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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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Pathos, konnte aber seine Begeisterung über die günstige Gelegenheit nicht verbergen.
    «Soll ich sie anrufen, Sir?»
    Die Nachtluft war angenehm warm, als Fraser seinen alten Bentley den Constitution Hill hinablenkte und den Wagen höflich, aber unerbittlich durch den Verkehr am Hyde Park dahinbrausen ließ. Als er einem Taxichauffeur einen Schrei berechtigter Empörung entlockte, antwortete er mit einer einfältig vorgebrachten Entschuldigung, ließ ihr aber sofort einen gebrüllten Fluch von derart schauerlicher Bildhaftigkeit folgen, daß Tarrant seine Bewunderung nur schwer verbergen konnte.
    «Ihr Gespräch mit Modesty Blaise war aber sehr kurz», sagte er, als sie durch den Park fuhren. «Hat sie denn keine Fragen gestellt?»
    «Nein, Sir Gerald.» Fraser kauerte über dem Lenkrad und blinzelte bekümmert durch die Windschutzscheibe. «Als ich fragte, ob Sie vorsprechen dürften, sagte sie nur: ‹Ja. Sofort, wenn Sie wünschen.› Anscheinend kennt sie Ihren Namen.»
    «Ja. Sie schickte Willie Garvin zweimal von Tanger herüber, um mir ziemlich wertvolle Nachrichten zu verkaufen. Eine Sache über Nasser und etwas sehr Nützliches über die russische Organisation im Libanon.»
    «Welchen Eindruck hatten Sie von Garvin, Sir?»
    «Ein roher Diamant, aber stellenweise bemerkenswert gut geschliffen. Er spricht einen groben Dialekt – aber sein Französisch und Arabisch ist meiner Meinung nach sehr gut. Sein Benehmen ist tadellos; ich lud ihn zum Lunch in den Rand’s Club ein, um ihn einzuschüchtern, aber er hätte dort aufgewachsen sein können. Er feilschte heiter, aber unnachgiebig. Und er hatte die legere Überlegenheit eines – na ja, eines Ministers, den eine regierende Kaiserin entsandt hatte.»
    «Nicht eines Prinzgemahls?» fragte Fraser schüchtern. «Keineswegs. Der Höfling einer Königin – nicht mehr.»
    «Schade, wirklich.» Fraser seufzte und drängte rücksichtslos einen Austin Mini ab. «Wenn die Beziehung anders wäre, dann hätte das vielleicht unsere Verhandlungsbasis gestärkt. Ich meine, jetzt, da Garvin in einer üblen Lage steckt.»
    «Sicher, aber andererseits …?» Tarrant sagte das in einem fragenden Tonfall, der nach einer Ergänzung verlangte.
    «Stimmt.» Fraser nickte feierlich mehrere Male.
    «Wäre Garvin Prinzgemahl, dann steckte er wahrscheinlich nicht in Unannehmlichkeiten. Und Sie hätten dann überhaupt keine Verhandlungsbasis, Sir.»
    Der große Wohnblock mit dem Blick auf den Park war von einem Schüler Le Corbusiers entworfen und vor etwas mehr als einem Jahr fertiggestellt worden, ein Triumph schlichter Eleganz. Im Kellergeschoß lagen eine private Schwimmhalle, Federballplätze und ein Turnsaal für die Bewohner und deren Gäste. Die Fassade war aus Schliffstein, die Dachlinie von Terrassen unterbrochen. Das Penthouse im obersten Stockwerk lag nach Süden und wurde an zwei Seiten von je einer gedeckten Terrasse begrenzt, deren Betonplatten grasbewachsene Fugen zeigten.
    Für den Ankauf des Penthouses waren 70000 Pfund nötig gewesen. Am Empfangspult in der großen Halle neigte ein livrierter Portier höflich den Kopf als Antwort auf Tarrants Frage.
    «Ja, Miss Blaise hat heruntertelefoniert, daß sie Sie erwartet.» Jenseits der weichen kastanienbraunen Fläche der Bodenbespannung befanden sich die massiven Türen eines Privatlifts. Auf einen Knopfdruck des Portiers glitten sie lautlos auseinander.
    «Ja, da ist er schon. Sie hat den Lift für Sie heruntergeschickt. Wenn die Herren bitte eintreten wollen? Er bringt Sie direkt hinauf – er ist nicht für die anderen Stockwerke da.»
    «Danke.» Tarrant drückte auf den Knopf, und die Türen schlossen sich. Der Lift fuhr rücksichtsvoll langsam an und beschleunigte dann sein Tempo in einem weichen Übergang. Oben glitten die Türen auseinander, und die beiden Männer befanden sich in einer weiten, offenen Halle, deren Boden mit anthrazitgrauen Fliesen belegt war. Anschließend lag ein großes, fünfzehn Meter langes Zimmer, dessen vom Fußboden bis zur Decke reichendes Fenster an der gegenüberliegenden Wand den Blick auf den Park und über ihn hinweg freigab. Halle und Zimmer gingen ineinander über, nur von einem leichten, schmiedeeisernen Geländer getrennt, in dessen Mitte drei Stufen zu dem tiefergelegenen Raum führten.
    Das Ganze trug den Stempel einer starken Persönlichkeit, und der erste Eindruck war der von Wärme und Schlichtheit. Dann freilich entdeckte das Auge allmählich allerlei Rätselhaftes in
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