Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
einer Spur spitzbübischer Schalkhaftigkeit. Tarrant wurde sich bewußt, daß er vergnügt zurückgrinste.
    «Beruflich nicht mehr», sagte er und neigte zustimmend den Kopf. «Wir wissen, daß Sie sich ins Privatleben zurückgezogen haben, Miss Blaise. Und natürlich brauchen Sie ein Steckenpferd, um sich zu beschäftigen.»
    Ihr Lächeln war jetzt verschwunden und hatte nur in den Augen eine Spur zurückgelassen. Bei den letzten Worten Tarrants verschwand auch sie, und Modesty sah ihn nachdenklich an.
    «Natürlich.» Ihre Stimme war ausdruckslos. «Und jetzt – was möchten Sie trinken?»
    Sie folgten ihr in das große Zimmer. Modesty ging zu einer kleinen Bar in einer Wandnische.
    «Bitte, nehmen Sie Platz. Sir Gerald –?»
    «Einen kleinen Brandy, bitte.»
    «Und Sie, Mr. Fraser?»
    «Oh – äh –» Fraser fuhr sich mit dem Finger über die Nase. «Einen großen bitte», sagte er nervös draufgängerisch und machte sich dann in seinem Lehnsessel ganz klein. Geschäftig kramte er in seiner Mappe herum, zog zwei Aktendeckel heraus und legte sie auf den Schoß.
    Tarrant beobachtete beifällig die sparsamen Bewegungen, mit denen Modesty die Getränke eingoß und auf ein Tischchen zwischen den beiden Männer stellte.
    Sich selbst goß sie ein Glas Rotwein ein, einen
vin ordi-naire
, wie Tarrant bemerkte, setzte sich dann an ein Ende der Couch und zog die Beine an.
    «Es ist interessant, Sie kennenzulernen, Sir Gerald», sagte sie und hob leicht das Glas. «Ich besaß seinerzeit, bevor ich mich zurückzog, ein Dossier über Sie.»
    «Oh, ich bin ein langweiliger alter Knabe, Miss Blaise.» Er schlürfte den Brandy und spürte eitel Gold durch seine Kehlen rinnen. «Sie haben einen viel faszinierenderen Lebenslauf.»
    «Wieviel ist Ihnen von ihm bekannt?»
    «Äh, Fraser würde sich schrecklich aufregen, wenn ich behaupten wollte, daß wir überhaupt etwas
wissen
.
    Das meiste daran sind Vermutungen und Rückschlüsse.»
    «Darf ich sie hören?»
    «Natürlich.»
    Tarrant nickte Fraser zu, der einen Aktendeckel öffnete und stirnrunzelnd die Schreibmaschinenseiten darin betrachtete.
    «Nun ja – äh – kurz gesagt, Miss Blaise», begann er unbehaglich, «zum erstenmal führen wir Sie in Ihrem ungefähren Alter von siebzehn. Wir glauben, daß Sie aus einem Vertriebenenlager im Mittleren Osten kamen, und es gab keine Möglichkeit, Ihr genaues Alter zu überprüfen.»
    «Darin kann ich Ihnen nicht helfen, Mr. Fraser», sagte sie ernst. «Es war auch mir nie möglich, es zu erfahren.»
    «Ich verstehe. Nun, um zusammenzufassen: Sie waren staatenlos, und in diesem ungefähren Alter von siebzehn arbeiteten Sie, wie wir hier verzeichnet haben, in einem kleinen Spielsalon in Tanger. Er unterstand der Louche-Gruppe – Henri Louche leitete eine kleine Verbrecherorganisation. Ein Jahr später, nach seinem Tod von Händen seiner Rivalen, übernahmen Sie die Führung. Es erfolgte eine bemerkenswerte Erweiterung des Unternehmens.»
    Fraser sah mit einem eulenhaften Blick von seinem Dossier auf.
    «In diesem Stadium», sagte er, «unterscheide ich nicht zwischen Tatsachen und Vermutungen, verstehen Sie?»
    «Das ist sehr klug von Ihnen, Mr. Fraser.» Modesty Blaise stand auf, nahm eine silberne Zigarettendose vom Tisch und bot sie Fraser an. Die Zigaretten waren Perfecto Finos. Als er ablehnte, nahm sie selbst eine und stellte einen Zigarrenbehälter neben Tarrant.
    «Ich habe Sie nicht erwartet», sagte sie, «ich fürchte, Sie haben daher nur die Wahl zwischen BurmaStumpen und Petit Coronas.»
    «Eine Petit Corona nehme ich gern, danke. Aber was hätten Sie mir angeboten, wenn Sie mich erwartet hätten, Miss Blaise?»
    «Sie rauchen Punch-Punch Claro, glaube ich.»
    «Ja, tatsächlich.» Er drehte die Zigarre sanft zwischen den Fingern und beobachtete Modesty, als sie zu ihrem Sitz zurückkehrte. «Willie Garvin hat ein Auge für Einzelheiten. Ihr Dossier über mich muß ziemlich erschöpfend sein.»
    «Das war es. Aber langweilig war es nicht. Bitte, fahren Sie fort, Mr. Fraser.»
    «Die Gruppe», sagte Fraser und blätterte um, «unter der – äh – neuen Leitung wurde mit der Zeit als ‹Das Netz› bekannt und arbeitete auf internationaler Ebene.
    Zu den Verbrechen gehörten Kunst- und Juwelendiebstahl; Schmuggel; Devisen- und Goldschiebungen und ein Spionagedienst.»
    «Soweit ich informiert bin», sagte sie und blies ein Rauchwölkchen von sich, «hat ‹Das Netz› nie mit Geheimnissen gehandelt, die der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher