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Titel: Mobile
Autoren: Andreas Richter
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ist aus der Sache raus.«
    Eine lange Zeit schwiegen sie. Joachim starrte vor sich hin. Michael musterte Joachim mit nachdenklichem Blick, seine Wangenmuskulatur arbeitete.
    Schließlich sagte Michael: »Es tut mir leid für dich und Carola, für eure Jungs. Wir waren dicht dran, Jo, aber nicht dicht genug. Am Ende reichte die Zeit nicht. Das ist bitter.« Er sah auf die Uhr. »Es bleiben nur noch wenige Minuten.«
    »Falls es für mich bereits gleich vorbei sein sollte und du hier raus bist: Sag es Caro nicht am Telefon.«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Erzähle ihr eine Version, die ihren Schmerz ein wenig lindert.«
    »Ich mach' das schon.«
    Joachim vergrub das Gesicht in den Händen. Er atmete tief ein und aus. Vor seinem geistigen Auge liefen im rasend schnellen Tempo kurze Filme ab. Momente seines Lebens.
    Michael betrachtete Joachim einen Augenblick lang, dann setzte er die Flasche an und trank sie halb leer ohne abzusetzen. Er sah zur Bodenvase und fragte sich zum ersten Mal überhaupt, ob seine Mutter nicht doch geahnt hatte, dass Ulrichs plötzliches Verschwinden etwas mit den Murmeln zu tun gehabt hatte. Vielleicht hatte sie den Kreis aus Murmeln ja ebenfalls gesehen, vielleicht hatte sie auch bemerkt, dass es eine weitere, eine siebzehnte Murmel gab. Vielleicht hatte sie in den Tagen oder Wochen zuvor sogar bemerkt, dass mit Ulrich etwas nicht stimmte. Und vielleicht war sie daran zerbrochen, weil sie nicht wusste, wie sie das Fürchterliche hätte verhindern soll en. Vielleicht.
    Die Tür öffnete sich und George und Bess traten ein. Joachim hob den Kopf und Michael sah, dass er geweint hatte. Rasch nahm Michael noch einen tiefen Schluck, dann stellte er die Flasche ab und ging auf George zu. Bess musterte ihn misstrauisch.
    »Ich brauche Sie für eine Minute«, sagte Michael leise zu George. »Allein!«
    Georges Katzenaugen verengten sich. Michael sah ihn fest an, obgleich es ihm schwerfiel. Er konnte es kaum ertragen, in diese Augen zu sehen. »Bitte!«, sagte er so leise, dass George es gerade noch verstehen konnte.
    George sagte: »Bess, meine Liebe, leiste Jo kurz Gesellschaft. Wir sind gleich zurück.« Dann zu Michael: »Folgen Sie mir!«
    Joachim stand auf, in seinem Gesicht stand große Verwunderung. Michael sah zu ihm und hob kurz den Daumen, dann verließ er hinter George den Raum. Die Tür fiel zu.
    »Was läuft hier?«, fragte Joachim hektisch und ging Richtung Tür. Bess stellte sich ihm in den Weg. Ihr entschlossener Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie ihn daran hindern würde, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Obgleich er von großer Unruhe gepackt war, registrierte Joachim ihren Duft. Es war kein Parfüm, sondern es war ihr Körper, der dieses süßlich-frische Aroma verströmte. Es roch fantastisch. Bess sah fantastisch aus. Diese Frau war der schönste Mensch, den Joachim je gesehen hatte, und er fragte sich, welch düsteres Geheimnis sie umgab.
    »Was machen die Beiden«, fragte Joachim. »Wissen Sie es?«
    Keine Reaktion. Keine Antwort. Nur ein festes, wunderschönes Gesicht.
    »Haben Sie auch diese Augen oder sind Sie noch dabei, sie sich zu verdienen?«, fragte Joachim, ohne dass er die Frage bewusst stellte, sie war einfach aus seinem Mund gekrochen. »Was ist das Besondere an diesen Augen, wozu sind sie gut?«
    Bess zeigte nicht die geringste Regung. Einen Moment lang sahen sie und Joachim sich an, und es kam ihm vor, als sei er am ganzen Körper gefesselt. Er war bewegungsunfähig.
    Die Tür öffnete sich. Michael betrat den Raum. Bess löste den Blick von Joachim. Joachim erschrak: Michael war blass und wirkte konfus, seine Bewegungen waren behäbig. Nach ihm trat George durch die Tür.
    »Michi!«, stieß Joachim nervös und verunsichert zugleich aus. »Was ist los? Was ist da gelaufen?«
    Michael sah ihn aus müden Augen an. Er schien Joachim weder zu erkennen noch zu verstehen.
    Joachim ging auf ihn zu und packte ihn an den Schultern. Ängstlich fragte er: »Michi, Scheiße ... - was ist da draußen passiert, was habt ihr gemacht?«
    Es hätte nicht viel gefehlt, und Michael wäre in den Knien eingeknickt, wenn Joachim ihn nicht mit einer schnellen Bewegung untergehakt hätte.
    »Leck mich am Arsch, bin ich kaputt«, murmelte Michael kaum verständlich.
    »Was ist passiert?« Joachim schrie beinahe. Er sah George an. »Was haben Sie mit ihm gemacht?«
    »Wir sind uns einig geworden.«
    »Einig? «, fragte Joachim verdutzt. »Worüber
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