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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
Autoren: Hans Pfeiffer
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Rascher von Himmler persönlich ermächtigt worden war, Höhenflugversuche mit KZ-Häftlingen durchzuführen, setzte sich mit dem Berliner Institut in Verbindung. Beide Direktoren beschlossen, die Versuche zu koordinieren. Bevor Weltz, Ruff und ein ziviler Mitarbeiter namens Dr. Romberg in das KZ Dachau fuhren, um das Unternehmen mit der Lagerleitung abzusprechen, diskutierten sie erst untereinander den ungewöhnlichen Auftrag.
    Prof. Weltz hatte anfangs Vorbehalte gegen Raschers Projekt gehabt. Erst als ihm Rascher klar machte, dass Himmler persönlich hinter diesem Auftrag stand, verdrängte er seine Bedenken gegen Menschenversuche. Nun, im Gespräch mit den Kollegen, suchte er sie zur Mitarbeit zu gewinnen: »Unser Projekt ist kriegswichtig. Tierversuche können es nicht klären. Auch ist uns ja versichert worden, die Versuchspersonen seien Verbrecher, die sich freiwillig dafür zur Verfügung stellen, gegen eine Belohnung. Solche Experimente mit freiwilligen Todeskandidaten hat es ja auch schon früher gegeben, beispielsweise in den USA.«
    Dr. Ruff aus Berlin stimmte ihm zu. »Ich sehe auch nichts Verwerfliches an diesem Auftrag. Schließlich stammt er vom Reichsführer der SS, der ja als Chef der Polizei dem Innenministerium angehört und die Verantwortung übernommen hat.«
    Grundsätzliche Bedenken, ob sie mit diesen Versuchen das ärztliche Ethos verrieten, kamen nicht auf. Und zu diesem Zeitpunkt, so sagten sie später, konnten sie sich auch nicht vorstellen, dass in der Uniform eines deutschen LuftwaffenStabsarztes ein Sadist steckte, der von vornherein entschlossen war, die Versuche bis zu ihrem tödlichen Ende zu treiben.
    Und so begaben sich Weltz, Ruff, Romberg und Rascher ins Lager nach Dachau, um die Versuche vorzubereiten und sich die entsprechenden Versuchspersonen liefern zu lassen.
    Obwohl Prof. Weltz aufgrund seines höheren Ranges und seiner Qualifikation formell der Chef der »Forschungsgruppe« war, ließ er Rascher freie Hand. Damit hatte Rascher faktisch die Leitung der Versuche, wie es seinem mörderischen Ehrgeiz entsprach.
    Die Flughöhe, deren Auswirkung auf die Piloten getestet werden sollte, wurde in einer Unterdruckkammer simuliert. Vakuumpumpen stellten Bedingungen eines niedrigen Luftdrucks her, wie sie einer Flughöhe von 21 000 Metern entsprachen. Diese Unterdruckkammer, mit der bisher nur Versuche für eine Höhe von 12 000 Metern vorgenommen worden waren, wurde aus Berlin nach Dachau verbracht. Rascher selbst stieg einmal in die Kammer. Aber bereits bei einer simulierten Höhe von 12 000 Metern verließ er die Kammer wieder. »Nie wieder da hinein«, sagte er. »Wahnsinnige Kopfschmerzen. Als würde der Schädel auseinander gesprengt.«
    Im Frühjahr 1942 begann Rascher, dem Dr. Romberg als ziviler Angestellter der Luftwaffe zur Assistenz zugeteilt war, mit den Höhenversuchen in der Unterdruckkammer. In den Schriftstücken und Briefen sprach man, wie schon erwähnt, von Asozialen oder zum Tode verurteilten Berufsverbrechern. Tatsächlich jedoch nahm Rascher die Versuchspersonen aus den Reihen gefangener russischer Offiziere, polnischer Geistlicher, deutscher und ausländischer jüdischer Häftlinge. Von den 200 Versuchspersonen hatten sich nur 10 freiwillig gemeldet.
    Manchmal experimentierte Rascher zusammen mit Romberg, der dann die Herztätigkeit der Versuchspersonen überwachte und durch EKG kontrollierte. Meist aber führte er die Versuche allein aus, um unbeobachtet töten zu können. Nur ein Häftling namens Neff war bei fast allen Versuchen dabei. Als KZ-Insasse war er ein Nichts, er war da und als Unperson doch nicht da. Rascher sah keinen Anlass, etwas vor ihm zu verbergen, er war sowieso ein Todeskandidat. Neff war später ein wichtiger Zeuge zu Raschers Mordtaten.
    Die Versuchsperson wurde in der Unterdruckkammer durch ein Sauerstoff-Bläser-Gerät rasch in die simulierte Höhe von
    12 000 Metern gebracht. Dann musste sie die Sauerstoffmaske abnehmen. Rascher drehte den Hahn der Kammer, um den Druck darin entsprechend zu verringern. Die Versuchsperson begann krampfhaft zu zucken, die Atmung wurde röchelnd wie bei einem Sterbenden. Der Körper erschlaffte, die Atemnot wuchs. Arme und Beine bewegten sich sinnlos. Das Stöhnen des Mannes ging in laute Schreie über. Dabei biss er sich die Zunge blutig.
    Als Rascher den Versuch beendete, wies er auf den Bewusstlosen und sagte zu Romberg: »Sieht aus wie ein völlig Geistesgestörter.«
    Erst nach Tagen ließen bei den
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