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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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dem gleichen matten Sonnenbraun waren strumpflos, die Füße staken in mattgoldenen, offenen Sandalen mit geschwungenen Absätzen; der Hauch Korallenrot auf den Zehennägeln paßte zu ihrem Lippenrot.
    «Miss Blaise –» Tarrant ging mit ausgestreckter Hand die Stufen hinunter. «Ich bin Tarrant. Und ich darf Ihnen meinen Kollegen John Fraser vorstellen.»
    Ihre Hand war kühl; Tarrant spürte in den langen Fingern drahtige Sehnen spielen. Sie wandte sich zu Fraser, um ihn zu begrüßen, und Tarrant merkte, wie ihre Augen den Mann seiner Stumpfheit entkleideten, ihn mit dem Kennzeichen «nicht zu unterschätzen» versahen und dem Gedächtnis einverleibten.
    «Verzeihen Sie, daß wir noch so spät zu Ihnen kommen, Miss Blaise.» Tarrant ließ nicht mehr als eine Spur Entschuldigung durchklingen. «Stören wir?»
    «Nicht sehr. Es interessiert mich, Sie kennenzulernen.» Die direkte Antwort fegte Förmlichkeit beiseite.
    «Aber ich möchte gerne noch etwas beenden. Es dauert nur drei, vier Minuten – bitte, kommen Sie herein.»
    Sie wandte sich in das Zimmer zurück, und sie folgten ihr. Tarrant war schon früher in Werkstätten von Edelsteinschneidern gewesen, noch nie aber hatte er eine so ordentliche wie diese gesehen. Es standen drei Werkbänke da, vor jeder ein hochbeiniger Hocker. In einer Vertiefung der einen Bank waren drei mit einem Motor verbundene, horizontal angebrachte Räder montiert. Hinter dem von den beiden anderen etwas entfernten Führungsrad stand ein Topf mit Karborundum. Eine Dose mit feinstem Schmirgelsand stand hinter dem Holzrad und ein kleiner Topf mit Zinnasche hinter dem Filzrad.
    Auf der zweiten Werkbank stand eine kleine Uhrmacherdrehbank mit einer eingepaßten Spaltsäge – einer Vertikalscheibe von zehn Zentimeter Durchmesser, aus Phosphorbronze, die Kante mit Diamantenstaub imprägniert.
    Modesty Blaise setzte sich an die dritte Werkbank und bedeutete den Männern mit einer Geste, auf den beiden anderen Hockern Platz zu nehmen. Sie nahm einen Kittstock mit einem an seinem breiten Ende eingekitteten Saphir in die Hand. Aus der Entfernung schätzte Tarrant den Edelstein im Cabochon-Schliff auf vierzig Karat. Modesty machte sich bereit, ihn mit einem Stichelmeißel zu bearbeiten. Sie schaltete den Motor ein, und die Laufspindel begann sich zu drehen.
    Ihr Ausdruck war völlig konzentriert. Sie hielt den Kittstock mit beiden Händen, die Handballen auf der Winkelplatte, und ließ den Edelstein zur Radschneide gleiten.
    Tarrant schaute sich in der Werkstatt um. Ein großer Wandsafe stand offen. Mehrere Laden verschiedener Größe waren aus dem Gestell im Safe herausgezogen worden und standen neben ihm auf der Werkbank.
    In der einen lagen über ein Dutzend Rohedelsteine – Diamanten und Rubine, Smaragde und Saphire –, die zweite enthielt kleinere, schon geschnittene, facettierte und polierte Steine.
    Dann aber erblickte er in einer größeren Lade die geschnittenen Halbedelsteine und hielt den Atem an.
    Da gab es winzige Gefäße und Fläschchen aus Jade und Achat, einen Teufelskopf aus goldschimmerndem Obsidian und eine Rose aus rosa Alabaster. Er sah eine achtarmige Göttin aus weißem Chalzedon und ein großes, flaches, kompliziert graviertes Oval aus Jett.
    Drei Minuten lang war in dem Raum nichts als das Surren des Motors zu hören. Fraser hatte seine Maske völlig vergessen und sah gespannt zu. Modesty Blaise stellte den Motor ab und stand auf.
    Sie klemmte eine Juwelierlupe ins Auge, betrachtete den Saphir kurz, hob den Kopf und ließ die Lupe aus dem Auge in die Hand fallen.
    «Darf ich es sehen, bitte?» fragte Tarrant mit einer Spur echter Schüchternheit.
    «Natürlich. Ich muß es allerdings noch etwas polieren.» Sie reichte ihm Lupe und Kittstock.
    Auf dem Saphir war ein Mädchenkopf im Halbprofil geschnitten, die langen Haare zurückgenommen, die Schultern bloß. Das winzige Gesicht war unglaublich lebendig. Tarrant versuchte zu entdecken, wie dieser Eindruck durch die einfachen Umrißlinien und Vertiefungen erreicht worden war, aber es entzog sich jeder Analyse. Stumm reichte er Fraser Kittstock und Lupe und sah Modesty Blaise an.
    «Ist das Ihr Steckenpferd – Edelsteinschnitt?» fragte er.
    «Ja.» Sie sah ihn offen an. «Beruflich gebe ich mich nicht mehr mit Edelsteinen ab.» Ihr Gesicht wurde von dem plötzlichen Aufwallen eines stummen Gelächters hell. Da war also das Lächeln, das er zu sehen gewünscht hatte! Es war höchst vergnügt, rückhaltlos und mit
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