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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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zufrieden lag Willie Garvin da und schaute in den Himmel hinauf. Mit der anderen Hand begann er die schwarzen Gummibänder, die ihr Haar zu einem Knoten gebunden hielten, abzuziehen. Er wußte, daß sie jetzt ihr Haar lose haben wollte; sie wollte sich körperlich frei fühlen, am liebsten die Kleider abstreifen und ihren Körper in kaltem, funkelndem Wasser reinigen.
    Nach zwei Minuten verging das Zittern, und sie lag still. Hagans Stimme rief noch immer, aber näher. Mit einem Seufzer kniete sie sich auf, wischte sich das Gesicht mit dem Pulloverärmel ab und lächelte auf Willie hinunter. Alle Spannung war nun aus ihren Augen verschwunden.
    «Warum, zum Teufel, tu ich das nur?» sagte sie hilflos. «Warum muß ich immer – immer flennen, wenn ein Job vorbei ist?»
    «Nicht immer, Prinzessin», sagte er gelassen. «Nicht oft. Nur nach den wüsten Dingern. Und diesmal sind wir ja sehr lange auf der Kippe gesessen.» Er richtete sich vorsichtig zum Sitzen auf. «Ich persönlich finde es nett», sagte er einfach. «Ehrlich, Prinzessin. Es ist nett und so irgendwie – weiblich.»
    Sie lachte und stand auf. «Möglich. Aber ich möchte nicht, daß es jemand weiß.»
    «Tut ohnehin keiner. Außer Mrs. Garvins kleinem Willie. Und der zählt nicht.»
    «Nur der zählt», sagte sie und ging den Abhang hinauf, um nach Paul Ausschau zu halten.
    Der Kampf war vorbei. In der Ferne konnte Modesty Abu-Tahirs Leute erkennen, wie sie Gefangene zum Kloster trieben. Eine kleine Gruppe von drei, vier Arabern war zurückgekommen und näherte sich ihr. Sie waren noch einige hundert Meter entfernt, aber sie glaubte Abu-Tahir zu erkennen. Mit ihnen ging ein großer grauhaariger Mann in brauner Hose und einem dunkelgrünen Jackett. Tarrant.
    Paul war schon ziemlich nahe gekommen, er stand oben rechts auf einem kleinen Felsbuckel und blickte angestrengt um sich. Modesty winkte und sah, wie er von dem Felsen herunterschlitterte und verschwand.
    «Bin gleich wieder da, Willie», sagte sie und ging ein Stück weiter. Als Paul in Sicht kam, rannte er, und der Cobra-Colt schwang in seiner Hand. Als er sie erblickte, verlangsamte er sein Tempo zum Schritt und steckte den Revolver ein. Sie sah die zwei tiefen Kerben in seinem Gesicht, die sich von der Nase zu den Mundwinkeln krümmten, und die Spuren der Anspannung um seine Augen.
    Sie standen voreinander. In der Nähe lagen zwei Männer im Tod ausgestreckt, und auf dem felsigen Boden waren Blutspritzer.
    Hagan schüttelte stumm den Kopf. Das war das Ende der langen Qual. Da waren das Warten und die Angst gewesen; der Aufruhr der Telefonate und Alarmvorbereitungen; das Rasen von Port Said zum Flugfeld, das Warten auf Abu-Tahirs Männer, und der anscheinend endlose Flug über das Mittelmeer am Steuerknüppel des Segelflugzeugs mit der dröhnenden DC-6 vor ihnen, Abu-Tahirs Männer im Rumpf hinter ihm zusammengedrängt. Tarrant, der unglaublicherweise zu Abu-Tahir gesagt hatte: «Ach was, Ihre verfluchten Diamanten, die sind wenigstens unzerstörbar.»
    Abu-Tahir, der grinste, sein Gewehr tätschelte und sagte: «Ich auch denke zuerst an Modestii, Sir Tarrant.»
    Und endlich der flüchtige Anblick von Gewehrfeuer unten, bevor er sich ganz auf die Landung konzentrierte; der Albtraum jener Augenblicke und die Zweifel, ob sein Können, dessen er sich erst wieder entsinnen mußte, auch genügen würde; das Gefühl des Staunens, als das schlitternde Segelflugzeug splitternd zu einem Halt kam und er entdeckte, daß er noch immer lebte und unverletzt war.
    Noch vor einer halben Minute war die Hoffnung in ihm fast tot gewesen. Er hatte das Gefühl gehabt, daß er ein herumirrender Geist sei, etwas Substanzloses, als er in den Felsen nach ihrer Leiche suchte. Jetzt aber spürte er wieder, daß er aus Fleisch und Blut war, Glieder und Muskeln, Knochen und Mark hatte, und er war sich der wannen Sonne auf seinem Gesicht bewußt.
    Modesty lächelte ihn ein bißchen unsicher an, als erschiene er ihr einen Augenblick lang als ein Fremder.
    Ihr Gesicht war abgeschürft, verschmiert von Schmutz und Pulverrauch, ihre Hände schwarz. Sie stand in absatzlosen Stiefeln da. Der Pullover war zerfetzt, und ein langer Riß klaffte am Knie ihrer Hose. Das Haar klebte feucht an ihrem Kopf, hing aber im Nacken lose bis knapp unter die Schultern. Sie sah wie ein kleiner Knirps aus, der einen Vormittag lang auf einem nassen Mistablagerungsplatz gespielt hatte.
    «Um Himmels willen», sagte Hagan langsam, «wie hat mich bloß
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