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NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit

NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit

Titel: NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
Autoren: Lisa J. Smith
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Kapitel Eins
    Es geschah bei Rashels Geburtstagsfeier, an dem Tag, an dem sie fünf Jahre alt wurde.
    »Dürfen wir in die Kletterröhren?« Sie feierte ihren Geburtstag auf einer Kirmes, und es gab dort das größte Klettergerüst aus Röhren und Rutschen, das sie je gesehen hatte.
    Ihre Mutter lächelte. »In Ordnung, Kätzchen, aber pass auf Timmy auf. Er ist nicht so schnell wie du.«
    Das waren die letzten Worte, die ihre Mutter je zu ihr gesagt hatte.
    Diese Ermahnung brauchte Rashel jedoch nicht. Sie passte immer auf Timmy auf: Er war ein ganzes Jahr jünger als sie, und er würde im nächsten Jahr noch nicht einmal in den Kindergarten gehen. Er hatte seidiges, schwarzes Haar, blaue Augen und ein sehr, sehr liebes Lächeln.
    Rashel hatte ebenfalls dunkles Haar, aber ihre Augen waren grün - grün wie Smaragde, sagte Mommy immer. Grün wie die Augen einer Katze.
    Während sie durch die Röhren kletterten, drehte sie sich immer wieder nach ihm um, und als sie zu einer langen Reihe von PVC-gepolsterten Stufen kamen - sie waren glatt, man konnte leicht auf ihnen abrutschen -, streckte sie eine Hand aus, um ihm hinaufzuhelfen.
    Timmy strahlte sie an, und seine schrägstehenden, blauen Augen leuchteten vor Bewunderung. Als sie beide oben an der Treppe hinausgekrochen waren, ließ Rashel seine Hand los.
    Sie wollte zum Spinnennetz, einem großen Raum, in dem kreuz und quer Seile und Netze aufgespannt waren. Immer wieder schaute sie durch die fischglasförmigen Fenster in den Röhren und sah ihre Mutter von unten winken. Aber dann kam eine andere Mutter, um mit ihr zu reden, und Rashel hörte auf hinauszuschauen. Eltern schienen nicht in der Lage zu sein, gleichzeitig zu reden und zu winken.
    Sie konzentrierte sich darauf, durch die Röhren zu kommen, die wie Plastik mit einem Anflug von alten Socken rochen.
    Sie tat so, als sei sie ein Kaninchen in einem Tunnel. Und sie behielt Timmy im Auge - bis sie den unteren Teil des Spinnennetzes erreichten.
    Es befand sich weit hinten im Klettergerüst. Von den anderen Kindern war hier nichts mehr zu sehen und zu hören, weder von den großen noch von den kleinen. Ein weißes Seil mit Knoten in regelmäßigen Abständen baumelte oben vom Netz bis vor Rashels Nase hinab.
    »Okay, du bleibst hier, und ich werde hinaufgehen und mir anschauen, wie du es machst«, sagte sie zu Timmy. Das war in gewisser Weise geflunkert. Die Wahrheit war, dass sie nicht glaubte, dass Timmy es schaffen konnte, und wenn sie auf ihn wartete, würde keiner von ihnen nach oben kommen.
    »Nein, ich will nicht, dass du ohne mich gehst«, protestierte Timmy. In seiner Stimme lag ein Anflug von Furcht.
    »Es wird nur eine Sekunde dauern«, erwiderte Rashel. Sie wusste, wovor er Angst hatte, und sie fügte hinzu: »Es werden keine großen Kinder kommen und dich herumschubsen.«
    Timmy blickte immer noch zweifelnd drein. Rashel sagte nachdenklich: »Du willst doch Eistorte, wenn wir wieder zu Hause sind?«
    Die Drohung war nicht einmal verschleiert. Timmy wirkte verwirrt, dann seufzte er schwer und nickte. »Okay, ich werde warten.«
    Das waren die letzten Worte, die Timmy je zu ihr gesagt hatte.
    Sie kletterte das Seil hinauf. Es war noch schwerer, als sie erwartet hatte, aber als sie oben ankam, war es wunderbar. Die ganze Welt war ein bewegliches Gewirr von Netzen. Sie musste sich mit beiden Händen einhalten, um das Gleichgewicht zu wahren, und versuchen, die rauen, zappeligen Seile mit den Füßen festzuhalten. Sie konnte die Luft und das Sonnenlicht spüren. Sie lachte voller Jubel und ließ sich auf und ab schwingen, während sie die bunten Plastikröhren um sich herum in Augenschein nahm.
    Als sie wieder zu Timmy hinunterschaute, war er fort.
    Rashels Magen krampfte sich zusammen. Er rnusste dort sein. Er hatte versprochen, zu warten.
    Aber er war nicht dort. Sie konnte von hier den ganzen gepolsterten Raum des Spinnennetzes überblicken, und er war leer.
    Okay, er musste durch die Röhren zurückgekrabbelt sein. Rashel bewegte sich stolpernd und schwankend von einem Handgriff zum nächsten, bis sie das Seil wieder erreichte. Dann kletterte sie schnell hinunter und steckte, ins fahle Licht blinzelnd, den Kopf in eine Röhre.
    »Timmy?« Ihre Stimme klang gedämpft. Sie bekam keine Antwort, und soweit sie in die Röhre sehen konnte, war sie leer. »Timmy!«
    Rashels Magen begann zu rebellieren. Immer wieder hörte sie ihre Mutter sagen: Pass auf Timmy auf Aber sie hatte nicht auf ihn aufgepasst. Und er
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