zu erkennen, wo neue Entwicklungen in der Ballistik, Kybernetik und Kernphysik zusammentrafen und das erschufen, was zur Schlüsselbedrohung der darauf folgenden vier Jahrzehnte werden sollte: die Möglichkeit eines Atomkriegs. In den Elendswintern der unmittelbaren Nachkriegsjahre, überschattet von einer Wissenschaft, die sie nicht mehr verstanden, und ohne den Trost religiöser oder imperialer Gewissheiten, verkrochen sich die Engländer in ihren schlecht beheizten Häusern und fragten sich, was die Zukunft wohl bringen würde. Und es war John Wyndhams genialer Verdienst, ihnen eine Möglichkeit zu eröffnen, über ihre Lage nachzudenken.
    »Die Triffids« beginnt mit einer vielschichtigen Metapher für einen Stromausfall in Kriegszeiten. Am nächtlichen Himmel tauchen geheimnisvolle grüne Lichter auf, die die Menschen erblinden lassen – wahrscheinlich rühren sie von der unbeabsichtigten Zündung einer Superwaffe im Orbit her. Bill Masen, der sich gerade von einer Operation erholt, von der er befürchtet hat, dass sie ihn das Augenlicht kosten würde, nimmt seinen Verband ab und stellt fest, dass die Welt über Nacht dem Chaos anheimgefallen ist. »Dies sind private Aufzeichnungen«, erklärt er zu Beginn des zweiten Kapitels. »Vieles von dem, was sie enthalten, ist für immer verschwunden, dennoch kann ich hier nur die Worte gebrauchen, die wir für diese verschwundenen Dinge hatten, ich sehe keine andere Möglichkeit.« Seinen Worten liegt eine vielschichtige Ironie zugrunde: Bill Masen steht für die alte, verlässliche Welt, aber seine Augen sind sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne offen für das Neue. Schon bald durchlebt er, stellvertretend für die Leser, einen der großen politischen Albträume der Nachkriegsjahre: den Zusammenbruch von Gesellschaft und Infrastruktur.
    In langen Reihen stolpern die Blinden durch eine brennende Stadt mit defekter Kanalisation. Eine von ihnen erklärt, dass es sie am meisten erschreckt habe, »dass die Welt, die wir für völlig sicher gehalten haben, einfach so untergegangen ist«. Nichts funktioniert mehr. Das Essen wird knapp. Niemand weiß, was zu tun ist. Jeder hat eine andere Vision von der postapokalyptischen Zukunft, und viele sind bereit, um die Verwirklichung der ihrigen zu kämpfen. Sehende Opportunisten beuten die Blinden aus, und die Blinden nehmen sich ihrerseits sehende Sklaven, um ihr
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